Einen spannenden Erlebnisbericht können wir Ihnen diesmal von Nicolette Quigley vorstellen, die durch Ihre Chinarundreise mit der Tibetbahn von Xining nach Lhasa fuhr. Nicolette erzählt sehr detailliert von der Abfahrt bis zur Ankunft über ihre persönlichen Eindrücke und Erlebnisse.
Eines gleich vorweg: Die Tibetbahn ist ein Erlebnis in JEDER Hinsicht. Es beginnt schon am Bahnhof, wo man die tibetischen Menschen überall herumstehen sieht. Sie sind klein, mit dunkler Haut und schwarzem Haar. Fast vergleichbar mit südamerikanischen Ureinwohnern. Die Frauen haben zwei endlos lang geflochtene Zöpfe, in die sie Fäden einflechten und dann beide Zöpfe am Ende zu einem Zopf zusammenfassen. Der Zopf wirkt aber noch länger, weil am Zopfende viele lange verzwirbelte Fäden baumeln.Endlich trifft der Zug ein. Uns wird gesagt, unsere Koffer würden uns gebracht und dann in einem separaten Gepäckwagen untergebracht.
Hinein in den Zug in das 1. Klasse Abteil. Es ist nur ein ganz kleines bisschen eng, insbesondere, wenn man bedenkt, dass es doch keinen Gepäckwagen gibt und es nun gilt, 4 Koffer unterzubringen. Wir sind also zu viert. Auf jeder Seite sind zwei Liegen - eine oben und eine unten. Wir schauen uns um und fragen uns angesichts der Enge und der brettharten Liegen, ob das wirklich die 1. Klasse ist. Es ist aber so. Denn die 2. Klasse hat auf jeder Seite 3 Liegen übereinander und in der Holzklasse müssen die Leute die ganze 24-stündige Reise lang in normalen Sitzen verbringen.
Ich muss wohl nicht erwähnen, dass die ununterbrochenen Aktivitäten seit Tag 1, der Schlafmangel, die Enge und die Höhenluft mit stetig abnehmender Sauerstoffmenge uns bis an die Grenze unserer Belastbarkeit bringen.
Ganz zu schweigen von den lieblichen Hocktoiletten und - glücklicherweise - eine westliche Toilette. Wer frühzeitig kein Toilettenpapier gekauft hat, den bestraft jetzt hier das Leben.
Wir machen es uns im Abteil gemütlich. Auf dem Tischchen stehen eine Vase mit 2 Plastikblumen und eine Thermoskanne mit heißem Wasser. In jedem Waggon gibt es einen Hahn, aus dem heißes Wasser kommt, mit dem man sich dann seinen Tee oder Kaffee zubereiten kann - wenn man welchen hätte.
Apropos Frühstück. Die geschmacklose Reissuppe ist gut für die Magenschleimhaut. Deshalb habe ich sie gegessen. Die kleine Dampfnudel, weil sie unverfänglich war und noch immer eine bessere Alternative als das kalte, fetttriefende Spiegelei oder das kalte Weißbrot mit überbackenem Käse. Das hört sich jetzt vielleicht etwas nörgelig an, ist aber gar nicht so gemeint. Ich fand das alles interessant, denn es ist nun einmal eine andere Kultur und solange ich irgendetwas essen kann, ist das schon in Ordnung.
Da ich nun schon beim Frühstück bin, stellt sich die Frage nach der Nachtruhe. Wie meine 3 Mitschläfer sagten, hätte ich wie ein Baby geschlafen, was wohl stimmt. Denn ich habe nichts von dem rabiaten Geschnarche der beiden Männer gehört.
Kein Wunder. Ich war FERTIG. Die Höhenveränderung hatte mir immer stärker zugesetzt. Meine Beine, die ohnehin schon die ganze Zeit schwer waren, wurden noch schwerer und dann trat wegen Sauerstoffmangels massive Kurzatmigkeit und Kopfweh ein. Also gab mir der mitreisende Arzt ein entwässerndes Mittel und ich soff immer weiter Wasser wie ein Kamel, um dann die schöne Hocktoilette zu besuchen, deren Zustand sich zusehends verschlechterte. Was mit der Westtoilette war? Die war ständig besetzt und ihr Zustand auch nicht viel besser. Streng genommen ist die Hocktoilette sogar hygienischer - vorausgesetzt man zieht feste Schuhe an und rollt die Hosenbeine hoch, um nicht mit stehendem "Wasser" in Berührung zu kommen.
Das Gute an der Tibetbahn ist, dass man viele Stunden lang durch die verschiedensten Landschaften fährt und sich dabei allmählich an die zunehmende Höhe gewöhnt.
Viele Landstriche scheinen menschenleer zu sein - man sieht nur riesige Gebirgsformationen, eiskalte Gebirgsseen und endlose Geröllfelder. Dennoch wird man durch die schiere Größe und die gewaltigen Ausmaße der Seen und Gebirge überwältigt.
Hin und wieder tauchen auch Yak-Herden mit Hirten auf, die häufig - aber nicht immer - in der Nähe von Siedlungen weiden. Yaks sind die Rinder der Tibeter mit länglichem Schädel und viel Haar, um sich vor der Kälte im Winter zu schützen.
Dann gibt es noch Schafherden mit den Hirtenhunden - den größten Hunden weltweit, die über 100 Kilo wiegen und groß wie ein Kalb sind. Die Menschen leben wahrhaftig auf dem Land wie vor Hunderten von Jahren.
In dieser Wildnis leben auch Rehe, Hasen, wilde Esel, gefährliche Wildhunde, Füchse und Wölfe.
Wir sind alle fasziniert von der überwältigenden, majestätischen Schönheit dieser Landschaft und kleben immer wieder an den Fenstern, um Fotos zu schießen. Dies allerdings nur soweit der Sauerstoffmangel es uns erlaubt. Zwar strömt aus einigen kleinen Düsen in der Wand Sauerstoff, der etwas Abhilfe schafft, doch insgesamt wurde uns der Zug als viel moderner verkauft als er eigentlich ist.
Einer der Höhepunkte der Tibetbahn ist ein Stopp auf rund 4600 m Höhe, wo wir für 5 Minuten kurz heraus dürfen. Herrlich.
Kurz vor der Ankunft in Lhasa merkt man, dass man allmählich wieder in die Zivilisation einkehrt. Leider auch daran, dass der Berg überall aufgerissen ist und verschiedenste Bodenschätze abgebaut werden.
Die Fahrt in der Tibetbahn ist definitiv ein Erlebnis, aber ich muss zugegeben, dass ich sie ungern nochmals unternehmen würde. Und wenn, dann mit ausreichend Tee und Kaffe und einem Abteil, dass ich nur für 2 Personen buchen würde. Zur Not würde ich den Preis für 4 Personen zahlen (786 Yuan (96 €) pro untere Liege und 863 Yuan (107 €) pro obere Liege in der 1. Klasse). Eine Fahrt von der gleichen Länge von 2000 km hätte im Indian Pacific in Australien ca. 650 Australische Dollar (ca. 400 €) gekostet. Und eine weitere Nacht wäre definitiv der Knock-out gewesen.
Endlich kommen wir also an und müssen um den gigantomanischen Bahnhof, der militärisch bewacht ist, unter sengender Sonne unser Gepäck noch ungefähr 1,5 km bis zum Bus tragen und ziehen. Das gibt uns neben der Erschöpfung und der Höhenluft noch den Rest.
Vom Bus aus sehen wir bald den Potala-Palast, den Winterpalast des Dalai Lama - dem höchsten Würdenträger des tibetischen Buddhismus. Der Palast erinnert an das sagenumwobenen Shangri-La, in dem Menschen abseits der Zivilisation ein glückliches Leben führen.
Uns fallen außerdem sofort eine hohe Militärpräsenz und Scharen von Menschen auf. Unser neuer Führer Jim ("Jim", weil niemand seinen endlos langen tibetischen Namen aussprechen kann) erklärt uns, dass wir zu einem guten Zeitpunkt gekommen sind und Glück hatten, überhaupt noch eine Einreiseerlaubnis zu erhalten. Denn jedes Jahr dürfen nur 200.000 Touristen in Tibet einreisen und nur 30% davon sind Westler.
Plötzlich biegt der Bus in einen dunklen Hauseingang ein und fährt auf einen Hof - unser Hotel, das ich nie im Leben alleine gefunden hätte.
Und dann - endlich kommen wir in unser wunderschönes Zimmer mit einem schönen, langen Holzzuber als Badewanne und Möbel mit vergoldetem Schnitzwerk. Alles sehr geschmackvoll und jedes Teil des Zimmer kann man auch zu einem Spottpreis erwerben. Den riesigen Fernseher z.B. für glatte 325 €. Wir können unser Glück kaum fassen, dass wir nun fast 3 Tage an diesem Ort bleiben werden.
Um die vollständigen Artikel zu lesen, besuchen Sie dazu den Blog von Nicolette.
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