Schach und China, wie soll das denn zusammenpassen? In den kommenden Abschnitten möchte ich einen kurzen und wirklich sehr einfachen Überblick über die chinesische Form des Schachspielens geben. Vielleicht ist für den einen oder anderen Leser von Interesse. Die GDCF Düsseldorf e.V. bietet beispielsweise in Düsseldorf für Interessierte eine chinesische Schach-AG an. Aber auch andere Vereine und Institutionen bieten Interessierten immer wieder Schnupperkurse an.
Schach in China kann ruhigen Gewissens als Volkssport angesehen werden. Gerade nach dem Feierabend sieht man im Sommer viele Männer draußen auf der Straße sitzen und gegeneinander eine Partie Schach spielen. Oftmals stehen Interessierte dabei, die das Ganze fachmännisch kommentieren und analysieren.
Schach heißt im Chinesischen Xiangqi (象棋 = Elefantenschach). Seinen Ursprung hat es vermutlich in Indien und kam dann durch Händler auf Handelswegen nach China und auch nach Europa. Das chinesische Xiangqi hat starke Ähnlichkeiten mit dem europäischen Schach, wenngleich es auch eigene Charakteristika aufweist.
Das chinesische Schach weist starke Einflüsse des Konfuzianismus auf. Die Chinesen haben die Urform des indischen Schachs im Laufe der Jahre auf ihre eigenen Bedürfnisse hin angepasst. Anders als in der in Deutschland bekannten Schachspielweise haben die Spielsteine in China eine eigene nicht veränderbare Rangordnung. Wenn beispielsweise ein Spieler seine Soldaten (Bauern) auf der gegnerischen Seite positioniert hat, kann er diese nicht in andere Steine umwandeln (wie es im europäischen Schach der Fall ist). Soldat bleibt Soldat! Im konfuzianisch geprägten China war der gesellschaftliche Aufstieg eines einfachen Soldaten ebenfalls unmöglich. Weniger gebildete Menschen hatten keine Chance in den Palast als Berater oder Leibwächter aufzusteigen.
Weitere konfuzianische Merkmale im chinesischen Xiangqi sind in der Wertigkeit der verschiedenen Spielsteine zu sehen. Niedrigere Steine müssen den höher wertigen Steinen dienen. Auf diese Weise kann das chinesische Schachspiel eine ganz andere Dimension und einen anderen Spielfluss erhalten als die europäische Version.
Das Xiangqi-Spielfeld hat zehn waagerechte und neun senkrechte Linien. Insgesamt gibt es 90 unterschiedliche Positionen, auf denen die Spielsteine gesetzt werden können. Die beiden Spielhälften werden durch einen breiten Fluss geteilt, der die beiden Herrschaftsgebiete der zwei Regenten teilt. Der Fluss kann nur von den offensiven Spielsteinen (Soldat, Pferd, Wagen und Kanonen) übertreten werden. Zu den defensiven Spielsteinen zählen der Minister, die zwei Elefanten und die beiden Leibwächter. Sie dürfen den Fluss nicht überqueren und haben als Hauptaufgabe, den General zu beschützen.
Die Spieler können auf insgesamt sieben Arten von Spielsteinen zurückgreifen. Wie im europäischen Schach ist das erklärte Ziel, den Gegenspieler so schnell wie möglich "matt" zu setzen. Im chinesischen Schach unterscheidet man die wichtigste Figur: er wird nicht König oder Kaiser genannt, sondern Feldherr oder General.
Die roten Spielsteine eröffnen traditionell das Spiel. Auch hier gibt es Unterschiede in der Bezeichnung der Spielsteine. Der Hauptstein heißt entweder Feldherr oder General.
Der General/Feldherr ist die zentrale Figur im Spiel. Er hat nur einen begrenzten Bewegungsbereich und darf unter keinen Umständen seinen Palast verlassen. Der Feldherr und der gegnerische General dürfen sich niemals "in die Augen schauen", das heißt, es muss immer ein anderer Spielstein zwischen den Hauptsteinen liegen.
Die Leibwächter (oder Beamte) haben kein Äquivalent. Sie dürfen den Fluss nicht überqueren oder den Palast verlassen. Er kann nur schrittweise diagonal ziehen. Anders als der General/Feldherr, kann er nicht alle Räume des Palastes betreten.
Eine weitere Defensivfigur ist der Minister bzw. der Elefant. Er ist in etwa mit dem europäischen Läufer zu vergleichen. Diese Spielsteine dürfen den Palast betreten. Auch hier unterscheidet man zwischen Minister und Elefant. Wechselt man die Spielseiten ist es bei den ersten Spielen noch äußerst ungewohnt, auf einmal völlig neue Spielsteine vor sich zu haben. Dies ändert sich aber mit der Übung und dem wiederholten Spielen.
Im chinesischen Schach kennt man ebenfalls die "Pferde"-Spielfigur. Es läuft entweder einen Schritt vertikal oder horizontal, anschließend einen diagonalen Schritt. Das Pendant zum europäischen Turm ist im chinesischen Schach der Wagen. Man kann mit dem Wagen beliebig weit waagerecht oder senkrecht ziehen.
Eine interessante chinesische Erfindung ist der Kanone. Sie hat ein ähnliches Bewegungsmuster wie der Wagen. Mit der Kanone kann man über andere Spielsteine springen bzw. den gegnerischen Spielstein abschießen. Die Soldaten sind mit dem europäischen Spielstein des Bauern vergleichbar.
Letzten Endes bleibt Interessierten nichts anderes übrig, als häufig zu spielen. Übung macht den Meister. Im Internet lassen sich viele Apps finden. Sogar Handy-Apps sind verfügbar, zum Teil auch in Englisch oder Deutscher Sprache (oder Chinesisch).
Die Regeln des chinesischen Schachs ähneln den europäischen. Mit einigen Kenntnissen der chinesischen Schriftzeichen und Anfängerwissen über europäisches Schach können Sie nach einigen Versuchen schon erste Erfolge feiern. Außerdem erwirbt man durch dieses Spiel ein besseres Verständnis der chinesischen Kultur.
Für Interessierte empfehle ich das Buch "Xiangqi. Regeln und Taktik des chinesischen Schachs" von Dieter Zeiten aus dem Jahr 2010 (Hefei Huang Verlag GmbH).