Team 8 und ihr Fahrzeug, ein Mercedes 450 SLC 5.0, gebaut 1979, beschreiben den Gesamteindruck des New Silk Road Abenteuers. Über die Hindernisse und Hürden, die genommen werden mussten und über die Freude am Reisen.
Heute muss ein besonderer Tag gewesen sein: nach einer mit rund 150 km sehr kurzen Tagesetappe, die durch einen überaus interessanten Aufenthalt im VW-Werk in Anting unterbrochen wurde (vielen Dank an das Orga-Team), sind wir in Shanghai angekommen. Am Hotel erwarteten uns Fernsehteams und Fotografen, wir fuhren durch einen Zieleinlauf „Hamburg – Shanghai Finish“, und nach dem Aussteigen und den ersten Begrüßungsinterviews umarmten und beglückwünschten sich mein Fahrer und die Insassen der anderen Fahrzeuge, mit denen ich seit 53 Tagen von Hamburg aus hierher unterwegs war, ziemlich euphorisch. Immer wieder hörte ich Wortfetzen wie „wir haben es geschafft, wir haben unser Ziel erreicht“, „wir sind alle gut angekommen“, „lasst uns diese schöne Leistung feiern“. Es muss heute also ein besonderer Tag gewesen sein. Ich bin wohl am Ziel angekommen.
Begonnen hatte das alles vor 53 Tagen in Hamburg, wo ich mich mit anderen Oldtimer- und Youngtimer-Fahrzeugen traf – sogar ein Motorrad mit Seitenwagen aus dem Jahr 1941 war mit dabei. Seit dieser Zeit haben wir nun fast täglich längere Strecken gemeinsam im Konvoi oder auch in Minigruppen oder alleine zurück gelegt. Es ging zunächst, nachdem wir Deutschland verlassen hatten, durch Ost-Europa (Polen, Ukraine, Russland). Ziemlich schnell bemerkte ich, dass die Straßen in diesen Ländern teilweise nicht unbedingt für betagtere Fahrzeuge wie mich geeignet sind – die Straßen wurden nämlich holpriger und die Schlaglöcher wurden zahlreicher, größer und tiefer. Nachdem es dann dort auch immer wieder Straßen mit Kopfsteinpflaster gab, brach schon in der Ukraine die erste Halterung meines Ventilators vor dem Kühler ab, so dass an eine Weiterfahrt nicht mehr zu denken war. Nachdem mein Fahrer jedoch auf Wegen abseits der vorgeschlagenen Fahrtroute unterwegs war und wir uns gerade am Ende einer Sackgasse befanden, war an Hilfe durch den begleitenden Mechaniker nicht zu denken. Die damals gefühlten Temperaturen von 40° C haben die anstehenden Reparaturarbeiten nicht gerade erleichtert. Wie aus dem Nichts tauchte jedoch plötzlich ein junger Ukrainer auf, der bei der Fehleranalyse behilflich war und der loszog, um einen Bohrer zu organisieren, letztlich aber mit einem Stück Metall und einem Klebeband zurückkam. Mit diesen Materialien und der tatkräftigen Unterstützung durch den jungen Ukrainer, war mein Ventilator nach einer Stunde wieder befestigt und ich war wieder fahrbereit. Am Abend wurde die Metall-/Klebeband-Konstruktion dann von dem vielbeschäftigten Mechaniker Frank und meinem Fahrer durch eine kompetentere Befestigung ersetzt. Glücklicherweise haben die beiden dann gleich zwei Halterungen gefertigt, denn meine zweite Originalhalterung ist nach weiteren Holperstrecken am nächsten Tag auch noch abgebrochen.
Im weiteren Verlauf der Reise, die durch Kasachstan, Uzbekistan und Kirgistan geführt hat, wurde meine Belastbarkeit immer wieder stark getestet. Mal waren es Wellblechpisten, dann wieder Sandpartien, meistens aber große Schlaglöcher oder komplett fehlender Straßenbelag. Mir haben solche Herausforderungen ganz schön zugesetzt. Beansprucht wurde ich auch dadurch, dass das Benzin auf manchen Strecken – wenn denn überhaupt welches verfügbar war – sehr schlecht war. Während ich in Deutschland immer nur das teure Super Plus bekomme und schätze, musste ich mich teilweise mit Flüssigkeiten abgeben, die als 80 Oktan-Benzin deklariert waren, aber selbst an diesem Wert bestanden Zweifel. Da habe ich beim Beschleunigen dann einfach „geklingelt“ oder „geklopft“, bis mein Fahrer Oktan-Booster, den es in diesen Ländern überall zu kaufen gibt, nachgeschüttet hat. Auf halber Strecke war dann meine mittlere Spurstange durch die vielen schlechten Straßen ausgeschlagen, was ich auch mit lautem Klappern kundtat, bis ich eine aus Deutschland angelieferte neue Spurstange eingebaut bekam. Dann fühlte ich mich wieder besser.
Als wir die zentralasiatischen Länder hinter uns hatten und in China zunächst in der autonomen Region Xinjiang, ankamen, standen über Tage hinweg die schneebedeckten Berge des Pamirgebirges am Horizont, und die Ausläufer des Himalayas auf der einen Seite und auf der anderen Seite die Taklamakanwüste prägten unser Bild. Leider war es da auch wegen des Sandes ziemlich staubig, so dass mein Fahrer meinen Luftfilter zwei Mal wechseln musste. Trotz der zunehmend besser werdenden Straßen auf der Fahrt ins östliche China gab es immer wieder herausfordernde Strecken. Mein Besitzer wird wohl zuhause nochmals alle erreichbaren Schrauben im vorderen Fahrzeugteil nachziehen müssen, auch wenn er es unterwegs schon mehrfach getan hat. Trotz dieser Vorsorge habe ich nämlich einige Schrauben verloren, so dass Teil eines Lüftungsgitters provisorisch mit Kabelbindern befestigt werden musste. Vor einigen Tagen hat dann Jan, unser aufmerksamer Mechaniker, mit seinem fachmännischen Blick noch eine Schraube in einem meiner Reifen entdeckt, die dann noch am gleichen Abend in einer Werkstatt entfernt werden konnte.
Bis auf diese an sich kleineren Störungen, die auch immer ohne Auswirkungen auf die Reiseplanung durchgeführt werden konnten, habe ich die Reise gut überstanden. Mein Motor, der noch kurz vor dem Start der Reise Probleme bereitete, lief problemlos. Die Strapazen, denen ich ausgesetzt war, habe ich aber gerne in Kauf genommen, da ich von meinem Fahrer täglich gesagt bekam, wie glücklich und zufrieden er über den Reiseverlauf, über die vielen neuen Eindrücke und über die Begegnungen mit den Menschen ist. Er hatte bei dieser Reise die Gelegenheit, Osteuropa zu besuchen, die architektonischen Höhepunkte der zentralasiatischen Seidenstraße zu sehen und China von Westen nach Osten zu durchqueren.
Nun bin ich aber glücklich – ich denke, meinem Fahrer geht es auch so – nach rund 14.000 km gut und ohne Schäden und Unfälle am Ziel der Reise in Shanghai angekommen zu sein und freue ich mich darauf, in zwei Tagen in einen Container verfrachtet und zurück nach Deutschland transportiert zu werden. Ich bin sicher, mein Besitzer wird mich dort wieder liebevoll aufpäppeln und die kleineren Spuren, die die Reise an mir hinterlassen hat, gerne beseitigen. Ich werde dann trotz der Strapazen der Reise froh darüber sein, dass ich diese lange, interessante Fahrt machen durfte. Welcher Mercedes R/C 107 450 SLC 5.0 kann schon auf ein solches großartiges Erlebnis zurückblicken?