Was macht ein Mädchen aus der sächsischen Kleinstadt Hoyerswerda eigentlich auf einmal in Peking? Ohne jegliche Chinesisch Kenntnisse kam ich vor sechs Monaten im Reich der Mitte an; mit noch immer ziemlich kläglichen Sprachfähigkeiten schlage ich mich nun durch den Pekinger Alltag. In der Zwischenzeit habe ich Sie in Wort, Bild und Video an meinen Erfahrungen Teil haben lassen. Aber was mache ich hier eigentlich wirklich? - Es ist an der Zeit, mich noch einmal richtig vorzustellen.
Kurz gefasst: Ich bin hier in Peking gelandet, weil das beste Jobangebot nach der Uni aus China kam. Und mit 22 Jahren, dachte ich, kann man sich schon mal auf ein Abenteuer einlassen – oder?
Ich hatte im schönen Rosamunde-Pilcher-Land Cornwall einen Master in Internationalem Journalismus gemacht und dann weltweit nach Jobangeboten gesucht. Vor dem Master fühlte ich mich vor allem in den Printmedien heimisch, sah mich insgeheim eines Tages bei einer der großen deutschen Tageszeitungen arbeitend.
Dann aber sollte ich für meine Masterarbeit eine Filmdokumentation über simbabwische Kinder in Johannesburg drehen. Das änderte alles.
Viele meiner Bekannten und Freunde rieten mir ab, nach Peking zu ziehen, wegen der Luftqualität und überhaupt, man wisse ja nie mit China. Viele hatten mir aber auch dringendst von Johannesburg abgeraten und meine Erfahrung in Südafrika zähle ich zu den besten meines Lebens. Sie änderte meine Perspektive bezüglich meiner Karriereziele und auf das Leben im Allgemeinen gewaltig.
Schreiben allein ging nun nicht mehr und zurück nach Deutschland eigentlich auch nicht. Ich wollte mehr Geschichten am Rande der Nachrichtenlandschaft aufdecken, Dokumentationen filmen und mehr von der Welt sehen.
Vielleicht war es das, was mich so nach Peking zog; das Versprechen, neue Perspektiven zu erleben.
Außerdem war das Angebot wirklich gut: ich würde als Videojournalist in der englischen Abteilung für China Radio International arbeiten, einer staatlich finanzierten und international ausgerichteten chinesischen Medienorganisation. Natürlich würde meine Arbeit mit gewissen thematischen Einschränkungen verbunden sein, aber eben auch mit einer Selbstverantwortung, für die ich in Deutschland noch ein paar Jahre hätte assistieren müssen. Deshalb war der Job als Einstieg eine großartige Chance für mich.
Und so ging es los. Seit Februar produziere ich wöchentliche Webvideos über chinesische Kultur, inspirierende Menschen, Veranstaltungen und aktuelles Geschehen. Ich lerne unheimlich interessante Menschen aus allen Lebenswegen kennen, die Sie sich vorstellen können:
Von einer Biobäuerin, die ihr Diplomatenleben aufgegeben hat, um für Nachhaltigkeit in Chinas Agrarwirtschaft zu kämpfen über engagierte Straßentänzer und Hexendoktoren bis hin zu verrückten Marktverkäufern, die Kriegsutensilien sammeln und ganz normalen Menschen auf der Straße.
Wie ich das so ganz ohne Chinesisch mache? Magie, könnte man jetzt denken. Aber ganz so mystisch ist es dann doch nicht. Ich finde meine Themen auf Blogs, in den verschiedenen englischsprachigen Medien, von denen es in Peking eine ganze Menge gibt, durch Freunde oder einfach auf der Straße. Sie glauben gar nicht, wie viele Ideen mir manchmal nach einem langen Tag in der Stadt im Kopf herum schwirren. Am Ende bin ich aber immer auf die Hilfe von chinesischen Praktikanten angewiesen.
Das ist natürlich nicht immer einfach, weil keiner dieser Assistenten journalistisch oder als Übersetzer ausgebildet ist und sie trotz Gleichaltrigkeit zu mir in vielen Dingen noch sehr unbedarft sind. Manche Nuancen gehen da vor Ort einfach in der Übersetzung verloren, also musste ich lernen, um solche Hürden herumzuarbeiten.
Der Dreh selbst ist vor allem schwierig, weil ich als Ein-Frau-Team das ganze Equipment (Kamera, Objektive, Tonequipment, Mikrofone, Stativ) allein herum schleppen muss und man sich in Peking nicht einbilden sollte, dass man wegen schweren Gepäcks irgendwelche Mitleidspunkte in der U-Bahn erheischen könne. Aber auch daran gewöhnte ich mich.
Die Menschen in den Großstädten sind so an die Massen an Kameras gewöhnt, dass sie sich kaum nach mir umschauen, wenn ich in den Straßen filme. In den ländlichen Gegenden ist das natürlich anders. Aus meiner Erfahrung muss ich allerdings sagen, dass mir ausschließlich mit großer Freundlichkeit begegnet wurde, auch wenn der eine oder andere lieber nicht aufgenommen werden wollte.
Bisher war meine Zeit hier in China ein großes Abenteuer und eines, das ich in keinster Weise bereue. Ob ich nach Ablauf meiner Vertragslaufzeit hier bleiben werde, steht noch in den Sternen, doch bis dahin ist noch eine ganze Menge Zeit und es gilt, noch viele weitere Geschichten zu erzählen.
Sollten meine Arbeitsbeschreibung mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet haben, lassen Sie es mich gern wissen! Ich freue mich über jeden Austausch.