Bei den Stichworten „China“ und „Sonderverwaltungszone“ denkt man sofort an Hongkong. Aber es gibt ja noch eine zweite politsch und wirtschaftlich autonome Stadt der Volksrepublik China: Macau.
Über Hongkong ist man als China-Reisender meistens ganz gut informiert: andere Währung, kein Visum, sehr britisch. Aber was ist mit Macau? Und schreibt man das eigentlich mit einem U oder einem O am Ende? Zumindest die zweite Frage lässt sich einfach beantworten: Macao, mit einem O am Ende ist die britische Schreibweise. Mit einem U am Ende ist es portugiesisch. Wie schon der Name zeigt, ist man sich auf dieser Insel gerne uneinig: Die Bewohner bezeichnen sich entweder als Macaner, Macanesen oder als Macauer und sprechen Portugiesisch, Hochchinesisch, Kantonesisch, Englisch und ein paar Wenige noch die eigene Sprache Patuá. Weitere Hardfacts: Gegründet wurde Macau von Portugiesen im 16. Jahrhundert als Handels- und Missionsstadt. Damals waren das noch zwei voneinander getrennte Inseln, die inzwischen aber durch Landaufschüttungen zusammengewachsen sind.
Die meisten Touristen die Macau besuchen, sind sich immerhin bei dem Grund ihrer Reise einig: das Glücksspiel. Macau wird nicht umsonst als das Las Vegas Asiens bezeichnet. Tatsächlich läuft es der amerikanischen Stadt sogar den Rang ab und hat inzwischen weltweit bei den Wettspieleinnahmen den ersten Platz erobert. Und so sieht man während eines Spaziergangs sehr viele Casinos, die mit der Auffälligkeit und dem Protz ihres Baus um die Aufmerksamkeit der Touristen wetteifern. Grand Lisboa, Venetian, City of Dreams, MGM oder Wynn sind die verheissungsvollen Namen. Für welches man sich für seinen Versuch am Spieltisch oder für den Besuch der Shows entscheidet, wird am besten mit einer kleinen Recherche der einzelnen Websites geplant.
Viele europäische Touristen reisen während ihres Aufenthalts in Hongkong für ein oder zwei Tage lang nach Macau. Chinesen kommen dafür auch von weiter her, da, wie gesagt, Macau das asiatische Glücksspiel-Paradies ist. Wer es gerne luxuriös mag, fliegt von Hongkong aus mit dem Helikopter nach Macau. Alle anderen nehmen die Fähre: Die fährt halbstündlich von den Terminals in Kowloon, Hongkong Island und Hongkong Airport. Die Fahrt dauert ca. eine Stunde, man sitzt angeschnallt auf festen Sitzplätzen.
Draußen an der Rehling stehen ist leider nicht erlaubt und vermutlich würde auch kaum ein Chinese auf diese Idee kommen. Von denen wird fast die Hälfte während dieser Überfahrt nämlich ernsthaft seekrank und beugt sich über die Spuckbeutel. Für Macau braucht man als Deutscher kein Visum, wenn man weniger als 90 Tage bleiben möchte. Man muss bei Ein- und Ausreise nur ein Formular ausfüllen, das einem dort ausgehändigt wird. In Macau mangelt es kaum an Hotel- und Übernachtungsmöglichkeiten über sämtliche Preisklassen hinweg. Es lohnt sich, ein paar Tage vorweg auf Hotelseiten im Internet die Preise zu vergleichen. Mit ein wenig Glück übernachtet man dann zu einem sehr günstigen Preis in einem der schickeren Hotels.
Macau kann man in ein bis zwei Tagen entdecken. Aber je nach Budget und verfügbarer Zeit wird es auch bei einem längeren Aufenthalt nicht langweilig. Direkt nach der Ankunft steht der obligatorische Stadtrundgang an. In vielen Hotels liegen Stadtpläne aus und auf Nachfrage werden auch Spaziergangsrouten vorgeschlagen. Spaziergang ist ein wichtiges Stichwort: Macau ist sehr klein, man kann fast alles zu Fuß erreichen. Nur zu ein paar Golfplätzen, abgelegenen Badestränden oder dem Macau Tower sollte man ein Taxi oder den Bus nehmen. Bei diesem ersten Rundgang kommt man schon an den wichtigsten Sehenswürdigkeiten und unweigerlich auch an den überfüllten Shoppingstraßen vorbei.
Die schönste Sehenswürdigkeit ist eigentlich das Flair von Macau selbst. Vieles von der portugiesisch geprägten Architektur und Bauweise ist erhalten und so sehen die kleinen Straßen und Gässchen tatsächlich aus wie eine mediterrane südeuropäische Kleinstadt. Hauswände in Orange oder Gelb, verschnörkelter Stuck an den Wänden, türkise Mauern, Mosaike aus bunten Steinen in Höfen und auf Straßen und Kacheln mit blauen Mustern an Wänden und Treppen.
Die Altstadt liegt auf der nördlichen Insel, an der auch die Fähren anlegen. Zu den Sehenswürdigkeiten zählen hier das alte Rathaus, der Platz Largo de Senado, ein paar Kirchen, die Ruine und Fassade der Sao Paulo-Kirche sowie diverse kleine Museen. Etwas weiter nördlich von der Altstadt befindet sich der Jardin de Lou, ein traditioneller chinesischer Garten sowie der Flora-Garten. Von dort aus kommt man auf den Guía-Hügel, die höchste Erhebung Macaus. Wiederum noch ein Stückchen weiter nördlich befindet sich der schöne Kun-lam-Tempel. Auf dem südlichsten Zipfel der Hauptinsel befindet sich eigentlich nur eine Sehenswürdigkeit: der Macau-Tower. Wer auf seiner Reise schon auf vielen Türmen und hoch liegenden Aussichtsplattformen gewesen ist, kann sich dieses Eintrittsgeld gut sparen. Wer aber einen Cocktail mit großartiger Aussicht genießen oder immer schon mal kopfüber an ein einem Bungee-Jumping-Seil baumeln wollte, für den ist dieser Tower eine Besichtigung wert.
Wenn der Kopf von Bungee-Sprüngen, Shopping-Touren und Menschenmassen schwirrt, flüchtet man sich an einen von Macaus Stränden. Die liegen in auf der südlichen Insel Coloane, auf der es generell etwas weniger trubelig zugeht. Die hohen Preise der Luxushotels und Golfressorts halten die Touristenmassen von hier zurück. Statt Glücksspiel gibt es hier Wanderwege und eben zwei Badestrände. Doch auch hier gilt: Wer schon länger durch Asien reist und vielleicht die Traumstrände Thailands kennt, den verblüffen diese kleinen Stadtstrände nicht mehr. Richtig voll wird es in Macau, wenn eines der Rennen des Macau Grand Prix stattfindet. Wen Formel 3, Tourenwagen oder Motorräder interessieren und wer zu dem richtigen Zeitpunkt vor Ort ist, sollte sich diese Chance natürlich nicht entgehen lassen und zum Guila Circuit pilgern.
Es gibt natürlich Restaurants und Landesküchen aller Art auf Macau aber es lohnt sich, traditionell portugiesisch essen zu gehen. Denn obwohl die portugiesischen Kolonialherren schon vor langer Zeit abgereist sind, wird immer noch nach deren Art gekocht. Wer also ein bisschen sucht, findet tolle kleine Fischrestaurants und Tapas-Bars. Auch abendliches Cocktailtrinken ist kein Problem. Angefangen von kleinen Kneipen in der Altstadt über die Bars in den Casinos oder dem Tower ist alles vorhanden. Für zwischendurch empfehlen sich die kleinen Cafés, in denen kühle Getränke, Kaffee und die portugiesischen Natas verkauft werden. Das sind runde Süßspeisen aus Blätterteig, die mit vanilligem Pudding gefüllt werden. Genau das Richtige um den Zuckerhaushalt bei längeren Stadtbummeln wieder nach oben zu treiben.
Wenn es für Süßes zu heiß oder einem generell nicht der Sinn nach so etwas steht, bieten sich die vielen Saftbars an. Dort wird frischer Saft aus allen erdenklichen Früchten gepresst, püriert und verkauft. Zwar sprechen die dort arbeitenden Frauen in den seltensten Fällen Englisch, aber mit Zeichen- und Fingersprache ist es zu dem gewünschten Fruchtcocktail zu schaffen. Für den der sich in Hongkong aufhält ist es also durchaus eine gute Idee, auch einen Abstecher in die zweite Sonderverwaltugnszone zu wagen. Und für Europäer, die schon länger auf Reisen sind und sich nach ein bisschen Heimatgefühl in der asiatischen Welt sehnen,wird sich der Besuch von Macau besonders lohnen.