Letzten Samstag fanden sich rund 80 Personen in der Bucerius Law School in Hamburg ein, um sich über die aktuellen Entwicklungen einer der größten Wirtschaftsnationen zu informieren. Das Motto: New World Order - Wie China die Welt verändert. Im Rahmen der China Time wurde einer der führenden deutschen Chinaexperten für einen Vortrag eingeladen – Frank Sieren.
Die Veranstaltung wurde durch die Gesellschaft für Deutsch- Chinesische Verständigung (GDCV) und die Chinesisch-Deutsche Gesellschaft Hamburg (ChDG) organisiert. Beide Vereine sind bemüht die Verständigung zwischen Deutschen und Chinesen zu fördern. Dies geschieht beispielsweise durch die Organisation von Veranstaltungen in den Bereichen Kunst, Musik, Kultur, Bildung und Medien.
China hat sich in den letzten Jahren rasant verändert. Unablässig strömen neue Informationen aus dem Reich der Mitte nach Europa. Auch wenn immer noch Entwicklungsbedarf besteht, ist es dem Fortschritt in China gelungen, Deutschland in vielen Bereichen zu überholen.
Was sind die Unterschiede zwischen China und Deutschland? Wie können wir von den Chinesen lernen? Und wieso bestehen diese Unterschiede überhaupt?
Diese und weitere Fragen beantwortete Frank Sieren am Samstag in seinem Vortrag.
Frank Sieren thematisierte in seinem Beitrag die zunehmende Wandlung Chinas am Beispiel einiger wirtschaftlicher und kultureller Aspekte.
Viele Prozesse laufen in China wesentlich schneller ab als bei uns in Deutschland. Es kann nicht sein, dass wir Jahrzehnte für den Bau von Flughäfen brauchen, so Sieren. In China braucht es im Schnitt drei Tage bis eine Baustelle abgeschlossen ist. Wenn man dann eine frische Fahrbahn benutzt, klebt vielleicht noch Teer an den Reifen, aber es hat nur drei Tage bis zur Fertigstellung gedauert.
Einer der Gründe weswegen wir in Deutschland oft langsamer agieren, ist unser Denkweise. Die Deutschen sind viel fokussierter auf das Individuum als die Chinesen. Hierzulande definiert man sich intensiv über Hobbys oder Werte, doch das Gemeinschaftsgefühl ist oftmals schwächer ausgeprägt.
Wenn in China eine Autobahn gebaut wird und ein Haus dieser Autobahn im Weg steht, muss der Hausbesitzer umziehen. Wenn ein Chinese gegen den Bau einer Autobahn durch sein Grundstück protestiert, geht es nicht darum, den Bau der Autobahn zu verhindern. Vielmehr soll eine möglichst lohnende Abfindung vom Staat ausgehandelt werden. Der Eigentümer ist sich im Klaren darüber, dass es für die Allgemeinheit besser ist, die Autobahn zu bauen. Daher ist er in der Regel bereit, aus seinem Haus zu ziehen – nur eben zu einem möglichst guten Preis.
Auch die mangelnde Internet- und Funkverbindung in Deutschland wurde von Sieren angesprochen. Wie oft passiert es, dass während einer ICE-Fahrt von Hamburg nach München plötzlich das Netz weg ist? Ständig. Wenn man in Deutschland lebt, dann gewöhnt man sich an so etwas. War man allerdings wie Frank Sieren für eine längere Zeit in Peking, fallen einem diese Dinge unangenehm auf.
China hat sich als Land weiterentwickelt. Es gibt einen Plan hinter dem Fortschritt. Diese klare Zielsetzung scheint in Deutschland häufig zu fehlen, wie der Vortrag von Sieren zeigte.
Im Anschluss zum Vortrag fand eine Podiumsdiskussion mit Fragerunde aus dem Publikum statt. Mit dabei waren Frank Sieren, Chen Ping (Botschaftsrat für Kultur der chinesischen Botschaft), Axel Neelmeier (Vorstandsvorsitzender der ChDG und Rechtsanwalt mit Fokus auf China) und Liu Guosheng (Vorstandsvorsitzender der GDCV und Inhaber von China Tours).
Die kulturelle Vielfalt war ein oft angesprochenes Thema. Herr Sieren erklärte, dass er sich viele unterschiedliche Kulturen im regelmäßigen Austausch wünschen würde – nicht ein Hollywood sondern am besten fünf verschiedene, sollte es geben.
In diesem Zusammenhang bezog er sich auch auf die Vorzüge der neuen Seidenstraße, die als Handelsroute und Alternative zu anderen Strecken, die schon jetzt existieren, gebaut wird. Sie eröffnet nicht nur Möglichkeiten für die Entstehung neuer Handelsbeziehungen, sondern schafft auch vielseitige Verbindungen zu den Ländern, die auf dieser Route liegen.
Überrascht äußerte sich Herr Ping Chen über die positive Darstellung Chinas bei diesem Vortrag, was er so nicht erwartet hatte. Er verkündete darüber hinaus, dass alle Kulturen als gleichwertig einzustufen sind und man die Erhaltung einer jeden anstreben sollte.
Herr Axel Neelmeier ging auf den ausgeprägten Einfluss des deutsche Rechtssystems ein. Für jede Eventualität gibt es Gesetze, die vorschreiben, wie man sich zu verhalten hat – was häufig zu einer Verlängerung von Prozessen führt.
Abschließend hob Herr Guosheng Liu hervor, dass die schnelle Entwicklung in China aus seiner persönlichen Erfahrung auch zu Schwierigkeiten für die chinesische Bevölkerung führen kann. Die Jüngeren kennen es nicht anders, aber für die älteren Generationen bedeutet eine rasante Entwicklung auch, dass sich ihr gewohntes Umfeld andauernd verändert.
Es folgte ein kleiner Empfang mit Wein und Brezeln. Dort hatten die Gäste noch einmal Gelegenheit mit den China-Experten im persönlichen Gespräch alle Fragen zu klären, die vielleicht noch offen waren. Ein gelungener Abschluss für einen informativen Tag.