Im Rahmen unserer Buchvorstellung "Alles Mythos! 20 populäre Irrtümer über China" stellen wir eines der bekanntesten Mythen vor. Wer in China Fleisch ist, sollte wachsam sein, könnte es sich doch um Hund oder Katze auf dem Teller handeln. Die Autorin Françoise Hauser klärt diesen klassischen Mythos auf.
Wo ist der Hund versteckt? Sind es die kleinen Spießchen in der Vorspeisenrunde oder das dunkle Fleisch beim zweiten Gang? Ist die Textur nicht ein ganz klein bisschen anders, als man es vom Rind erwarten würde?
Keine noch so leckere Küchen-Kreation fasziniert den westlichen Besucher so sehr wie das berühmt-berüchtigte Hundefleisch. Verwerflich ist es, den besten Freund des Menschen auf dem Teller zu servieren, ja fast schon verschlagen! Und so kursieren Geschichten von Reisenden – meist die Kusine des Freundes eines Freundes oder Ähnliches – die den mitgebrachten Schoßhund ahnungslos (und lebendig) mit ins Restaurant nahm, nur um ihm als Nächstes in süß-saurer Soße wieder zu begegnen. Auch wenn diese Geschichten eindeutig ins Reich der modernen Fabeln gehören – wer nimmt schon seinen Hund mit auf eine China-Reise? – ein wenig furchterregend sind sie schon. Denn es bleibt der nagende Gedanke: Was, wenn es stimmt?
Sicher ist: Der Tourist freut sich, wenn ihm der Schnappschuss eines schlachtreifen Hundes am Markt gelingt. Zum Schaudern, zu Hause. Das ist der Beweis, sie tun es wirklich! Auch Katzen , Gürteltiere , Ratten und zahllose andere Braten in spe sind beliebte Fotomotive. Wer sie sucht, muss allerdings nach Südchina fahren, oder genauer gesagt, in die Provinz Kanton (Guangdong ). Denn vor allem dort greifen die Köche zu all den spektakulären Zutaten. Der Rest des Landes schüttelt derweil den Kopf. So wie sich die Deutschen Nase rümpfend abwenden, wenn der Franzose sich einen leckeren Kuheuter brät oder Froschschenkel goutiert, so finden es auch viele Nordchinesen, gelinde gesagt, zweifelhaft, was in Kanton alles auf den Teller wandert.
Doch warum tun die Kantonesen das? Die Antwort ist simpel: Weil sie können! Der chinesische Religionenmix aus Buddhismus, Daoismus und Ahnenverehrung kennt keine unüberwindbaren Nahrungsmitteltabus. Auch der Einwand, Buddhisten seien doch naturgemäß eher der vegetarischen Nahrung zugetan, ist in China dank einer buchstabengetreuen Auslegung schnell abgewiesen:
Buddhisten dürfen keine Tiere töten – das lässt man andere erledigen – essen darf man sie wohl. Über den religiösen Wahrheitsgehalt
ließe sich vielleicht streiten, praktisch ist diese Auslegung, wie man sie auch in der Mongolei und anderen buddhistischen Ländern mit fleischlastigem Speisezettel findet, aber allemal.
Eine große Auswahl an geeigneter Fauna hat der subtropische und tropische Süden ohnehin, denn er ist mit vielen Gebirgsflächen und anderen, landwirtschaftlich schwer bebaubaren Gebieten mit großer Artenvielfalt gesegnet. Die Versuchung auf Wildtiere zurückzugreifen, war für Nordchinesen wahrscheinlich nie so groß wie für ihre südlichen Landsleute, zumal der Norden schon zu Beginn unserer Zeitrechnung unter der Abholzung zu leiden hatte und der Wildtierbestand daher schon früh zurückging.
Gründe, auch unkonventionelle Zutaten zu testen, gab es im ganzen Land genug: Seit jeher wurde das chinesische Kaiserreich immer wieder von Katastrophen heimgesucht...
Mehr zu diesem Mythos und weiteren wie "Chinesen sehen alle gleich aus." oder "Chinesen dürfen nur ein Kind haben." können Sie im Buch von Françoise Hauser nachlesen.
Titel: Alles Mythos! 20 populäre Irrtümer über China
256 Seiten. Kartoniert.
Preis: € 16,95 [D] / € 17,50 [A] / SFR 24,50*
ISBN 978 3 8062 2390 3
Erscheint am 27. September 2011 im Konrad Theiss Verlag, Stuttgart.
* = UVP in der Schweiz