Shanghai - Diese Megastadt darf auf keiner China-Reiseroute fehlen. Auch wenn ich jetzt schon öfters dort war, verfehlt der Charme des Shanghaier Stadtlebens doch nie seine Wirkung. Eine gute Freundin kam mich Mitte Januar in China besuchen und da dies ihr erster Chinabesuch war, hatte ich eine abwechslungsreiche Reiseroute auf die Beine gestellt. In Shanghai ging es los. Wir hatten einen Tag und wollten so viel wie möglich vom Großstadtflair aufnehmen.
Unser Hotel lag sehr zentral in der Nähe vom Bund, vom Jadegarten und unweit der Altstadt Shanghais. Hier bummelten wir durch die herausgeputzten Gassen und staunten über die kulinarische Vielfalt, die uns die zahlreichen Restaurants und Imbisse an den Ecken boten. Ich empfahl meiner Freundin eine Shanghaier Spezialität: Xiaolongbao – kleine Korbtäschchen.
Das sind Teigtaschen, die meist mit Fleisch und einer süßen Brühe gefüllt sind. Letzteres darf nicht verschüttet werden, zur Hilfe bekommt man deshalb einen Strohhalm, den man in die kleine Öffnung des gefüllten Dampfbrötchens steckt. Die Shanghaier Altstadt war schon voll und ganz auf das baldige chinesische Neujahrsfest eingestellt und so strahlten rote Laternen und bunte Figuren von den Balkonen und Hausfassaden.
Nach einem kleinen Snack, setzen wir uns in ein Taxi nach Xintiandi. Als eines der Lifestyle-Viertel Shanghais gibt es dort viele Restaurants und Shoppingmöglichkeiten. Unter anderem lässt sich dort aber auch das Museum zum, im Jahr 1921 stattgefundenen, Gründungskongress der Kommunistischen Partei Chinas finden. Wir interessierten uns aber für etwas anderes, nämlich für die traditionelle Shanghaier Shikumen-Häuser (dt. Steintor), deren Architekturstil einzigartig ist. Ein Museum in Xintiandi zeigt eines dieser typischen Häuser. Hier stehen Möbel und Gebrauchgegenstände noch so da, wie in vergangenen Zeiten. Ein toller Einblick.
Der Baustil der Shikumen-Häuser kann bis zum Jahr 1845 zurückverfolgt werden. Um der wachsenden Nachfrage nach Wohnraum von ausländischen und einheimischen Familien in Shanghai gerecht zu werden, entwickelten Stadtplaner einen Mix aus europäischer und traditionell chinesischer Architektur. Der Hof, sowie die direkt angeschlossenen Häuser der Nachbarn schufen Raum für Interaktion, gaben den Hausbewohnern aber auch ein Gefühl von Sicherheit und Zugehörigkeit. Von den 1850er bis zu den 1940er Jahren wurden bis zu 60 % der Häuser im Shikumen-Stil gebaut. Heute sind nur noch wenige erhalten.
Nach dieser Zeitreise in das alte Shanghaier Stadtleben begaben wir uns zum Bund, der langen Uferpromenade gegenüber der Sonderwirtschaftszone Pudong am westlichen Ufer des Huangpu-Flusses. Meine Freundin staunte nicht schlecht über das Hochhauspanorama aus niegelnagelneuen Wolkenkratzern auf der einen Seite und historischen europäischen Kolonialbauten auf der anderen Seite.
Der Himmel war blau und die strahlende Sonne ließ uns den beißenden Januarwind auf der Promenade für eine kurze Zeit vergessen. Nun mussten wir uns auf den Weg zur anderen Seite machen, dort hatten wir nämlich am späten Nachmittag ein Date mit einem der ehemals höchsten Hochhäuser Shanghais.
Da ich zuvor schon einmal die Gondelfahrt durch den Bund Sightseeing Tunnel mitgemacht hatte und dies nicht weiterempfehlen würde, da man viel zu viel Geld für viel zu wenig Erlebnis ausgibt, entschieden wir uns für die Fähre. Günstig und schnell, mit einem tollen Blick nach allen Seiten gelangten wir auf die andere Seite, auf der einem schon das Megafon-Gequatsche der zahlreichen chinesischen Touristenbusse entgegenschallte. Wir haben uns nicht zu einer Rundfahrt überreden lassen, sondern liefen an ihnen vorbei durch die Mega-Hochhausstadt des Bezirks Pudong.
Wie Hans Guck-in-die-Luft läuft man hier durch die Straßen und verrenkt sich den Hals während man die glitzernden Fassaden der Wolkenkratzer beschaut. Das neueste Projekt der Stadt Shanghai ist der Shanghai Tower, welcher in diesem Jahr fertig gestellt werden soll. Die Spitze des Riesen ist noch in ein Baugerüst gekleidet und rundherum ist die riesige Baustelle abgesperrt. Mit einer Höhe von 632 Metern und 128 Etagen ist er schon jetzt der höchste Wolkenkratzer Chinas.
Unser Ziel war der sozusagen kleinere Bruder des Shanghai Towers, der Jinmao-Tower, welcher bei seiner Fertigstellung im Jahr 1998 mit einer Höhe von 420,5 Metern und 88 Etagen das höchste Hochhaus Chinas war und diesen Titel für 10 Jahre behielt. Auf dem 88. Stockwerk gibt es eine Aussichtsplattform für die man Eintritt zahlt. Wir haben ganz geschickt einen Tisch in der Cloud 9 Bar auf dem 87. Stock reserviert und den gesparten Eintritt in teure Cocktails investiert. Eine schöne Alternative, wie wir einstimmig feststellten, viel komfortabler und entspannter.
In der coolen Lounge-Atmosphäre genossen wir das schicke Shanghaier-Nachtleben schon am frühen Abend. Die Bar hat zu allen Seiten Fenster und so hat man bei einem kleinen Spaziergang durch die Bar einen 360° Blick. Wer um fünf Uhr Abends kommt, kann die Stadt sowohl bei Tageslicht, mit Sonnenuntergang und anschließend auch hell erleuchtet vor dem Nachthimmel bestaunen. Nachdem wir uns von dem tollen Anblick losreißen konnten, ging es mit dem Aufzug wieder herunter. Bei der Fahrt bekommt man sogar Druck auf den Ohren, da haben wir erst gemerkt, wie hoch wir wirklich waren.
Mit der Fähre ging es wieder zurück zum Bund. Noch einmal bunte Lichter der Hochhäuser von beiden Seiten bestaunen. Auf der Suche nach einem schönen Restaurant machten wir uns auf den Weg zur Nanjing Lu, der größten Einkaufsmeile der Stadt. Noch bevor wir dort ankamen, fanden wir ein sehr vielversprechendes Restaurant mit dem Namen Beyond the Clouds.
Als wir aus dem Aufzug in der fünften Etage stiegen, erwartete uns ein großer, abgedunkelter Raum. Die Wände zierten Kunstwerke und Handwerksarbeiten aus der Provinz Yunnan. An der Theke waren große Glasbottiche aufgereiht, in denen verschiedene hausgemachte Schnäpse auf Trinkwütige warteten. Hier genossen wir nicht nur das ausgezeichnete Essen der Küche Yunnans, sondern auch kurze Tanzeinlagen einer in bunter Tracht gekleideten Künstlerin. Das hätte ich der Außenfassade nach niemals erwartet. Wow, hier werde ich bei meinem nächsten Shanghaibesuch unbedingt wieder einkehren.
Ein Highlight hatte ich mir noch für unseren Shanghai-Tag aufgehoben. Nach dem reichhaltigen Abendessen gingen wir zu Fuß in das nahegelegene House of Blues and Jazz. Hier gibt es jeden Abend (außer Montags) Livemusik und alle drei Monate spielt eine andere Band. Als wir ankamen waren die Tische vor der Bühne noch unbesetzt, alles tummelte sich im Barbereich nebenan. Super, dachte ich mir und froher Erwartung setzten wir uns und bestellten eine Runde des viel zu teuren Biers. Der Eintritt ist wohlgemerkt frei. Die Band legte los und wir freuten uns auf einen entspannten Jazzabend.
Wir hatten nicht mit der Stimmungskanone Carlton J. Smith gerechnet, der momentan der Hauptact im House of Blues and Jazz in Shanghai ist. Er kam powergeladen beim zweiten Lied auf die Bühne gesprungen und gab alte Hits wie „My Girl“ und „Rollin’ on the River“ zum Besten. So dauerte es auch nicht lange, bis wir mit auf die Bühne mussten, an Entspannung war nicht mehr zu denken. Alle Zuschauer (außer die vor der Bar, aha, deswegen hatten die sich also dort versteckt) wurden miteinbezogen und so wurde mitgesungen und getanzt bis in die frühen Morgenstunden. Was für ein Abschluss für unseren Tag in der Megastadt Shanghai!
Weitere Tipps und Sehenswürdigleiten in Shanghai finden Sie in diesem Artikel: Top 10 Sehenswürdigkeiten Shanghai[gallery link="file" ids="27845,27850,27851,27847,27860,27861,27853,27852,27858,27859,27857,27856,27862,27864,27848"]