Eindringliche Trommelschläge begrüßten unsere ersten Schritte in Tunpu. Sie brachen durch die Verschlafenheit des abgeschiedenen kleinen Dorfes und hallten an den Wänden der einfachen Bauernhäuser wider. Dem anhaltenden Rhythmus folgend, gelangten wir über staubige Feldwege zum Schauplatz einer jahrhundertealten Tradition: dem Dixi Drama.
Die Geschichte des Dixi geht bis in die Ming Dynastie zurück. Anders als in anderen Theaterformen Chinas malen die Schauspieler ihre Gesichter nicht an, sondern tragen leuchtend bunte Holzmasken und Roben, die die Helden mystischer Sagen und historischer Geschichten repräsentieren.
Als sich der Weg um eine Wand aus hohem Schilf gewunden hatte, bot sich uns ein farbintensives Spektakel: Umherwirbelnde Charaktere mit Holzschwertern, hektisch flatternden Fasanenfedern an ihren Kopfdekorationen und lautes Kriegsgeschrei begleiteten altertümliche Gesänge.
Neugierige Dorfbewohner allen Alters besetzen die Hänge, die den kleinen Dorfplatz im Süden abgrenzten und bildeten einen Kreis um die Schauspieler. Das Dixi Theater braucht keine Bühne oder professionelle Darsteller. Es ist eine Tradition, die von den Bauern begonnen und von selbigen bis heute weitergeführt wurde. So fühlte es sich für mich auch an, als sei das ganze Dorf gekommen, um dem wilden Geschehen beizuwohnen, das nun lauter und schneller zu werden schien.
Der Maskenmacher
Auf einmal tauchte ein Mann hinter uns auf. Er stellte sich als Hu Kewei vor, ein Maskenmacher. „Sehen Sie all die bunten Gesicher?", fragte er mit ausgestrecktem Finger auf die wirbelnden Kreaturen zeigend. "Obwohl es fünf Hauptcharaktere in den Dixi Stücken gibt, ist die Vielfalt der Masken, die für jeden der Helden benutzt werden, fast unbegrenzt. Wir stellen jede einzelne in Handarbeit her. Böse oder unehrenhafte Charaktere gibt es nicht.“
Er sagte, er hätte es sich zur Aufgabe gemacht, die Dixi Tradition am Leben zu halten und dabei das Beste aus den einströmenden Touristen zu machen.
„In den frühen 90er Jahren wurde der Huanguoshu Wasserfall in Anshun zu einer Touristenattraktion. Weil lokaler Tourismus eine sehr gute Einnahmequelle ist, stellten wir ein paar Masken her und verkauften sie dort probeweise. Sie wurden zum absoluten Hit!“
Tunpus Frauenpower
Inzwischen gibt es die bunten Holzkunstwerke in ganz Guizhou zu kaufen und das Dixi Theater gehört zu einem der "3 Schätze Guizhous". Nichtsdestotrotz führten Entwicklungen der letzten Jahrzehnte dazu, dass die Dixi Tradition drohte, vergessen zu werden. Dann schritten Tunpus Frauen ein.
„Immer mehr unserer Männer mussten in die Städte ziehen, um Geld zu verdienen“, erzählte mir eine der Schauspielerinnen. „Weil die Dixi Stücke bisher immer nur von den Männern gespielt wurden, war auf einmal niemand mehr da, um die Tradition weiter zu führen.“
Die Bauernfrauen wollten für ihre Traditionen einstehen und sehen die historischen Spiele vor allem als erfrischenden Ausgleich zu der harten Feldarbeit. „Ich verstehe nicht viel von den Hintergründen der Stücke. Ich weiß nur, dass es wichtig ist, dass wir sie uns erhalten.“