Im ersten Teil ihres Reiseberichtes schilderte China Tours-Praktikantin Laura Dostal ihren Weg von Kunming, Hauptstadt der südwestlichen Provinz Yunnan, bis zum Lugu-See, der Heimat der Mosuo-Minderheit. Im zweiten Teil ihres Berichtes erfahren wir nun, was sie dort in den ersten Tagen erlebt hat:
Das erste, was einem auffällt, wenn man nach sechsstündiger Bussfahrt endlich in dem Ort Luoshui am Lugu-See ankommt, ist die wunderschöne Berglandschaft, inmitten derer sich der knapp fünfzig Quadratmeter große, rund 40m tiefe See erstreckt. Der Ort Luoshui ist inzwischen die „Touristenhochburg“ der Mosuo. Über eine Strasse, die nahe des Ufers entlang führt, reihen sich kleine Lebensmitteläden, Restaurants, und Gasthäuser.
In Luoshui angekommen, folgen wir sofort der Empfehlung, auf die andere Seite des Lugu-Sees zu ziehen, die noch kaum bebaut ist. An einer Stelle des Ufers befindet sich allerdings schon eine große Baustelle mit viel Holz, aus dem wohl weitere Gasthäuser gebaut werden sollen. Das Reich der Mosuo als Touristenziel wird vielleicht nicht mehr lange so idyllsich verlassen bleiben, wie es zur Zeit in diesem Dorf noch ist. Im Moment gibt es ein paar Holzhütten, drei davon sind Gasthäuser, von denen wir uns das hübscheste auswählen. Der Hof liegt direkt am Wasser. Ein Innenhof, der von ein paar einzelnen aus Holz gebauten Gasträumen umgeben ist, eines davon ist das Restaurant, aus dem man einen tollen Ausblick auf den See hat. Der Besitzer des Hofes ist ein junger Mann mit langem Haar, was bei den Mosuo-Männern Mode zu sein scheint. Ansonsten kriege ich hauptsächlich ein Mädchen im jungen Teenageralter zu Gesicht, die schon tüchtig mitarbeitet.
Die Zimmer sind einfach, Toiletten und Dusche in einem separaten Raum draußen im Hof. Daran muss man sich den ersten Tag gewöhnen, doch dann macht es einem nichts mehr aus. Denn diesen Luxusentzug bekommt man großzügig bezahlt: Mit der Ruhe des Ortes, die nach dem Leben in der chinesischen Großstadt Balsam fürs Nervensystem ist; dem tollen Ausblick auf den Lugu- See und die Berge ringsherum. Ansonsten passiert hier nicht viel. An dieser Seite des Lugu-Sees wird man mal wieder gezwungen, dass Nichtstun zu lernen, bzw. mit dem Einfachen, Nötigsten zufrieden zu sein. Trotzdem merken wir auch hier, dass die Mosuo ihre Rolle im Geschäft mit Touristen immer ernster nehmen. Abends beginnt das Programm: Wir werden mit Hilfe einer Taschenlampe auf einem Weg ins Dorf zur Bonfire-Tanznacht geführt. Es ist eine Tradition der Mosuo, dass Männer um Frauen werben, indem sie sie auf den abendlichen Feiern besingen. Wenn sie Glück haben, antwortet die Frau ebenfalls mit einem Lied und lädt den Mann vielleicht irgendwann in ihr „Blumenzimmer“ ein. Für die Touristen werden die Tanzabende nun fast täglich veranstaltet, doch habe ich durchaus das Gefühl, dass auch die Mädchen und Jungen, die an diesem Abend mit uns ums Feuer stehen und singen, immer noch Spaß haben an der kleinen Feier, denn sonst ist in dem stockfinsteren Dorf wirklich nicht viel los.
Wir sind eine kleine Touristengruppe auf dieser Seite des Sees, Frank und ich sind in unserem Gasthaus heute scheinbar die einzigen Gäste, im Dorf sind wir im Übrigen die einzigen Ausländer. Am Feuer steht noch eine Gruppe Chinesen; einer von ihnen, ein schon etwas angetrunkener rundlicher Han-Chinese, der besonders gut aufgelegt ist, stellt sich irgendwann in die Mitte des Kreises und verkündet, wie es ihn freut, dass alle heute abend zusammen feiern. Bald sollen wir alle mitmachen beim Kreistanz um das Feuer. Ein junger Mosuo in etwa meinem Alter tanzt neben mir und zeigt mir die Schrittfolge. Es macht Spaß, ich habe noch nie irgendwo ums Feuer getanzt. Eine Party an einem Ort so fern ab von allem, was ich sonst meine Welt nenne.
Die kommenden zwei Tage erkunde ich mit meinem Freund Frank noch gemeinsam die Umgebung, wir werden von zwei Mosuo-Jungen, über den See zu den drei kleinen Inseln gepaddelt, die man in rund einer Stunde erkunden kann. Auf einer der Inseln befindet sich zum Beispiel ein abgelegener kleiner Tempel, der Tag und Nacht von einem älteren Mann bewacht wird. Die beiden Jungen haben nach einer Insel keine Lust mehr, und sagen uns, sie hätten Hunger, und dass die beiden anderen Inseln „doof“ wären, wir also am besten schon zurückfahren sollten. Wir haben kein Verständnis für ihren plötzlichen Hungeranfall und bestehen auf unsere geplante Tour. Nach kurzer Diskussion, die mit unserem Angebot endete, unsere vom Frühstück eingepackten Buchweizenpfannkuchen mit ihnen zu teilen, fahren wir mit den zwei nicht mehr ganz gut gelaunten Teenagern doch noch auf die beiden Inseln und amüsieren uns still ein wenig über die Muße, die hier noch in der „Tourismusbranche“ herrscht. Oder ist es tatsächlich so, wie wir gehört haben, dass bei den Mosuo nur die Frauen wirklich harte Arbeit gewohnt sind?
In der nächsten Woche wird Laura Dostal im letzten Teil ihres Reiseberichtes berichten, wie Sie auf eine der ältesten Mosuo-Frauen vom Lugu-See trifft.
Möchten Sie auch die traumhaften Landschaften und die faszinierende kulturelle Vielfalt der Einwohner Yunnans erleben? Dann werfen Sie doch mal einen Blick in die China Tours- Reisen Traumhafter Südwesten, die Sie auch an den Lugu-See führt, oder die Reise Mythos Shangri-La durch Sichuan und Yunnan.
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