Barock im Reisfeld

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Rund um Kaiping zeigt sich China von der schrägen Seite

Wenn Herr Min bis in den fünften Stock auf die Dachterrasse klettert, fällt sein Blick auf ein Meer einsamer Türme, die wie arrangiert aus den grünen Reisfeldern ragen. Bis zum Horizont ziehen sich die „Diaolous“, bis zu acht Stockwerke hoch, jedes einzelne individuell verziert. Dennoch haftet den Türmen etwas Düsteres an. Sind es die Faust-dicken Fensterladen aus Metall, die Schießscharte? Die gewaltigen Mauern, die zahlreichen Einschusslöcher an den Monsun-zerfressenen Fundamenten?

Für Min ist dies keine Überlegung wert, meist fällt sein Blick sowieso nicht auf die Landschaft, sondern den kleinen Farbfernseher im Erdgeschoss. Als staatlich angestellter Wächter achtet er acht Stunden am Tag darauf, dass die Besucher keine persönlichen Fotos von den Wänden stehlen - überall blicken die früheren Besitzer ernst von der Wand, viele von ihnen im westlichen Anzug. Wer waren die Bewohner dieser seltsamen Anlagen?

Einmal Ausland und zurück

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurden in den südchinesischen Küstenstädten abertausende „Kulis“ angeworben, denn mit der Abschaffung der Sklaverei fehlten es in den Vereinigten Staaten und den britischen Überseegebieten an Arbeitern. Willkommen waren sie oft dennoch nicht. Viele von ihnen kehrten Ende des 19. Jahrhunderts daher wieder nach China zurück. Dort herrschte freilich das politische Chaos: Räuber, Banden, marodierende Soldaten, die Bedrohungen waren vielfältig, die Landbewohner schutzlos ausgeliefert. In Kaiping jedoch fanden die dynamischen Heimkehrer eine Lösung: Schon seit Jahrhunderten gab es in der Region Diaolou-Türme (wörtlich: Wach-Gebäude), in denen ganze Dörfer vor den Überschwemmungen des Monsuns Zuflucht fanden. Warum also nicht gleich Wohnhäuser im Stil der Schutztürme bauen? Natürlich mit Verzierungen, die schon auf den ersten Blick verrieten, aus welch weit entferntem Exil der Erbauer zurückgekehrt war. So erinnern die meisten Diaolou-Türme an westliche Barock-Elemente, die den chinesischen Erbauern im Westen besonders gut gefallen hatten. Andere wiederum ähnelten einer Moschee oder südostasiatischen Tempeln.

Unbekanntes Welterbe

Weitaus pragmatischer war die technische Ausstattung: Viele Inhaber ließen in den 1920ern starke Such-Scheinwerfer installieren, so dass sie eventuelle Angreifer auch im Dunkeln gut erkennen konnten.

Um die dreitausend solcher Türme soll es allein in der Umgebung der Stadt Kaiping gegeben haben, rund 1800 haben die politischen Wirren der Moderne überstanden.

Seit gut zehn Jahren werden viele der Türme auf staatliches Geheiß restauriert, 2007 schließlich wurden zahlreiche der Diaolous sogar zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt. Touren nach Kaiping gibt es natürlich auch bei China Tours.

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