Unsere Mitarbeiterin Ulrike Löhrl ist in China unterwegs. In diesem Reisebericht erzählt Sie von Ihren Erlebnissen auf dem mächtigen Fluss Yangtze.
Von Ulrike Löhrl
Es ist dunstig auf dem Yangtze, der Fluss hält die Wolken fest, es regnet immer mal wieder, ist aber nicht kalt. Den Ausflug in die Geisterstadt Fengdu heute Morgen habe ich ausfallen lassen, aber dafür habe ich einen kurzen Rundgang über die neben uns liegende "Victoria Selina" gemacht. Das Schiff ist auf dem Weg stromab und hat wesentlich mehr Passagiere als wir, nämlich über 130 an Bord, davon 6 Westler. Auch die Kabinen sind etwas größer - aber ich habe die "Grace" und die kleine Gruppe von 31 Passagieren zu schätzen gelernt. Danach habe ich geschlafen, um die Bronchitis und das Fieber, das ich mir eingefangen habe, etwas zu kurieren.
Das Ausruhen hat gut getan, heute Nachmittag ist auch kein Programm mehr, bis auf das Yangtze-Quiz in der Bar mit dem Riverguide Three (sein chinesischer Vorname spricht sich so ähnlich wie 3 aus, Sirui - daraus wird der Einfachheit halber Three). Aber da muss man nicht dabei sein. Ich gönne mir weiter Ausruhen, und langsam den Koffer sortieren. Morgen schiffen wir aus und fliegen von Chongqing nach Kunming. Dann beginnt auch für mich Neues: die Reisterrassen von Yuanyang und die Gegend um Jinghong und Jianshui in Yunnan.
Wenn ich diese Tour mit der Yangtze-Fahrt in den 80ern vergleiche: die Schiffe sind komfortabler, es wirkt alles professioneller. Aber sobald die Angestellten, meistens junge Leute aus Chongqing, ihren Dienst beendet haben, werden sie wieder zu kichernden Kindern, die auf dem Anlege-Ponton fangen und verstecken spielen. Sie sind stolz auf das bißchen Englisch was sie gelernt haben, und versuchen, dazu zu lernen.
Der Wasserstand des Yangtze ist durch den Staudamm wesentlich höher, und vieles ist unwiderbringlich verloren. Dennoch strahlt die Landschaft um die 3 Schluchten viel Schönheit aus, und die Uferlandschaft ist abwechslungsreich. Vor allem in Wushan am Daning-Fluss, einem Nebenfluss des Yangtze, waren diese Veränderungen ganz deutlich für mich zu sehen: Dort wurden wir früher vom Schiff in kleine Boote umgeladen, und sind den Daning-Fluss hoch gefahren in die 3 kleinen Schluchten, das war damals noch relativ unberührtes Gebiet, das gerade erst dem Tourismus geöffnet wurde. Es gab noch Reste der alten Treidelpfade zu sehen, auf denen die Boote stromauf gezogen wurden - die Männer, die diese Arbeit verrichteten, waren dabei meistens nackt, weil sie ihre wenige Kleidung schonen wollten. Lieber die Haut als die Kleidung durch die Taue kaputt machen.
Unsere Boote mussten damals an manchen flachen Stellen von der Bootsbesatzung geschoben werden, bis sie wieder Wasser unter dem Kiel hatten. Es gab viele Hängende Särge zu sehen - Höhlen hoch oben in der Felswand, in den die Särge Verstorbener mühselig hingebracht wurden. Und Reste von Holzwegen hoch oben in der Wand, in die Felsen hineingeschlagene Öffnungen, in denen Balken stecken, auf die Bretter gelegt worden waren. Anders waren die Dörfer in der Region nicht zugänglich. Affen turnten in den Bambuswäldern am unberührten Ufer herum. Jetzt ist der Wasserstand um mehr als 150 Meter höher, die Brücke, unter der man in den Nebenfluss hineinfuhr, wölbte sich damals in hunderten Metern Höhe über uns, heute ist es wie eine normale Straßenbrücke über den Fluss. Unser lokaler Begleiter erzählte uns, dass sein altes Haus 70 m unter dem Wasserspiegel liegt, und er jetzt oben über der Brücke am Fluss wohnt.
Gestern nun stiegen wir zunächst in ein größeres Motorboot und fuhren den Fluss hinauf. Das was früher die Gipfel der Berge war, ist jetzt besiedeltes und beackertes Land mit Terrassen und mit vielen neuen Häusern. Wir glitten durch die wunderschöne Landschaft der kleinen Schluchten, es gab noch 2,3 Särge zu sehen und auch einige Affen sprangen herum. An einer weiteren Station stiegen wir in kleine Boote um und fuhren noch 20 Minuten weiter den Fluss hinauf. Diese Boote hatten aufschiebbare Plastikdächer, die zunächst wie aus Bambus geflochten wirkten. Früher waren die Boote mit echtem Bambus oder gestreiften Zeltplanen bedeckt. Unterwegs saß ein Mann am Ufer in seiner Hütte und spielte Flöte, an der Wendestelle des Bootes standen 4 Frauen und sangen die Lieder der lokalen Bevölkerung - von der örtlichen Tourismus-Agentur bezahlte Angestellte. Wenn man genauer hinsah, hatten sie Mikrofone mit tragbaren Lautsprechern... Trotzdem klang es schön. Auch einer unserer Bootsmänner gab 2 Lieder zum Besten.
Die Landschaft ist wunderschön, Bambuswäldchen, grüne Ufer, an denen sich die neue Wasserkante noch nicht eingeschliffen hatte, Teebäume, aus deren Blättern ein besonderer lokaler Tee (gegen Bluthochdruck) hergestellt wird. Der lokale Guide erzählte Geschichten über die Wirkung auf die Gesundheit, Langlebigkeit und Kraft der örtlichen Bevölkerung. Wie es der Zufall wollte, hatten die Bootsleute und er zufällig einige Packungen an Bord - unsere Gruppe von Malaysia-Chinesen kaufte ordentlich ein und erhandelte auch noch Mengen-Rabatt. Teefahrt.
Heute Mittag gab es Jiaozi, die Füllung war lecker, leider war die Haut etwas dick - ich Naseweis habe das gleich dem Restaurantmanager Kevin mitgeteilt. Auf meinen Wunsch bekam ich dann auch noch Essig hingestellt, das gehört nun mal zu chinesischen Teigtaschen. Abends sind wir zum Captain's Farewell Dinner mit Menu-Service am Platz geladen, Kapitän Gao wird sich in seine weiße Gala-Uniform werfen, die Köche werden ihr Bestes geben. Dem Kapitän merkte man beim Empfangscocktail richtig an, wie unwohl er sich in seiner Repräsentationsrolle fühlte, aber das gehört nun mal zu seinem Job als Traumschiff-Kapitän.
Was Ulrike Löhrl noch alles auf Ihrer China Reise erlebt, können Sie demnächst hier in unserem Reisemagazin nachlesen!
Um den Yangtze kennenzulernen, empfehlen wir Ihnen unsere klassische China Rundreise für Einsteiger "China mit Yangtze".