Chinatours Reise-Blog

Nur nicht zu bescheiden!

Geschrieben von Elisa Kless | Jun 15, 2011 12:28:13 PM

Der erste Eindruck zählt – das gilt auch für den Auftritt bei potenziellen chinesischen

Geschäftspartnern: Wer sich ins rechte Licht rücken will, muss an seiner Außendarstellung
arbeiten. Von Name bis Webseite muss alles passen. /Ein Artikel von Shau Chung Shin und  Sven Meyer

Grundsätzlich funktioniert eine gelungene Zielgruppenansprache in China wie überall sonst auch: Sie muss auf die Bedürfnisse und Eigenschaften der angesprochenen Empfänger zugeschnitten sein. Und sie muss den Nutzen eines Produktes, einer Leistung oder einer Kooperation überzeugend vermitteln. Doch die Art der Kommunikation, die Werte und Gewohnheiten unterscheiden sich grundlegend von denen in Deutschland. Nach wie vor jedoch werden diese Unterschiede von vielen China-Neulingen unterschätzt.

Schon die Übersetzung deutscher Namen ins Chinesische hält zahlreiche Fallstricke parat. In China räumt man Namen und Symbolen eine sehr viel höhere Bedeutung ein als in Deutschland. Ein negativ besetzter Name oder die Verwendung von negativ besetzten Symbolen machen auf den chinesischen Geschäftspartner nicht nur einen unprofessionellen Eindruck. Im Extremfall wirken sie sogar regelrecht abschreckend. Nicht umsonst beinhalten Firmen- und Produktnamen in China Begriffe wie „Glück“, „Kraft“, „Reichtum“, „Gesundheit“ und „Freundschaft“.

Mit dem ersten Schritt auf der Erfolgsspur. Die Ausrichtung der Firmenkommunikation auf die chinesische Zielgruppe von Anfang an – strategisch, sprachlich, inhaltlich und formal – ist ein Türöffner. Bereits bei der ersten Begegnung erleichtern chinesische
Visitenkarten mit einprägsamen Firmen- und Personennamen den Start und schaffen die Grundlage für eine aussichtsreiche Geschäftsbeziehung. Hierbei sollte man auch den „Deutschland-Bonus“ nutzen und sein  Kommunikationsmaterial zweisprachig anbieten, zumal Deutsch als zweite Fremdsprache immer attraktiver
wird.

Die gesellschaftlichen Werte und der dynamische wirtschaftliche Aufstieg Chinas spiegeln sich auch im ästhetischen Empfinden der Chinesen wider. Die kommunizierten Inhalte müssen für den chinesischen Geschäftspartner verständlich und relevant sein. Darüber hinaus sollten die Rahmenbedingungen der verfügbaren Kommunikationstechnologie berücksichtigt werden. Voraussetzung für die erfolgreiche Ansprache
ist, sich im Vorfeld sehr umfangreich über die angesprochene Zielgruppe zu informieren.

Hohes Ansehen erzeugen

Prestige hat einen sehr hohen Stellenwert in China. Das Ansehen ist ein wichtiges Mittel, um Vertrauen beim Gegenüber und seiner Umgebung aufzubauen. Deutsche Leistungen und Produkte haben ohnehin ein sehr hohes Ansehen, das sich aber noch steigern lässt: Unternehmen sollten ihre Auszeichnungen und Errungenschaften wie „lange Unternehmenstradition“, „Global Player“ oder „Marktführer“ nutzen und gezielt in ihren Kommunikationsmedien platzieren.

Weitere Möglichkeiten sind beispielsweise:
• Hohe Titel und Funktionen auf der Visitenkarte nennen
• Prominente Personen als Kommunikator/Repräsentant für Kampagnen nutzen
• Technik und Firmengebäude abbilden
• Chinesische Referenzen aufführen
• hochwertige Materialien für Druckmedien verwenden

typisch chinesisch: bunt, lebendig, spielerisch; Bild: Shau Chung Shin

Trotz der scheinbaren Fokussierung auf einen repräsentativen Auftritt, sollten grundsätzlich alle wichtigen Informationen auf einen Blick zu erkennen sein. Die außerordentlich positive Bedeutung des Begriffes „Überfluss“ hat in China lange Tradition. Er findet seine Entsprechung auch in der Gestaltung der Kommunikationsmittel: Leere, ungenutzte Flächen gelten als Platzverschwendung. Chinesen sprechen auf lebendige Farben, Illustrationen, Ornamente und eine insgesamt spielerische Optik an. Die Liste der Glück verheißenden Symbole ist lang – ebenso wie die der Unglück bringenden. Genauso im Fall der Namen sollte man sich hier beraten lassen und positive Symbole gezielt einsetzen.

Die Investition in eine chinesische Webseite ist eine Frage des Budgets. Ganz klar verstärkt sie aber die Professionalität der Geschäftsanbahnung und wird vom Gegenüber als Investition in eine ernst gemeinte Geschäftsbeziehung gewertet. Zudem kann sich der chinesische Geschäftspartner zu jeder Zeit in Bild und Text über das deutsche Unternehmen informieren. Zu Beginn reicht eine Seite, auf der die relevanten Inhalte zusammengefasst sind. Ein direkter Ansprechpartner mit Bild stärkt die persönliche Geschäftsebene und zeugt von gutem Service. Bei der Umsetzung sollte man bedenken, dass die Ladezeiten von Webseiten, die auf deutschen Servern liegen, in China sehr viel länger sind. Daher sollte man auf große Bilder, Videos und Flash verzichten. Mit einer klassisch gestalteten Navigation steht man für eine große Zielgruppe auf der sicheren Seite. Auch sollte man Blogs und Facebook- Fanseiten vermeiden, da diese in China nicht zuverlässig abrufbar sind.

Dennoch sollten die neuen Medien nicht außer Acht gelassen werden. Obwohl zahlreiche Webseiten oft wieder verschwinden oder geblockt werden, steigt die Zahl der Chinesen rapide an, die sich über das Internet informieren. Auch der Austausch in Foren ist sehr groß. Und diese werden gerne dafür genutzt, um gelesene Artikel kritisch zu hinterfragen.

Prominenz als Verstärker

In China unterliegen alle Medien einer mehr oder wenigen strengen Überwachung. Daher sind Journalisten meist vorsichtiger bei den Veröffentlichungen, da sie für die Texte verantwortlich gemacht werden. Auch unterliegen die Redakteure dem Druck gewisse Inhalte, wie staatliche Veranstaltungen, veröffentlichen zu müssen. Dies sollte im Vorfeld einer eigenen PR-Veranstaltung oder beim Versand einer wichtigen Pressemeldung beachtet werden. Sollte das eigene Event mit einem wichtigen staatlichen Veranstaltung zusammenfallen, ist nur noch wenig Platz für die eigene Meldung übrig. Dies gilt es zu vermeiden. Die Chance auf einen Abdruck erhöht sich hingegen, wenn ein lokaler Bezug aufgenommen wird. In China ist die Konkurrenz der Medien äußerst groß: Rund 2.000 Zeitungen, 300 Radiosender, 200 Fernsehstationen und unzählige Nachrichtenportale im Internet buhlen um die Gunst von Lesern und Zuschauern. Da ist es nur verständlich, dass die einzelnen Zeitungen, Radiosender oder Fernsehstationen lokale Nachrichten bevorzugen. Auch bei der Pressearbeit hilft es, das Vertrauen, das eine prominente Person – etwa ein bekannter Politiker – in der Öffentlichkeit genießt, zu nutzen. Der Abdruck einer Pressemeldung wird durch ein Zitat dieser Person enorm erhöht und stärkt gleichzeitig die Glaubwürdigkeit.

Guanxi bestimmt die Pressearbeit

In China ist Guanxi tief in der Kultur und Tradition verwurzelt. Am besten lässt es sich mit „persönlichem Netzwerk“ übersetzen, besitzt aber in China einen weitaus höheren Stellenwert und Einfluss. Es gibt kaum eine unternehmerische Entscheidung, die nicht durch Guanxi beeinflusst ist. Daher ist es auch ratsam, Journalisten zu einem persönlichen Gespräch einzuladen, anstatt eine relativ anonyme Pressekonferenz abzuhalten. Auch

Sven Meyer über das Auftreten bei chinesischen Geschäftspartnern

wenn es zunächst zeitaufwendiger ist, fördert es doch das Guanxi, was sich irgendwann einmal wieder auszahlen wird. Vor allem ausländische Unternehmen, die relativ neu auf dem chinesischen Markt sind, sollten sich auf die persönlichen Gespräche konzentrieren. Dabei ist es in China noch üblich, die Reisekosten des Journalisten zu übernehmen und in einem Umschlag zu überreichen. Wenn das Unternehmen dann ein Netzwerk von relevanten Journalisten aufgebaut hat, sollte die Beziehung zu den Journalisten mit Events und Einladungen gepflegt werden.

Wer die Regeln nicht kennt ...

Die Zielgruppenansprache in China verläuft nach anderen Spielregeln als in Deutschland. Daher bleiben Maßnahmen ohne vorherige sorgfältige Planung und Anpassung der Firmenkommunikation bestenfalls ohne Wirkung. Expertenwissen zu nutzen spart daher Zeit, Geld und Nerven. Jeder Fall ist anders und erforderteine individuelle Strategie. Für eine erfolgreiche Geschäftsanbahnung muss man erfahrungsgemäß mehrinvestieren als zunächst vorgesehen. Denn es braucht Zeit, um sich mit dem Markt und den Gepflogenheiten der Kultur vertraut zu machen und um sich das überlebenswichtige Beziehungsnetzwerk aufzubauen. Nur derjenige, der die Regeln der Kommunikation kennt und gezielt nutzt, wird sein Ziel erreichen.

Über die Autoren:

Shau Chung Shin ist Kreativdirektorin des deutsch-chinesischen Designstudios Rosagelb, das deutsche und chinesische Unternehmen bei der Anpassung Ihres Firmenauftritts berät. Sven Meyer ist Geschäftsführer von one billion voices, einer PR und Marketing Agentur in Frankfurt, die sich auf den chinesischen Markt spezialisiert hat. Kontakt:  www.rosagelb.de/chinastartwww.onebillionvoices.de.