Drachen die als Weihnachtsmänner verkleidet sind, Plastiktannenbäume und dekorierte Läden mit jeder Menge Weihnachtskugeln. Die Weihnachtszeit macht auch vor China nicht halt, allerdings gibt es Unterschiede zu Deutschland. Zwar finden sich in fast allen Geschäften weihnachtliche Dekorationen, doch an den Kitsch in Deutschland kommt es nicht ganz ran. Beim Fest selber steht für viele chinesische Christen die Zeit mit der Familie im Vordergrund.
Selbst in kleinen Einkaufsmärkten tragen die Verkäufer Weihnachtsmützen. Auf die Frage warum, wissen sie selber nicht so recht zu antworten. „Laoban“, sagen sie dann zaghaft - also vom Chef angeordnet. In der Tat handelt es sich um die Weihnachtszeit in China einfach um ein gutes Geschäft für viele Stände, Einkaufsmärkte und Restaurants. Das bestätigt auch William Brown, Professor an der Universität Xiamen und Autor mehrerer Bücher über die Stadt Xiamen und die Provinz Fujian. „Natürlich gibt es viele Chinesen, die lediglich ein gutes Geschäft riechen und Profit machen möchten, “ erklärt er und fügt hinzu: „Bei uns im Westen, vor allem in Amerika, ist doch Weihnachten ebenfalls vollkommen kommerziell.“
In der ältesten Protestantischen Kirche Xiamens, gibt es eine Woche vor Heiligabend eine Weihnachtsfeier mit Liedern, Geschichten und Snacks, die auch der Professor aus Amerika besucht. Auf die Frage, wie Chinesen Weihnachten feiern, holt William Brown aus: „Manche chinesische Christen beachten das Fest gar nicht und ignorieren es vollkommen, manche gehen zu Konzerten und feiern es gemeinsam mit anderen Christen. In den letzten Jahren konnte ich beobachten, wie immer mehr junge Chinesen, christliche und auch nichtchristliche, inzwischen Weihnachten feiern. Aber nicht aus religiösen Gründen sondern einfach weil es populär ist. Der westliche Lebensstil ist für junge Chinesen sehr modern und deswegen übernehmen sie auch deren Feste, ohne deren religiöse Bedeutung große Beachtung zu schenken.“
Weihnachten wird für chinesische Christen aber auch für Nichtchristen immer populärer
Es ist einfach schick und die, die es sich leisten können, beschenken sich gegenseitig oder gehen gemeinsam essen. Mit christlichen Werten oder dem Glauben an die Religion hat das weniger zu tun. Für viele Chinesen ist es einfach ein normaler Arbeitstag. So wie für Justin. Als studierter Jurist lebt und arbeitet er in Xiamen und bezeichnet das Weihnachtsfest einfach als „eine weitere Möglichkeit für viele Leute Geld auszugeben.“ An Heiligabend muss er ebenfalls arbeiten gehen. Er selber hält nicht viel von Weihnachten und interessiert sich nicht sonderlich dafür. Ähnlich denkt auch der Schüler Jiyi, der sich nicht einmal genau sicher ist, was der ursprüngliche Grund für das Fest ist.
Der christliche Feiertag spielt in China deshalb nämlich keine so große Rolle, da es keine nationale Religion gibt, wie in Deutschland. Das für die Chinesen wirklich große Fest – das Frühlingsfest - fängt 2013 am 10.Februar an. Das Frühlingsfest ist für die Chinesen so etwas wie Weihnachten und Silvester in einem.
„Mein erstes Weihnachten zusammen mit meiner Frau hier in Xiamen werde ich nie vergessen“, schwelgt William Brown, der Professor aus Amerika, in Erinnerung. „Wir hatten Mühe einen kleinen Weihnachtsbaum aus Plastik zu finden und hatten Pizza bestellt. Das war Ende der achtziger Jahre und wir vermissten westliches Essen einfach so sehr. Es herrschte alles andere als weihnachtliche Stimmung hier in Xiamen aber seitdem hat sich viel verändert.“ Seit bereits 24 Jahren lebt und arbeitet er in China und hat seitdem viele Veränderungen im Land des Aufschwungs von Anfang an beobachten können.
"Wir vermissten westliches Essen und bestellten Pizza an unserem ersten Weihnachten in Xiamen"
In Xiamen befinden sich mehr als 30 Kirchen, erzählt William Brown, und in Quanzhou, 100 km von Xiamen entfernt, ebenfalls an der Küste gelegen, sind es sogar mehr als 170 Kirchen. Amoy, so hiess Xiamen früher, war für Missionare, Händler und Diplomaten aus dem Westen sehr beliebt, da sie hier offene Menschen fanden, erklärt William Brown und lächelt dabei als wäre das sein liebstes Gesprächsthema. „Viele Chinesen aus dieser Region waren im Ausland tätig und brachten neue Gedanken und auch neue Menschen in diese Stadt. So waren Ausländer ein bekanntes Bild in Xiamen und die Chinesen hatten keinerlei Berührungsängste mit Ausländern. Das war auch einer der Gründe, warum die älteste Protestantische Kirche in Xiamen bereits 1848 entstand“, erklärt der Professor aus Amerika.
In dieser Kirche, Xin Jie Kirche , schaut sich Miao Miao die letzten Vorbereitungen für die „Christmas Party“ an. Sie ist 22 Jahre alt und arbeitet auf der Insel Gulangyu im Piano Museum. Sich selber bezeichnet sie als „ein wenig christlich“, da lediglich ihre Oma Christin war. An Weihnachten verbringt sie Zeit mit ihren Eltern und sie singen gemeinsam chinesische Lieder. In die Protestantische Kirche geht sie, weil sie in der Nähe der Kirche wohnt – sehr praktisch für sie. Im Gegensatz zu anderen Chinesen weiss sie auch, dass die Geburt Jesus Christus an Weihnachten gefeiert wird. Keine Selbstverständlichkeit.
Durch den Konfuzianismus ist der Rang der Familie in China höher als bei uns in Europa
Sich an den Wert der Familie zu erinnern scheint in China einfacher zu sein als in Deutschland, da im Wertesystem der Chinesen die Familie einen sehr viel höheren Stellenwert besitzt als im europäischen Raum. Dabei handelt es sich um ein konfuzianisches Prinzip, die Älteren aus der Familie zu respektieren, sich um diese zu kümmern und allgemein eine intakte, gesunde Familie als sehr wertvoll zu betrachten. Im Konfuzianismus wird auch oft der Begriff der Pietät benutzt, gemeint ist damit: die Verehrung der Eltern und der Verstorbenen Ahnen. Dadurch entsteht die Grundlage für ein harmonisches Familienleben mit gegenseitiger Treue und Respekt – auch über die Weihnachtszeit hinaus.