Shanghai Inside: Hausarbeit für Expats

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Die Augen meines Gegenübers weiten sich, die Stirn ist in tiefe Falten gelegt. „In China leben?“. Eine Mischung aus Mitleid und absolutem Unverständnis schwingt in der Frage mit. Das ist die übliche Reaktion auf meine Auswanderung. Natürlich von Leuten, die selbst noch nicht in China waren und das Land nur aus den Nachrichten kennen. Das Leben in China bringt viele Vorteile mit sich. Ich gebe es zwar ungern zu, doch ein nicht zu verachtender Faktor ist der feudale Lebensstandard, den man hier ohne weiteres führen kann.

Mit einem Einkommen, das für deutsche Verhältnisse als klein zu bezeichnen ist, kann man in China täglich außer Haus essen. Nach einem opulenten Abendessen mit Freunden muss man sich lediglich zum nächsten Taxi schleppen. Ganzkörpermassagen gleichen den Stress der Großstadt aus. Und da bei dem ganzen kulturellen Angebot in Shanghai kaum Zeit für unangenehme Aufgaben bleibt, besorgt man sich einfach eine Ayi, eine Putzfrau.

Meine Ayi fragte mich als erstes, ob ich meine Wohnung „chinesisch sauber so lala“ wollte oder lieber „hygienisch-klinisch rein à la Ausländer“. Die Ausländer Variante wäre einen Euro teurer. Doch ich möchte mich so weit wie möglich an mein Gastland anpassen und wählte die chinesische „so lala“ Variante. Ich drückte meiner Ayi einen Allzweckreiniger und ein paar Lappen in die Hand und verzog mich auf mein Bett. Hier stellte ich ziemlich schnell fest, dass die Rolle der Hausherrin auch erst gelernt sein will. Während ich versuchte mich auf mein Buch zu konzentrieren, schweiften meine Gedanken immer wieder ab: Sie putzt deinen Dreck weg. Du liegst faul auf dem Bett, während sie hart arbeitet. Du beutest die Arbeiterklasse aus. Im nächsten Leben wirst du als Kanalratte wiedergeboren…. Auch der Fernseher konnte mich nicht ablenken und erst das Schreiben dieses Artikels gab mir das Gefühl, so beschäftigt zu sein, dass keine Zeit mehr bleibt meinen Haushalt selbst zu erledigen.

Meine Bekannten, die schon sieben Jahre in Shanghai leben, haben einen noch feudaleren Lebenswandel und damit ganz neue Probleme. Jeden Morgen um Punkt 7 Uhr kommen die Ayi und die Nanny und dann gibt es in der ganzen Wohnung keine ruhige Ecke mehr. Stehen Schuhe im Weg verschwinden diese spurlos und tauchen Wochen später im hintersten Regal wieder auf. Halbleere Kaffeetassen wandern automatisch in die Küche und wehe meine Bekannten haben das falsche Putzmittel für ihre Ayi gekauft. Da die Ayi gemeinsam mit der Nanny auch kocht, wird die ganze Familie streng nach neusten Feng Shui Gesundheitsregeln ernährt.

Statt zu sagen, meine Bekannten beschäftigen eine Ayi und eine Nanny, wäre es korrekter zu sagen, die Ayi und die Nanny halten sich eine kleine Ausländerfamilie in einem Appartement. Sie werden gefüttert, sauber gemacht und ab und zu sollte man auch mit ihnen spielen.

Meine Ayi brauchte übrigens drei Stunden um mein kleines Appartement zu polieren. Sie kroch in alle Ecken, wischte so lange den Fernseher, dass ich schon Angst bekam er würde völlig verschwinden und trug abschließend eine dicke Schicht Allzweckreiniger auf alle meine Möbel auf. Ich glaube ich werde auch in Zukunft die „chinesisch sauber so lala“ Putzvariante wählen. Mit der „Ausländer-klinisch rein“ Variante würde meine Wohnung vermutlich die Hygienestandards für chirurgische Operationen erfüllen und man kann ja bekanntlich alles übertreiben.

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