Lilong: Shanghais traditionelle Wohnviertel

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Abseits der überlaufenen Touristenhochburgen können Reisende in den sogenannten „Lilongs“ noch echte Shanghaier Lebensart erfahren. Immer mehr der traditionell von der Straße abgeschotteten Wohngebiete werden nun renoviert und in Maßen für Besucher zugänglich gemacht. Zwei sehenswerte authentische Wohnviertel sowie ihre stärker kommerzialisierten Pendants sollen hier vorgestellt werden.

Was ist ein Lilong?

„Lilong“ ist eigentlich ein umgangssprachlicher Begriff und bedeutet nichts anderes als „Gasse“; in Shanghai wird er aber als Bezeichnung der traditionellen Wohngebiete der Stadt verwendet, welche sich aus mehreren Gassen mit Reihenhäusern zusammensetzen, die von einer Hauptgasse abzweigen. Jene wird üblicherweise durch ein Steintor mit Holz- oder Metalltür von den öffentlichen Verkehrswegen abgetrennt. Lilongs haben insofern einen halbprivaten Charakter: Weitgehend ungestört von Fremden treffen sich in den Gässchen häufig Anwohner zum Plausch oder zum gemeinsamen Mahjong-Spiel; auch vieles andere spielt sich hier ab, so befinden sich Waschbecken oder Kochgelegenheiten nicht selten außerhalb der Häuser. Ein großer Teil der heute noch existierenden Lilongs besteht aus Shikumen-Häusern aus grauem oder rotem Backstein, welche speziell aus dem ersten Drittel des 20. Jahrhunderts stammen.

Bekanntere Beispiele: Xintiandi und Tianzifang

Wenngleich viele alte Wohngebiete bereits zum Wohle von Neubauten abgerissen wurden, hat die Stadt in den letzten Jahren ihren Wert erkannt und wertet einige durch Renovierungen oder die Ansiedlung von Cafés, Restaurants oder Läden auf. Bekannteste Folge dieses Trends ist das Viertel Xintiandi; hier mussten jedoch alle ehemaligen Einwohner den hochklassigen gewerblichen Mietern weichen und es ging einiges vom alten Charme verloren. Wer sich aber für die damalige Lebensart im Viertel interessiert, kann in Xintiandi das Shikumen Open House Museum besuchen, ein im Stil der 20er und 30er Jahre eingerichtetes Wohnhaus.

Vom Geheimtipp zum Touristenmagnet entwickelte sich zudem das Wohngebiet Tianzifang, welches sich mehr als alternative Kommune und Künstlerviertel denn als Luxusdestination präsentiert. Kommen auch die dortigen Läden und gastronomischen Einrichtungen nicht unbedingt preiswert daher, wurde hier jedoch ein Stück des alten Flairs der Lilongs bewahrt: So sind im Gegensatz zu Xintiandi die Gebäude nicht „überrenoviert“ und zumeist nur im Hinblick auf den Innenraum verändert worden. Wichtig ist zudem die Tatsache, dass im Tianzifang nach wie vor Einwohner ihren täglichen Geschäften nachgehen. Nichtsdestotrotz hat sich aber auch hier die gewerbliche Nutzung klar in den Vordergrund gedrängt.

Ganz anders die folgenden Wohnviertel, welche zwar Modernisierungen durchlaufen haben, teilweise mit Cafés o.ä. aufwarten und bereits in einigen Touristen-Broschüren der Stadt zu finden sind, aber in erster Linie noch das Wohnen zum Schwerpunkt haben. Deshalb der Hinweis: Verhalten Sie sich respektvoll, wenn Sie die unten aufgeführten Lilongs betreten und behalten Sie im Hinterkopf, dass Sie ein Stück in die Privatsphäre der Bewohner eindringen. Dies gilt in erhöhtem Maße für die übrigen Lilongs der Stadt, welche nur selten von Touristen frequentiert werden.

Wohn-Oase direkt an der Nanjing Road: Das Viertel „Jing’an Villa“

Befindet man sich auf der geschäftigen Nanjing Road mit ihren zahlreichen internationalen und hochpreisigen Geschäften, ist ein Viertel wie Jing’an Villa wohl das Letzte, was man erwartet. Doch tatsächlich ist es nur einen kurzen Schritt entfernt: Durch ein Tor treten Sie ein in eine zentrale Gasse mit gemächlichem Flair, von der links und rechts kleinere Gassen mit roten Backsteingebäuden abzweigen. Im Vergleich mit anderen Lilongs recht breit, bieten die Straßen der Jing’an Villa genug Platz für Autos und sonstige Fahrgeräte, welche sich insbesondere in der Mittelgasse aufreihen.

In den kleineren Seitengässchen befindet sich zunächst immer die Vorderseite eines Wohnblocks, welche durch eine Mauer von der Straße abgegrenzt wird. Über Durchgänge in der Mauer gelangen die Anwohner in die Höfe bzw. Gärten vor den Wohngebäuden, in denen sich mittlerweile auch schicke Restaurants, Cafés und Läden angesiedelt haben. Wie in vielen anderen Lilongs haben die Bewohner auch vor den Mauern Blumenkübel aufgestellt und Vorgärten angelegt, viele Balkone sind zudem mit Pflanzen bestückt.

Auf der anderen Seite des Gässchens befindet sich dann die Rückseite des nächsten Wohnblocks. Diese liegt nun direkt an der Straße, sodass man einen Blick in die Hintereingänge der Gebäude erhaschen kann und theoretisch direkt in die rückwärtigen Fenster hineinblicken könnte. Ist von Letzterem eher abzuraten, sollte man jedoch die kleinen Garküchen näher unter die Lupe nehmen, welche einige Anwohner im Erdgeschoss führen. Hier finden sich chinesische Hausmannskost, Nudelgerichte, Teigtaschen und Ähnliches zu sehr moderaten Preisen. Auch Obst- und Gemüsehändler, Friseure oder Reparaturdienste für die zahlreichen Fahrräder und Elektroroller im Lilong sind in den einfacheren Ladenlokalen vertreten. Die Anwesenheit kleiner Einzelhändler und Dienstleister ist ebenfalls ein Merkmal der Lilongs, in denen die Anwohner sich gegenseitig mit dem Wichtigsten versorgen. Die recht hohe Anzahl in der Jing’an Villa ist aber auch der vergleichsweise großen Fläche des Wohngebiets geschuldet.

Die „Cité Bourgogne“ in der Französischen Konzession

Schon das Haupteingangstor verkündet es: Hier befindet sich die Cité Bourgogne, chinesisch „Bugaoli“, erbaut im Jahre 1930. Diese Art der Beschriftung – nicht jedoch die zusätzliche französische Bezeichnung – ist typisch für Lilongs, welche zumeist über einen eigenen Namen verfügen. Nach Betreten des Wohngebiets geht es erneut vorbei an roten Backsteinhäusern, an denen wie in der Jing’an Villa rote Markisen vor der Sonne schützen. Auch hier haben einige Einwohner vor ihrem Haus kleine Vorgärten angelegt oder Blumen in ihre Fenster und Häusereingänge gehängt. Schon bald darauf erreicht man einen Innenhof, der gemeinschaftlich als Parkplatz sowie zum Wäschetrocknen genutzt wird.

Die Hauptgasse zweigt nun nach rechts ab und führt jeweils über Torbögen zu einer Reihe kleinerer Gässchen, bis sie im Seiteneingang der Cité Bourgogne endet. Anders als im Lilong Jing’an Villa sind die Wege hier so eng bemessen, dass die Bambusstangen für die Wäsche einfach von Gebäude zu Gebäude aufgehängt wurden und Sie als Besucher unter der Wäsche der Anwohner hindurchgehen. Dabei lohnt sich innerhalb einiger Gässchen ein extra Blick auf die verzierten steinernen Häusereingänge. Schließlich treffen Sie hier wahrscheinlich auf ein weiteres Charakteristikum der Lilongs: Tafeln an den Häuserwänden, auf denen mit bunter Kreide auf nationale oder lokale Feste sowie auf Sicherheitsbestimmungen und Dienstleistungen innerhalb des Wohngebietes hingewiesen wird; auch der aktuelle Wetterbericht ist hier zu finden.

Jing’an Villa : Wegbeschreibung ab Haltestelle „West Nanjing Road“ (Metrolinie 2)

Verlassen Sie die Station über Ausgang 1; Sie befinden sich nun auf der West Nanjing Road. Gehen Sie nach links und folgen Sie dieser für einige Minuten. Auf halbem Weg kommen Sie auf der linken Seite an der North Maoming Road vorbei. Gehen Sie weiter geradeaus, bis Sie auf der rechten Straßenseite die Abzweigung Nanhui Road erblicken. Der nördliche Eingang zum Wohngebiet Jing’an Villa befindet sich direkt gegenüber auf der linken Straßenseite.

Cité Bourgogne: Wegbeschreibung ab Haltestelle „Dapuqiao“ (Metrolinie 9)

Verlassen Sie die Station über Ausgang 1; sie befinden sich nun auf der Taikang Road (das Viertel Tianzifang liegt direkt gegenüber). Gehen Sie nach links bis zur Kreuzung und biegen Sie rechts auf die Ruijin 2nd Road ab. Dieser folgen Sie erneut bis zur ersten Kreuzung, an der Sie nach links auf die West Jianguo Road abbiegen. Gehen Sie diese bis zur Kreuzung West Jianguo Road/South Shaanxi Road (kurz vor der Kreuzung passieren Sie bereits den Seiteneingang der Cité Bourgogne). Wenn Sie durch den Haupteingang gehen möchten, biegen Sie rechts ab; sie stehen nach ein paar Metern vor dem Tor.

Adressen

Jing’an Villa (North Gate) 静安别墅 (北门)
1025 West Nanjing Road, Jing’an, Shanghai
南京西路1025弄,静安区,上海
Cité Bourgogne 步高里
287 South Shaanxi Road, Huangpu, Shanghai
陕西南路287弄,黄浦区,上海

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