Schon seit Jahrtausenden bilden Mensch und Huftier in der Region eine unzertrennliche und, je nach Betrachtungsweise, eine (un-)heilvolle Gemeinschaft.
Pferde erlaubten den kriegerischen Großkhanen der Vergangenheit, mit ihren Armeen große Distanzen zu überwinden. Bis vor die Tore Europas schafften sie es und immer wieder hinein ins chinesische Herz. Selbst so mächtige Bollwerke wie die Große Mauer vermochten die Reiterhorden nicht aufzuhalten. Bis heute sind Pferde nicht aus dem Alltag der Mongolen wegzudenken, ein Pferd bildet das Wappentier des Landes und in spektakulären Reiterspielen wie dem berühmten Naadam-Festival profilieren sich nach wie vor nur die fähigsten Kämpfer. Ein Sprichwort der Steppe besagt: „Ein Mongole ohne Pferd ist wie ein Vogel ohne Flügel.“
Das trifft auch heute noch zu: Die Mongolen sind eine der letzten Kulturen der Welt, deren Leben außerhalb der wenigen Städte unmittelbar von Pferden abhängt. In den Weiten der Steppe ist das Pferd oft das einzige Transportmittel, Kinder beginnen mit dem Reiten sobald sie laufen können. Die Mongolen begannen schon im 2. Jh. v. Chr. mit der Domestizierung und der Züchtung von Pferden: Die heute vorherrschende Rasse, das mongolische Pferd, ist nahezu identisch mit den kraftstrotzenden Reittieren zu Zeiten Dschingis Khans. In der heutigen Mongolei leben mehr als 3 Mio. Pferde – also einige Hunderttausend mehr als Menschen – ohne Übertreibung lässt sich damit sagen, dass Pferde einen besonders hohen Stellenwert in der mongolischen Kultur einnehmen. Seit einigen Jahrzehnten kehrt auch eine andere, sehr besondere Pferdeart zurück in die Graslandschaften des riesigen Landes und erkämpft sich nach und nach seinen natürlichen Lebensraum zurück: das Przewalski-Pferd, ein direkter Nachkomme des Urpferdes. Lange Zeit galt es als ausgestorben - es stand in direkter Nahrungskonkurrenz zum Menschen und verlor den erbarmungslosen Verdrängungswettkampf. Nur ein paar Exemplare überlebten in europäischen Zoos, viele von ihren Nachfahren von um 1900 vom deutschen Zoologen Carl Hagenbeck gefangenen Exemplaren. Für die Erhaltung der Art erwies sich das als Glücksfall. 1977 gründete sich in Rotterdam eine Stiftung für den Erhalt der bemerkenswerten Wildpferde. Die engagierten Mitarbeiter spürten verbleibende Exemplare in europäischen Zoos auf und brachten sie zusammen mit der Idee, neue Generationen der Tiere wieder in freier Wildbahn anzusiedeln. Und siehe da: Das Vorhaben gelang. Im Jahre 1992 wurden die ersten Przewalski-Pferde, benannt übrigens nach ihrem russischen Entdecker, in der Zentralmongolei in ihren natürlichen Lebensraum überführt. Mit etwas Glück können Besucher die Pferde im Hustai-Nationalpark heute in ihrem natürlichen Lebensraum beobachten – auf der internationalen Roten Liste der bedrohten Arten wurden die Wildpferde 2008 von „ausgestorben“ auf „vom Aussterben bedroht“ heraufgestuft. Man könnte sagen, sie sind von den Toten auferstanden. Bleibt zu hoffen, dass die Spezies bald die nächsten Schritte schafft, damit sie auf der Liste als „nicht gefährdet“ geführt werden kann und als nächstes Pferdewunder in die Geschichte des ruhmreichen Reiterlandes eingeht.