Von Xi’an nach Yangshuo – vom Herbst in den Sommer. Ulrike Löhrl berichtet von ihrer Reise „China auf dem Fahrrad“, bei der sie auf allerlei skurrile Dinge stößt. Doch auch wunderschöne Berg- und Flusslandschaften säumen ihren Weg durch China.
Mittlerweile bin ich nach den Stationen in Xi'an und Guilin in Yangshuo gelandet. Ich verliere bald die Orientierung. Der Aufenthalt in Xi'an war recht kurz, nur eine Nacht, dafür aber zwei kleine Fahrradtouren auf der Stadtmauer und durch die Stadt. Ich war schon seit den 80er Jahren nicht mehr in Xi'an. Damals habe ich im Hotel das Bett mit Kakerlaken geteilt, das hat sich doch geändert mittlerweile. Die Stadt hat sich unglaublich gewandelt, ich habe sie nicht wiedererkannt. Leider war die Zeit zur kurz um das moslemische Viertel mit der schönen Moschee ausführlich zu erkunden, da wir zum Flughafen mussten, um die Maschine nach Guilin zu nehmen. Was habe ich dazwischen alles gesehen? Z.B. eine Straßengitterreinigungsmaschine in Xi'an! In der Straßenmitte zwischen den mehrspurigen Richtungsfahrbahnen befinden sich Gitter, nicht nur in Xi'an auch anderswo in China. Diese sind ca. 1 Meter hoch, weiß und künstlerisch gestaltet, mit ansprechenden Bögen. Es gibt eine Spezialmaschine, mit der diese Gitter gereinigt werden - rotierende senkrecht stehende Scheiben mit Bürsten, die das Gitter in die Mitte nehmen und putzen. Sehr praktisch. Oder z.B. den Bauarbeiter, der meditativ und liebevoll mit einem Putzlappen den metallenen mannshohen Bauzaun an der Straße polierte. Bestimmt macht er das jeden Tag, Xi'an ist doch recht staubig...
Gerade eben bin ich noch auf dem Fahrrad von der Großen zur Kleinen Wildganspagode gefahren, schon sitze ich in der Hotellobby in Guilin (hier gibt es WLAN). Vom Herbst in den Sommer, um 23 Uhr abends immer noch 20 Grad. Endlich Sandalen, kurzärmelige Blusen und T-Shirts. Es ist ein wenig wie nach Hause kommen, die Stadt ist mir vertraut, und es hat sich nicht wirklich viel verändert. Vom Flughafen in die Stadt auf der neuen Autobahn, 2009 war sie gerade im Bau. Die Mautstation hat eine Dekoration, die den Li-Fluss und das Karstgebirge symbolisieren sollen, aber ein wenig so aussehen wie eine Werbung für McDonalds.
Auf dem Weg nach Yangshuo haben wir heute mal nicht das Fahrrad benutzt, sondern sind gewandert. Entlang dem Li-Fluss, nachdem wir in Caoping mit Flößen auf die andere Seite übergesetzt haben, sind wir mit einem einheimischen Führer gelaufen. Wir haben in den Dörfern unterwegs in Wohnhöfe geschaut, den Bauern bei der Feldarbeit zugesehen und unser Picknick im Schatten des Versammlungshauses der KPCh (Kommunistische Partei Chinas), Kreisverband Yangshuo, eingenommen. Immer wieder kamen wir zum Li-Fluss, zunächst direkt am Ufer, an dem ein kleiner Wald mit blühenden Banyanbäumen steht, und dann durch die Felder bis zu einer kleinen Betonstraße, auf der wir oberhalb des Li-Flusses weiter liefen. Wunderschöne Ausblicke, trotz des diesigen Wetters, auf den Fluss und die Karstberge. Es ist eine Märchenlandschaft.
Der Bus holte uns am Endpunkt der Wanderung ab und wir fuhren nach Yangshuo. Das Leben tobt hier, immer noch sind viele ausländische und einheimische Touristen hier unterwegs, in der Weststraße reiht sich ein Restaurant neben dem Anderen, eine Bar neben der Anderen. Auch ein Paulaner mit zwei Chinesinnen im Dirndl und Bier vom Fass mit Sauerkraut gibt es dort.
Hier in der Hotellobby, in der es WLAN gibt, sitze ich und schreibe, und beobachte die chinesischen Gäste die so langsam zurückkommen - die Gruppe mit mehreren Männern, die einiges gezecht haben und denen deshalb warm geworden ist - einer hat sich sogar sein Unterhemd ausgezogen und läuft mit nacktem Oberkörper durch die Lobby. Danach kamen zwei schmale Chinesinnen rein, in allerkürzesten Röcken und so hochhackigen Schuhen, dass sie kaum laufen können. Eine wirklich sehr bunte Mischung von Gästen...
Viele Grüße aus Yangshuo