Die südwestchinesische Provinz Sichuan 四川 („Vier Flüsse“) ist vor allem als die „Heimat der Pandabären“ bekannt. Aber auch landschaftlich und kulturell hat Sichuan viel zu bieten. Die Provinz gilt als Geheimtipp für ihre einzigartigen Naturlandschaften und Kulturdenkmäler. Sechs der insgesamt zehn Stätten gehören zum UNESCO-Welterbe.
Der Große Buddha von Leshan 乐山大佛 ist die weltgrößte Steinskulptur eines Buddha. Die in Stein gehauene Skulptur misst eine Gesamthöhe von 71 Metern. Sie befindet sich am Zusammenfluss der Flüsse Min, Dadu und Qinyi im südlichen Teil Sichuans nahe der Millionenmetropole Leshan („Berg der Freude“).
Im Jahr 713 der Tang Dynastie regte der Mönch Haitong aus Guizhou den Bau des gigantischen Buddha an, um die unruhigen Flüsse zu bändigen. Die Skulptur stellt den sitzenden Maitreya, den „Buddha der Zukunft“ dar. Sein Blick ist auf den heiligen buddhistischen Berg Emei Shan gerichtet. Der bereits über 1200 Jahre alte Buddha zählt seit dem Jahr 1996 zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Der Emei Shan 峨眉山 („Emporragender Augenbrauenberg“) gehört zu den vier heiligen Bergen des Buddhismus und beherbergt zahlreiche Tempel. Der eher ungewöhnliche Name ist auf die längliche Form des Bergrückens zurückzuführen. Der Emei Shan gehört seit dem Jahr 1996 zum UNESCO-Weltkulturerbe und befindet sich etwa 130 Kilometer südwestlich von der Provinzhauptstadt Chengdu 成都 entfernt.
Wer den Aufstieg auf den ca. 3000 Meter hohen Gipfel Jin Ding („Goldgipfel“) auf sich nimmt, wird mit einem gigantischen Ausblick belohnt. Man nimmt an, dass sich Samantabhadra, der Schutzpatron der Meditierenden, auf dem Berg aufhält. Aus diesem Grund wurde auf dessen „Goldgipfel“ eine 48 Meter hohe goldene Statue für ihn errichtet.
Das Wolong-Naturresevat befindet sich nahe der Großgemeinde Wolong 卧龙 im Kreis Wenchuan 汶川 im westlichen Teil von Sichuan. Es ist ein Schutzgebiet, das sich auf einer Gesamtfläche von über 2000 Quadratkilometern Bergwald erstreckt. Es wurde insbesondere zum Schutz der Großen Pandabären eingerichtet.
Hier leben insgesamt zehn Prozent der noch wildlebenden Großen Pandabären. Auch andere Tiere wie der Schneeleopard, die Asiatische Goldkatze und der Kleine Pandabär sind hier beheimatet. In der Großgemeinde Wolong befindet sich ebenfalls das China Wolong Riesenpanda-Museum sowie eine Forschungs- und Zuchtstation für die Großen Pandabären. In der Zuchtstation wurden bis heute etwa 100 Jungtiere geboren.
Etwa 400 Kilometer nördlich von Chengdu im Nordosten von Sichuan befindet sich das Naturschutzgebiet Jiuzhaigou 九寨沟 („Tal der neun Dörfer“). Seit 1992 ist es Teil des UNESCO-Weltnaturerbes. Der Name bezieht sich auf die neun tibetischen Dörfer, die sich auf diesem Gebiet befinden und von Mitgliedern der Qiang-Minderheit 羌族 bewohnt werden.
Das Naturschutzgebiet ist insbesondere für seine einzigartige Landschaft mit zahlreichen Bergen, kristallklaren Seen und Wasserfällen berühmt. Auch seltene Säugetiere, wie der kleine oder große Pandabär, der Goldstumpfnasenaffe sowie zahlreiche Vogelarten sind hier heimisch.
Der Nationalpark Huanglong 黄龙 („Gelber Drache“) befindet sich ca. 60 Kilometer südlich des Nationalparks Jiuzhaigou im Bezirk Songpan 松潘. Der Name „Gelber Drache“ bezieht sich vermutlich auf die Kalkablagerungen der Kalkterrassen, die in der Sonne Gold glänzen und sich wie ein Drache vom Berg bis ins Tal ziehen.
Der Eingang zum Nationalpark befindet sich im Tal der umgebenden alpinen Landschaft. Ein hölzern ausgebauter Weg führt links und rechts an den grünlich-türkis leuchtenden kristallklaren „Pools“ den Berg hinauf. Auch per Seilbahn lässt sich der fast 3500 Meter hohe Gipfel erreichen. Es lohnt sich jedoch den Weg nach oben zu Fuß zu beschreiten, da die mit Wasserfällen und Tempeln gesäumte Landschaft einmalig schön ist. Der Nationalpark Huanglong zählt seit 1992 zum UNESCO-Weltnaturerbe.
Der malerische Ort Langmusi 郎木寺 liegt auf einer Höhe von etwa 3500 Metern in den östlichen Ausläufern des Himalaya im Norden von Sichuan. Er hat etwa 4000 Einwohner und wird hauptsächlich von Tibetern und den Hui 回, der größten muslimischen Minderheit Chinas bewohnt. Die Provinzgrenze verläuft durch das Zentrum des Ortes und teilt ihn zwischen den Provinzen Gansu und Sichuan. Der Ort ist bekannt für seine zwei tibetischen Klöster sowie eine islamische Moschee, die Einblicke in beide Religionen und Kulturen bieten.
Das Kirti Kloster 格尔底寺 befindet sich auf der südlichen Seite von Langmusi in der Großgemeinde Ngawa der Provinz Sichuan. Es wurde im Jahr 1870 von den Mönchen des Lhamo Kirti Klosters in Zoigê gegründet. Es ist das größere und eindrucksvollere der beiden Klöstern und beherbergt derzeit etwa 700 Mönche.
Das Sertri Kloster 赛赤寺 liegt im nördlichen Teil von Langmusi in der Provinz Gansu und wird von etwa 350 Mönchen bewohnt. Sehr auffällig sind die goldenen Dächer der prächtigen Klosterbauten. Das Kloster wurde im Jahr 1748 gegründet. Es ist bekannt dafür, dass hier noch die traditionellen tibetischen „Himmelsbestattungen“ durchgeführt werden.
Obwohl beide Klöster zur Gelug-Schule, der jüngsten der vier Hauptschulen des tibetischen Buddhismus gehören, führten sie lange Zeit einen Kampf um die Vorherrschaft der umliegenden Nomadengebiete. Dies ist wohl einer der Gründe, warum der Grenzverlauf zwischen den Provinzen Gansu und Sichuan heute genau durch die Mitte des Ortes Langmusi verläuft.
Die Stadt Dujiangyan 都江堰 liegt im westlichen Teil Sichuans, wo sich der Min Fluss aus der Bergregion in die Ebene von Chengdu ergießt. Das antike Wasserregulierungssystem Dujiangyan, welches seit über 2300 Jahren den Min Fluss reguliert, befindet sich unweit der Stadt Dujiangyan, umgeben von einer atemberaubenden Naturkulisse aus Bergen, Wäldern und historischen Bauten.
Die Anlage wurde unter dem Qin-Verwalter Li Bing 李冰 (3. Jh. v. Chr.) erbaut und bewässert heute etwa 600.000 Hektar Land im gesamten Sichuan-Becken. Bei Überschwemmungen wird das Wasser über eine Überlaufrinne in den äußeren Min Fluss umgeleitet. Seit dem Jahr 2000 gehört die Anlage zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Das Sanxingdui Museum 三星堆博物馆 befindet sich etwa 40 Kilometer nordöstlich von Chengdu in der Stadt Guanghan 广汉 und wurde erst im Jahr 1997 eröffnet. Das Museum ist nach der Ausgrabungsstätte Sanxingdui, der früheren Hauptstadt des alten Shu-Staates im shang- und zhouzeitlichen China benannt. Ausgestellt sind zahlreiche, bis zu 4500 Jahre alte kulturelle Relikte, darunter große Bronzemasken und -köpfe, Keramik sowie zahlreiche Objekte aus Jade.
Herausragend sind vor allem die Bronzeobjekte, die sich in Material und Symbolik wesentlich von bisherigen Objekten aus Zentralchina unterscheiden. Denn sie wurden mithilfe einer bereits erstaunlich weit entwickelten Bronzeguss-Technik hergestellt.
Der Qingcheng Shan 青城山 („Berg der grünen Stadt“) liegt etwa 15 Kilometer südöstlich von der Stadt Dujiangyan im Westen von Sichuan. Er beherbergt zahlreiche daoistische Tempelbauten. Die wörtliche Bedeutung „Grüne Stadt“ steht für die vielen immergrünen Bäume. Denn sie umgibt die Tempel und Sehenswürdigkeiten des Berges wie eine Art Stadtmauer.
Der Berg ist ein sehr bedeutungsvoller Ort für den Daoismus, da er als einer der Entstehungsorte dieser philosophischen Denkrichtung und Religion gilt. Der „Himmelsmeister“ Zhang Daoling 张道陵 soll hier den Daoismus entscheidend geprägt und einst im Tempel Changdao Guan 常道觀 („Tempel des ewigen Weges“) auf dem Qingcheng Shan praktiziert haben. Der Tempel ist auch unter dem Namen Himmelsmeister-Grotte 天师洞 bekannt und steht in der Tradition des Quanzhen-Daoismus 全真道 („Vollkommene Wirklichkeit“).