Kleine Steine pflastern die Pfade entlang des Gartens, während die unterschiedlichsten Bäume gemeinsam mit Felsen und Hügeln an den Seiten angeordnet sind. Es wirkt wie eine genaue Abbildung von chinesischer Natur. Am Ende des Pfades ist ein kreisrunder Durchgang, der in einen Pavillon führt. Man kann von Weitem nur ungefähr erahnen, was sich dahinter verbirgt. Denn es ist, als würde man durch eine Linse in die nächste Szenerie schauen.
In Suzhou gibt es unzählige Möglichkeiten etwas zu erleben und bietet für jeden Geschmack die richtige Beschäftigung. Was man aber auf jeden Fall gemacht haben muss, ist der Besuch eines der berühmten Gärten in der Stadt. Suzhou ist die Geburtsstätte der chinesischen Gartenbaukunst und beherbergt über Hundert verschiedene Kunstwerke. Leider kann man davon nur zehn als Tourist besuchen. Der frühste Garten wurde im 11. Jahrhundert gebaut und durch Elemente der Teiche, Bäume, Blumen, Hügel und Felsen gestaltet. Darüber hinaus werden diese Landschaften mit typisch, chinesischen Hallen, Pavillons und Brücken ausgestattet, die ich persönlich am schönsten finde. Gerade das Zusammenspiel von Natur und Architektur macht die Gärten Suzhous zu einer wundervollen Erfahrung.
Suzhou bietet in dieser Hinsicht sehr viele Möglichkeiten, die in einem anderen Artikel bereits herausgestellt worden waren. Ich möchte an dieser Stelle aber einen anderen Garten vorstellen - den Lotus Garten oder auch Ouyuan (耦园) genannt. Es mag auf den ersten Blick seltsam erscheinen, warum ein klassischer Garten solch einen Namen trägt. Ouyuan erzählt die Geschichte von Shen Bingcheng und seiner Frau. Er war ein Magistrat, der diesen Garten im in der Qing-Dynastie (1644-1911) erbauen ließ. Nachdem er seine Ämter niedergelegt hatte, führte er ein zurückgezogenes Leben mit seiner Frau, weswegen die Szenerie gemeinsame Interessen der beiden zeigt.
Dieser Garten steht seit 2000 auf der Liste des UNESCO Weltkulturerbes und beinhaltet alle berühmten Komponenten eines klassischen Suzhou Gartens. Er ist besonders gut für diejenigen geeignet, die sich kleinere Gärten ohne großen Menschenandrang ansehen möchten. Mit einem Preis von 20 RMB (ca. 2,50€) gehört er auch zu den günstigeren Alternativen der Stadt. Ouyan befindet sich auf der Ping Jiang Straße (平江路) und liegt damit östlich des Zentrums.
Der Garten wird auch des Öfteren Lotus Garten genannt, da unzählige dieser Blumen dort zu bewundern sind. Darüber hinaus wurden Lotusblüten immer mit Liebesbeziehungen in Verbindung gebracht, da ein chinesisches Sprichwort besagt, dass die Wurzeln der Pflanzen genauso schwer zu trennen sind wie Paare. Bis heute gehen auch vorrangig Paare zu diesem Garten, um gemeinsam die Interessen von Shen Bingcheng und seiner Frau zu erkunden.
Die Mitte des Gartens besteht aus einer großen Mansion und kleinen Häusern, während sowohl im Westen als auch im Osten jeweils ein Garten angesiedelt ist. Die wichtigsten Aspekte der Besichtigung sollte immer der künstliche Felsen aus Kalkstein und die sogenannte "Strohhütte im Stadtmauerwinkel" (Chengqu Caotang, 城曲草堂) sein. Letzteres ist der Ort, an dem der Hausherr seine Gäste empfangen hat und befindet sich direkt vor dem menschengemachten Felsen.
Die Mansion ist den klassischen Gebäuden dieser Art sehr ähnlich. Es besteht aus vier Terrassen, die jeweils einen Gästebereich, eine Haupthalle und eine Lobby besitzen. Links und Rechts dieser Mansion wurden zusätzlich die privaten Gemächer des Hausherrn errichtet, die einen tollen Ausblick auf die Gärten bieten.
Im Osten findet man den Shuangzhao Turm, der mit vielen schönen Pavillons und Türmen verbunden ist, wie zum Beispiel dem Wangyue (望月) Pavillon, dem Wu’ai (五爱) Pavillon und dem Tingyan Turm.
Im Westen befindet sich die einstige Bibliothek des Paares sowie das Hauptgebäude, welches von Felsen und Steinen umgeben ist. Die gesamte Szenerie gemeinsam mit den Blumengärten symbolisieren den Rückzug des Paares in die Abgeschiedenheit. Es zeigt ihre Flucht in die Wälder und Gebirge sowie die Zeit, die sie gemeinsam mit Lesen und Arbeiten verbracht haben.
Da Suzhou ein mildes und feuchtes Klima aufweist, ist der Garten das ganze Jahr über geöffnet und zu besichtigen. Ich würde jedoch die Monate vom April und Mai sowie September und Oktober am meisten empfehlen, da da die Landschaft am besten rauskommt. Ich für meinen Teil habe Suzhou im Juni besucht und hatte Probleme mit der extremen, schwülen Hitze. Im Laufe der Besichtigung kann man kostenlose Performances des Pingtan (评弹) ansehen. Das ist klassische, chinesische Musik, die mit dem Geschichtenerzählen kombiniert wird.
Der Garten ist beinahe komplett von Kanälen umgeben, sodass auch die Möglichkeit besteht mithilfe einer Bootsfahrt zurück zum Haupteingang zu gelangen.
Amüsant fand ich auf meiner Reise die Beschilderung, die es in jedem Garten Chinas gibt. Auf diesen wird zumeist darauf hingewiesen, dass man sich während des Aufenthalts vorsichtig und umsichtig verhalten sollte. Das ist im Grunde eine gute Maßnahme, wenn auf den Schildern nicht so Selbstverständlichkeiten stehen würden, wie: Schau dich nicht um, wenn du gehst und bleib stehen, wenn du die Landschaft bewundern möchtest. Da könnte man sich schon unterschätzt fühlen.
Insgesamt kann ich die klassischen Gärten Suzhous nur empfehlen. Insbesondere der Ouyuan ist eine wirklich tolle Alternative, wenn man die großen Touristenmassen umgehen will. Die Gärten sind zwar weitläufig, aber sehr gepflegt und beherbergen sogar unterschiedliche Tiere. In einem der Gärten habe ich auch kleine Schildkröten gesehen, die sich in der Sonne gewärmt haben. Da der Lotus Garten etwas ruhiger ist, hat man dort die perfekte Gelegenheit die Szenerie zu fotografieren und sich ein wenig zu entspannen.