Kosmopolitisch, ehrgeizig und erfolgreich - der thailändische König Rama VI bezeichnete die Überseechinesen als die „Juden des Orients“. Was war damals und ist auch heute noch ihr Erfolgsgeheimnis und warum kommen so viele Überseechinesen aus der Provinz Fujian?
Sie sind ehrgeizig und sehr erfolgreich, so zumindest beschreibt das „Manager Magazin“ die Überseechinesen in einem Artikel im April 2012. Als Überseechinesen werden Chinesen bezeichnet, die im Ausland leben und arbeiten. Von ihnen gibt es allein in Deutschland mehr als 100000. In Frankreich leben mehr als 200000 und in Amerika mehr als drei Millionen Chinesen - und ihre Zahl wächst weiter.
Der Erfolg scheint ihnen nicht zu Kopfe zu steigen, denn trotz der Distanz zur Heimat verlieren viele nicht den Bezug zu China. Viele Chinesen haben im Zusammenhang mit ihrer Heimat einen ähnlichen Charakterzug – sie schicken Geld an die Verwandten. Bis heute stammt der Anteil der größten Auslandsinvestitionen nicht von Konzernen oder Firmen, sondern von den Auslandschinesen – rund 30 Milliarden US Dollar in jedem Jahr, schreibt das „Manager Magazin“. Respekt und Treue gegenüber den Eltern und die finanzielle Unterstützung sind für die Überseechinesen Teil der konfuzianischen Tradition.
Von dem Geld, das sie im Ausland verdienen, profitieren nicht nur die Verwandten sondern auch öffentliche Einrichtungen wie das „Chinese Overseas“ (Überseechinesen) Museum in Xiamen. Hier befinden sich Skulpturen, persönliche Gegenstände wie Briefe oder auch Wertgegenstände wie Uhren oder Gemälde von Überseechinesen, die dem Museum vermacht wurden. Auf der Insel Gulangyu direkt vor Xiamen, widmete der Australische Überseechinese Hu You Yi seine Orgelsammlung der Stadt und setzte dadurch den Grundstein für das berühmte Orgelmuseum auf der Insel. Sein Ziel, so Hu You Yi, sei es, „das Orgelmuseum auf Gulangyu zum berühmtesten der Welt zu machen.“
Der wohl bekannteste unter den Überseechinesen in Xiamen ist Tan Kah Kee, der nicht nur Jimei Village, ein ganzes Dorf mit verschiedensten Schulen vor der Insel Xiamen, finanziert hat, sondern auch Gründer der Universität Xiamen ist. Er ist auch besser bekannt als der chinesische Henry Ford, dem amerikanischen Großindustriellen. Tan Kah Kee der in Singapur mit der Verarbeitung von Gummi im Automobilgeschäft sehr wohlhabend wurde, widmete den Großteil seines Vermögens in öffentliche Bildungseinrichtungen. Als Dank widmeten die Chinesen dem Philanthropen, einem Menschenliebenden, ein imposantes Erinnerungsmahl auf Jimei, einem Vorort der Stadt Xiamen. Mit seinem Einsatz für mehr Bildung ist er bis heute ein großes Vorbild für viele Chinesen. Das waren lediglich zwei große Philanthropen, doch die Liste mit Namen könnte endlos weitergeführt werden.
Es scheint so, als ob die Provinz Fujian besonders erfolgreiche Überseechinesen magisch anziehen würde, doch dem ist nicht so. Eine sinnvolle Erklärung warum so viele erfolgreiche Überseechinesen aus Fujan kommen hat Bill Brown. Bill ist Professor für BWL an der Universität Xiamen, lebt und arbeitet bereits seit 24 Jahren in Xiamen und ist sogar Ehrenbürger der Stadt. Als Autor mehrerer Bücher über Xiamen und Fujian, hat er sich bereits länger mit dem Phänomen der Überseechinesen beschäftigt.
„Der Grund warum aus Xiamen und auch aus der Provinz Fujian so viele Überseechinesen kommen, liegt an der Geographie“, erklärt Bill. Die Provinz sei sehr gebirgig und bereits in früheren Dynastien hätten die Menschen wenig Anbaufläche gehabt, sodass sie gezwungen waren ihr Glück in anderen Ländern zu versuchen. „Ihr Erfolgsgeheimnis im Ausland bestand darin, dass sie untereinander gut vernetzt waren, sich gegenseitig halfen und sehr ehrgeizig waren“, so Bill. Obwohl viele Chinesen in anderen asiatischen Ländern eine Minderheit sind, besitzen sie dennoch mehr als zwei Drittel des Gesamtkapitals des jeweiligen Landes.“
In dem Länderbericht „Wirtschaftsmacht in der Diaspora“ der Konrad Adenauer Stiftung schreibt der Autor Jochen Kleining, Autor für das Auslandsbüro der Stiftung, dass „ein vielschichtiges Beziehungsgeflecht“ die chinesischen Auswanderer vereinte und unter anderem eines ihrer Erfolgsfaktoren war und bis heute ist. Die Chinesen mit selber Herkunft in China schlossen sich, auch wegen dem Dialekt, zusammen und „boten Starthilfe, Zugang zu Krediten und Marktinformationen“ an, so Kleining. Durch diese Bindung und Integrierung in bereits bestehende Strukturen, erklärt er sich den wirtschaftlichen Erfolg in der Diaspora. In seinem Fazit erklärt Jochen Kleining dass für viele Chinesen in Zukunft „nicht nur die besseren Karriere- und Verdienstmöglichkeiten im Ausland die Entscheidung für eine Emigration bestimmen, sondern zunehmend auch die Frage der Lebensqualität, wie beispielsweise der Luftverschmutzung.“ Trotz großer Bemühungen seitens des Staates, mit attraktiven Berufschancen, wird China, so Kleining, in absehbarer Zeit ein Auswanderungsland bleiben.