Einer Zeitreise gleich finden wir uns plötzlich in einer alten chinesischen Siedlung wieder. Enge Gassen werden von hohen, gebogenen Dächern überspannt, das bunte Treiben auf engem Raum von kleinen Läden gesäumt – einem Markt gleich bieten Händler hier ihre Waren an, die meist ein antikes Flair verbreiten. Gravierte Namensstempel und antik aussehende Bücher, deren Papier so fragil wie von den Jahren vergilbt zu sein scheint, wechseln sich ab mit kleinen Leckereien in der Auslage winziger Büdchen, welche die alte chinesische Version einer Imbissbude sein könnten.
In süß-saurer Sauce gegrillte Schweinekeulen scheinen hier der Verkaufshit zu sein: zart, schmackhaft und feuerrot. Zwischen den Ständen alter chinesischer Damen, die lauthals ihren selbst hergestellten Schmuck zum Verkauf anpreisen, glitzert verheißungsvoll einer der Kanäle, welche die Stadt ebenso charakterisieren wie sie das Leben in ihr prägen.
Zhouzhuang ist eine der sechs berühmten Kanalstädte Chinas, die alle im Umfeld Shanghais liegen. Doch ganz im Gegensatz zum großen Bruder scheinen diese Dörfchen Einblicke in ein Leben zu schenken, das ganz fern von den bunten Hochhausträumen der chinesischen Städtebauer zu sein scheint.
Durchzogen von einem ausgeklügelten System kleiner Wasserwege, welche bis heute die Hauptverkehrsstraßen der Siedlungen ersetzen, scheint ein Hauch vergangener Zeiten noch immer durch die engen Gassen dieser sechs Städte zu wehen. Selbst wenn an Wochenenden Städter zu hunderten in die kleinen Dörfer strömen, haben diese auch inmitten des buntesten Treibens eine sehr beruhigende Wirkung auf ihre Besucher.
Einmal zwischen den antik aussehenden Holzfassaden und Verkaufsständen hervorgetreten, entfaltet sich vor uns die wahre Schönheit der Szenerie: Bunt gekleidete Frauen rudern langsam ihre Bambusflöße unter hoch geschwungenen Brücken hindurch, die teilweise schon seit über hundert Jahren berühmte Landschaftsmalereien zieren. Einige der Bootsführerinnen bringen den Touristen auf ihren Flößen ein Ständchen und singen in einer fremdartigen Melodie Lieder von Liebe, Sehnsucht und harter Arbeit. Dabei stets ein Lächeln in den wettergedarbten Gesichtern.
In einem der angrenzenden Läden sitzt ein Kalligrafiemeister über seinem nächsten Werk. Fast schon mit stoischer Ruhe vollendet er seine Zeichen als würde seine Uhr beginnen, langsamer zu laufen, sobald er den Pinsel aufnimmt – völlig ungestört von dem Treiben um ihn herum.
Und auch für uns lohnt es sich, der Hektik der vorbeieilenden chinesischen Touristengruppen wenig Aufmerksamkeit zu schenken. Zwischen kleinen Tempeln und den antiken Residenzen längst vergangener Künstler und Autoren lassen sich Teehäuser finden, die genau die Ruhe bieten, die wir benötigen, um die Stimmung des Dorfes in uns aufzunehmen. Bei einer Tasse Wulong Tee lauschen wir dabei den Stimmen der Bootsfrauen und mit ein wenig Mühe können wir auch das Surren der Megaphone chinesischer Reiseleiter ausblenden, welche die Geschichte der nahe gelegenen Brücke erläutern.
So wird unsere Zeitreise perfekt: Gestärkt durch die Ruhe tauchen wir nach einem Tag lebendiger Geschichte wieder in das bunte Leben in der Metropole Shanghai ein.
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