Chinatours Reise-Blog

Tischgespräch mit Vanessa Dahlmann - Unsere erste Stipendiatin verabschiedet sich

Geschrieben von China Tours | Feb 28, 2011 2:05:23 PM

Seit ihrem ersten Tag in Shanghai Ende August bis heute sind 6 Monate vergangen. In dieser Zeit war Vanessa Dahlmann für China Tours als Reporterin und Kolumnistin tätig. Sie berichtete von grünen Landschaften in Guilin, Haibao, dem scheinbar unsterblichen Maskottchen der Expo in Shanghai und einem Peking, das zwischen Rock und Räucherstäbchen wandelt. Die studierte Sinologin ist mit dem Anspruch angereist, das Land besser zu verstehen – dabei halfen ihr sicher auch die vielen Tischgespräche, die sie mit unterschiedlichen Menschen für uns führte. Heute drehen wir den Spieß einmal  um und stellen ihr ein paar Fragen.

Sechs Monate Shanghai liegen hinter Dir. In Deinen Berichten hast Du uns an der Lebendigkeit und der Andersartigkeit Chinas teilhaben lassen. Welche war die für Dich spannendste Reportage, die Du für uns geschrieben hast?

Wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich sagen: Das kreative China. Dabei finde ich besonders die Musikszene spannend. Ganz einfach, weil diese Seite des Landes eine Herzensangelegenheit für mich ist und ich das Gefühl habe, dass in Deutschland sie oft übersehen beziehungsweise überhört wird. Schon bei meinem ersten Aufenthalt als Studentin in Peking war ich fasziniert von der Vielfalt und Aufgeschlossenheit der Bands und habe dann festgestellt, dass sich dieser Zeitgeist auch in vielen anderen Bereichen wiederfinden lässt. Mein Interesse war geweckt. Im weitesten Sinne habe ich dieses Thema dann auch in meiner Magisterarbeit aufgegriffen.


Du hast Deine Magisterarbeit über die Musikszene Chinas geschrieben...?

Nicht über die Musikszene aber über neue chinesische Kunst. Beide verraten viel über die Menschen im Land. Dabei habe ich festgestellt, dass in China soviel Neues und Kreatives entsteht, oftmals aber unterhalb unseres Radars. Musiker und Künstler haben in den letzten Jahrzehnten ihren ganz eigenen, individuellen Stil entwickelt und mixen schon lange nicht mehr nur traditionelle chinesische Elemente mit westlichen Stilrichtungen. Sie greifen das Lebensgefühl der jungen Generation auf und schaffen dabei einen einzigartigen Mix unterschiedlicher Einflüsse, der nicht nur mich immer wieder in seinen Bann zieht.

Hast du einen besonderen Tipp, wo man die Vitalität der Musik und der Kunst und deutlichsten spürt?

Das kommt ganz darauf an, was man sucht. Wenn ich an die Kunstszene denke, macht es in Peking zum Beispiel Sinn, sich auch mal an Orten umzuschauen, die nicht zu den bekannten Galerievierteln wie 798 gehören. In den Hutongs passiert da zum Beispiel recht viel und man stößt schnell auf junge Nachwuchstalente. Was die Musik angeht, so habe ich meine besten Erlebnisse in kleinen Livemusik Clubs gehabt: Sei es das D22 oder die 13Bar in Peking (Chengfu Lu) oder der Yuyintang (Kaixuan Lu, nahe Yan’an Xi Lu) in Shanghai. Hier kann man sich nach den Konzerten auch mal mit den Musikern unterhalten, die Stimmung ist sehr familiär – wahrscheinlich auch, weil das Publikum meist sehr klein ist.


Im weitesten Sinne kann man sagen, Du bist in Peking und auch in Shanghai zu Hause. Gibt es Gemeinsamkeiten zwischen diesen Metropolen und wo liegen die Unterschiede?

In meinen Augen ist die Atmosphäre beider Städte sehr unterschiedlich. Shanghai ist DIE Businessstadt Chinas, Peking eher das politische, kulturelle und geschichtliche Zentrum. Peking ist etwas gelassener, Shanghai dafür sehr aufregend, da einfach immer etwas los ist.

Verlassen wir einmal die Ostküste. In Deinen Reportagen hast Du uns auch andere Ecken Chinas näher gebracht. Welche Region war für Dich am spannendsten zu bereisen?

 

Guangxi und West-Sichuan – beides Regionen mit atemberaubenden Naturlandschaften. Über Guangxi habe ich ja schon einiges geschrieben und besonders die Gegend um Xingping lässt mich nicht mehr los, was bestimmt auch daran liegt, dass die Leute hier so unheimlich nett waren. In Sichuan hat mich das Naturreservat Jiuzhaigou mit seinen berühmten Seen in seinen Bann geschlagen. Ich habe noch nie so blaues Wasser gesehen wie hier und es ist einfach toll, selbst in China frisches Bergquellwasser direkt aus einem Bach trinken zu können.


Eine kleine Anekdote von unterwegs interessiert unsere Leser sehr…

Oh, da gibt es viele. Ich denke da zum Beispiel an mein Wetterpech auf den Longyi Reisterrassen – anscheinend soll man von dem höchsten Punkt der Berge, an deren Hängen der Reis angebaut wird ja eine wunderbare Aussicht haben. Davon habe ich damals leider nicht viel mitbekommen, weil es begann, in Strömen zu regnen, als ich den Gipfel erreichte. Ein tolles Erlebnis war es aber trotzdem, da die unfreiwillige Dusche so unheimlich zur Atmosphäre der Szenerie beigetragen hat. Da konnte ich dem Wetter sogar die Seen, die sich in meinen Schuhen gebildet haben, verzeihen.


Du bist viel rumgekommen und dennoch gibt es bestimmt noch Gegenden im Land, die auch für Dich noch unbekannt sind. Wohin zieht es Dich als nächstes?

Ich würde unheimlich gern in die Yunnan Provinz – Kunming, Dali. Ich habe mir bisher bei jeder Reise vorgenommen, dorthin zu fahren, bin dann aber irgendwie immer woanders gelandet oder zu lange bei einer anderen Station geblieben. Wenn ich unterwegs bin, ändert sich meine Reiseroute oftmals ganz spontan. Im Sommer werde ich wohl den Huangshan in Anhui, einen der berühmtesten heiligen Berge Chinas, in Angriff nehmen. Vom Gipfel aus einen Sonnenuntergang zu beobachten, soll ein unvergessliches Erlebnis sein. Auch in den Nordwesten nach Xinjiang würde ich gern fahren, weil diese Gegend so ganz anders ist als die Teile Chinas, die ich bereits kenne. Einerseits natürlich wegen der starken kulturellen Einflüsse der Minderheiten, die hier leben, andererseits wegen der weiten Steppenlandschaften, die sehr beeindruckend sein sollen.


Nach 6 Monaten endet fürs Erste Deine Mitarbeit für China Tours. Uns hat es Spaß gemacht, mit Dir zusammen zu arbeiten. Für die Einblicke ins Reich der Mitte möchten wir uns an dieser Stelle schonmal herzlich bedanken. Was sind Deine Pläne für die nächste Zeit? Wirst Du in China bleiben?

Ich plane zumindest, noch länger hier zu bleiben. China ist einfach viel zu interessant! Fürs Erste in Shanghai, was dann in der weiteren Zukunft kommt, steht noch in den Sternen. Vielleicht geht es wieder nach Peking, vielleicht auch in eine andere Stadt.
Ich hatte in den letzten Monaten viel Spaß und habe selbst viel gelernt. Hierfür möchte ich mich auf diesem Wege nun abschließend auch ganz herzlich bedanken.


Auch wir sagen im Namen des gesamten China Tours-Teams vielen Dank für die tolle Zusammenarbeit! Wir wünschen Dir viel Erfolg und alles Gute für deine Zukunft.