Nicht viele ausländische Touristen verschlägt es nach Hongkou in Shanghai. Doch der nordöstlich der Innenstadt gelegene Distrikt hat viele schöne und außergewöhnliche Ecken zu bieten, die einen Abstecher wert sind. Hier wollen wir uns dem Lu Xun Park widmen, einem der schönsten Parks Shanghais.
Nur wenige Gehminuten trennen den Lu Xun Park von der Metro-Station „Hongkou Football Stadium“. Von dort geht es über die von Bäumen gesäumte Sichuan Bei Lu Richtung Haupttor. Schon beim Hineingehen schlägt einem ein Gewirr von Musik, Gesang und angeregten Unterhaltungen entgegen, welches von den unzähligen Gruppen herrührt, die sich jeden Tag im Park einfinden. Man trifft auf Tanzgruppen, die zu chinesischer oder westlicher Musik in den unterschiedlichsten Stilen tanzen. Besonders auffällig sind hier Grüppchen von Damen mittleren Alters, die synchron einfache Tanzschritte nachtanzen.
Auch große Gesangsgruppen gibt es, begleitet von „Dirigenten“ und Bands, die mit kleinen Rhythmusinstrumenten und Mundharmonika den Takt vorgeben; Text und Noten hängen gut sichtbar an einer Tafel oder liegen an der Seite aus, so dass jeder mit einstimmen kann. Die meisten können jedoch vom Fleck weg die chinesischen Schlager mitsingen. Auch kleine Grüppchen, bei denen mal mehr, mal weniger begabte Solisten alte Lieder schmettern, sind zahlreich. Viele üben auch die chinesische Kampfkunst Taijiquan (Tai-Chi), besonders schön anzusehen mit Fächer oder Schwert.
Dass die meisten dieser Parkbesucher Rentner sind, scheint vielleicht zunächst überraschend. Chinesen legen jedoch auch im hohen Alter noch sehr viel Wert darauf, aktiv zu sein und nicht nur zu Hause zu sitzen. So finden sich hier auch viele, die ihr mitgebrachtes Frühstück oder Mittagessen einnehmen und das Treiben einfach nur von einer Parkbank aus beobachten oder sich unterhalten. Einige verbringen den Tag auch mit ihren Enkeln, schlendern mit ihnen durch den Park oder lassen Drachen steigen. Auch dies natürlich mit entsprechender „Wegzehrung“.
Wer nach all diesen Eindrücken bereits nach etwas Abwechslung verlangt, der begibt sich zu der großen Rasenfläche, die man nach Betreten des Lu Xun Parks auf der rechten Seite erblickt. Gegenüber dieser befindet sich das kleine aber feine Lu Xun Museum. Hier kommen besonders Literaturinteressierte auf ihre Kosten, denn dieses ist Lu Xun, dem 1936 verstorbenen Namensgeber des Parks und einem der bekanntesten modernen Schriftsteller Chinas, gewidmet.
Geht man weiter in den Lu Xun Park hinein, gelangt man nach kurzer Zeit zu einem schönen Teehaus im traditionellen Stil. Auf dessen Terrasse nahe dem Fluss geht es nun ebenso traditionell zu: Häufig versammeln sich hier Spieler der chinesischen zwei-saitigen Geige, genannt Erhu, um gemeinsam auf ihren Instrumenten zu üben oder Sänger klassischer Lieder zu begleiten. Auf einer kleinen Anhöhe links davor findet man zudem einen netten Pavillon und eine Statue von Lu Xun. Die relative Ruhe dort oben nutzen einige für eine Partie Majiang (Mahjong), zu der sich gerne Schaulustige einfinden.
Hat man sich hieran nun satt gesehen, führt der schönste Weg weiter über die Brücke rechts vom Teehaus. In einem waldigeren Parkabschnitt passiert man nun Rentner die Klimmzüge an Ästen machen, ihren Rücken an Baumstämmen massieren oder ihre Vogelkäfige in die Bäume hängen, damit auch die Tiere einmal aus der Wohnung kommen und sich mit Artgenossen unterhalten können.
Weiter geht es nach Norden zum zentralen See des Parks, rund um den Parkbänke zum Verweilen einladen. Wenn Sie sich übrigens jetzt fragen, woher die leise, schlafliedähnliche Musik kommt, achten Sie einmal genau auf die Steine am Wegesrand: Manche von ihnen sind getarnte Lautsprecher, zu erkennen an den kleinen Löchern vorne. Besonders beliebt sind bei der Parkleitung offensichtlich Interpretationen westlicher Oldies, so wird man etwa vom Titellied von „Der Pate“ oder vom Simon and Garfunkel-Klassiker „The Sound of Silence“ eingelullt.
Wird der See anschließend auf der rechten Seite umrundet, erblickt man an seinem nördlichen Ufer irgendwann einen moderneren Pavillon, dessen Terrasse in den See hinausragt. Hier treffen sich die meisten zum gemütlichen Plausch, Besucher sollten jedoch auch Ausschau nach älteren Herren halten, die oft am Rande des Gebäudes mit Wasser und einem großen Tuschepinsel auf dem Asphalt Kalligraphie üben.
Bevor wir den Rückweg einschlagen, lohnt sich noch ein Abstecher in die von Bäumen und Bambushalmen bewachsene Hügellandschaft. Diese bildet das nördliche Ende des Parks, zieht sich jedoch auch noch etwas an der westlichen Seite des Sees vorbei. Mit ihren zahlreichen gewundenen Wegen, Treppchen, Plateaus und Pavillons bietet sie Vieles zu entdecken. So fällt der Blick möglicherweise auf einen Musiker, der alleine zwischen den Bäumen die Ruhe zum Üben findet oder auf eine Gruppe, die auf einem Absatz ein Musikstück einstudiert.
Zu guter Letzt geht es auf der westlichen Seite des Parks zurück zum Haupttor im Süden. Hierzu hält man sich zunächst am besten an den Verlauf des Flussufers, vorbei an weiteren Musikern, Tänzern, Sportlern und Kalligraphen. Etwa auf halbem Weg taucht auf rechter Seite das Stadion auf, welches Besucher bei Ihrer Ankunft mit der Metro schon gesehen haben dürften. Ein Weg rechts von der Straße vor dem Stadion führt nun zum Grab Lu Xuns, welcher hier mit einer weiteren Skulptur verewigt ist. Zurück auf der Hauptstraße ist es dann nicht mehr weit bis zum Teehaus von vorhin.
Wenn Sie nun noch nicht genug haben, sehen Sie sich doch einfach noch etwas im Park um, hier wird es Ihnen sicher so schnell nicht langweilig!
Zum Schluss noch ein letzter Tipp: Gehen Sie am besten möglichst früh in den Park, dann sind dort die meisten Gruppen anzutreffen. Im Sommer ist der Park aber in der Regel durchgehend dicht bevölkert.
Von der unterirdischen Linie 8 erreichen Sie über Ausgang 1 die Sichuan Bei Lu (North Sichuan Road), welche zum Haupttor des Parks führt (vom Kopf der Treppe aus gesehen geradeaus). Von der oberirdischen Linie 3 aus verlassen sie die Station über Ausgang 2, gehen die Treppe vor dem Stadion hinunter und biegen links ab. An der nahegelegenen Kreuzung treffen Sie nun linker Hand ebenfalls auf die Sichuan Bei Lu. Dieser folgen Sie in beiden Fällen auf der linken Straßenseite ca. 3-5 Minuten bis zu einem Kreisverkehr. Wenden Sie sich nun nach links, stehen Sie vor dem Eingangstor des Parks.
Lu Xun Park鲁迅公园
2288 North Sichuan Road, Hongkou, Shanghai
四川北路2288号,虹口区,上海
April bis Juni: täglich 5:00 – 18:00 Uhr
Juli bis September: täglich 5:00 – 19:00 Uhr
Oktober bis März: täglich 6:00 – 18:00 Uhr
Eintritt frei
Lu Xun Museum 鲁迅纪念馆
Das Museum befindet sich im Park und ist dort mit Wegweisern ausgeschildert.
Täglich 9:00 – 17:00 Uhr (letzter Einlass 16:00 Uhr)
Eintritt frei (links vor dem Museum befindet sich ein Ticket-Häuschen, an dem Sie sich Gratis-Tickets abholen können)
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