Es weihnachtet sehr: Der Duft von Tannenbäumen, Spekulatius und Glühwein liegt genauso in der Luft wie ein Hauch von Beschaulichkeit, welcher so typisch ist für die kalte Jahreszeit. Aber eben nur ein Hauch, denn erstens ist es nicht so frostig, wie man es in Deutschland während der Adventszeit gewöhnt sein mag und zweitens befinden wir uns immerhin in einer Stadt, in der echte Entspannung und Gelassenheit Mangelware sind. Willkommen im vorweihnachtlichen Shanghai, willkommen auf einem der Weihnachtsmärke der Stadt.
Wer denkt, dass die christlichen Feiertage im fernen Osten kein Thema wären, irrt. Chinesen lieben Weihnachten und das nicht zuletzt wegen der Geschenke – na klar – und der bunten Weihnachtsdekoration, die zurzeit zumindest die großen Metropolen verschönert. Zwar feiern nur wenige Einheimische das Fest der Liebe tatsächlich, dennoch hinterlässt es auch im Reich der Mitte unweigerlich seine Spuren.
So lohnt es sich bei jedem Spaziergang einmal die Ohren aufzusperren. Aus allen Richtungen, aus Einkaufszentren und Restaurants gleichermaßen, weht leise – hier und da auch mal etwas lauter – Weihnachtsmusik auf die Straßen. Amerikanische Klassiker wie „Let it Snow“ erfreuen sich größter Beleibtheit. Selbst die Lautsprecher vor den allgegenwärtigen Friseursalons, aus denen normalerweise gerne laute Techno-Beats wummern, lassen nun sanftere Töne vernehmen – allerdings meistens mit zusätzlichem Bass unterlegt – alles andere wäre wohl doch zu besinnlich.
In Ladenfenstern und hinter Verkaufstheken blitzen immer wieder Weihnachtsmützen oder auch Rentiergeweihe hervor. Besonders internationale Ladenketten statten ihre Mitarbeiter mit solcherlei Arbeitskleidung aus. Vor einigen Häusern finden sich bunte Weihnachtsbäume – natürlich aus Plastik und gern mit weißen glitzernden oder blass-rosa Nadeln, die leider den Geruch echter Tannenbäume vermissen lassen.
Das ungewohnt knallige Straßenbild wird ergänzt durch ein mächtiges, vorweihnachtliches Lichtermeer. Überall blitzt und blinkt es, Herden leuchtender Rentiere jagen durch die Straßen. Riesige Spruchbänder wünschen den Passanten frohe Festtage. Schnell entsteht der Eindruck, dass die Einheimischen diese Jahreszeit eigentlich nur wegen des bunten Trubels lieben. Bunt, durchgedreht und grell – das ist es, was viele junge Chinesen der sanften Beschaulichkeit vorziehen.
Tatsächlich? Wie sieht es aus auf dem Shanghaier Weihnachtsmarkt? An einem Wochenende im Dezember kann sich hier unter echten Weihnachtsbäumen die Festtagsseele erholen. Mit der Nase dem Glühweinduft folgend, kann man in dem kleinen Areal zwischen Büdchen umherstreifen, die Würstchen, Socken und Küchengeräte anbieten. Spekulatius und Schokolade versüßen den Aufenthalt. Fast könnte man meinen, dass dies nur eine Weihnachtsoase für in Shanghai gestrandete Ausländer darstellt. Aber weit gefehlt, wärmen sich doch auch Chinesen ihre nicht ganz so kalten Hände an den Tassen. Denn letztlich muss es auch hier im Reich der Mitte nicht immer bunt, quirlig und hektisch zugehen.
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