Shantou ist bei ausländischen Touristen gänzlich unbekannt. Doch es hat viel zu bieten: Einen für "Chinesisch-Hörer" eigentümlichen Dialekt, frische Meeresfrüchte und Wandertouren auf einer grünen Insel.
Shantou (汕头), früher auch Swatow genannt, liegt in der südchinesischen Provinz Guangdong. Shantou ist eine chinesische Hafenstadt am südchinesischen Meer. Mit durchschnittlich 21,3 Grad Celsius und subtropisch-maritimen Klima hat eine Vielzahl der Haushalte keine Heizung. Schnee und kalte Winter sind in Shantou mehr als selten. Die Gesamtfläche der Stadt hat eine Fläche von 2.064,4 km². Ende 2013 lebten 5,1 Millionen Menschen in Shantou. Von Shantou gibt es Busse nach Xiamen, Hongkong und Fuzhou (sowie weitere Städte). Der Flughafen trägt den Buchstaben Code SWA. Air China und China Southern Airlines verbinden Shantou z.B. mit einem Mittags- bzw. Abendflug mit der Hauptstadt Peking.
Die Stadt gliedert sich in sechs "Stadtteile" bzw. Regierungskreise
- Jinping (金平区), 108,71 km², ca. 738.500 Einwohner, Zentrum, Sitz der Stadtregierung;
- Haojiang (濠江区), 134,88 km², ca. 272.500 Einwohner;
- Longhunghu (龙湖区), 103,58 km², ca. 320.500 Einwohner;
- Chaoyang (潮阳区), 667,6 km², ca. 1.413.400 Einwohner;
- Chaonan (潮南区), 596,42 km², ca. 1.100.600 Einwohner;
- Chenghai (澄海区), 345,23 km², ca. 697.900 Einwohner;
- Nanao (南澳县), 108 km², 70.000 Einwohner.
Die Einwohner in Shantou sprechen neben dem Hochchinesisch, Mandarin, hauptsächlich ihren einheimischen Dialekt: den Chaozhou Dialekt. Dieser unterscheidet sich vollkommen vom Hochchinesischen und ist selbst für jahrelange Chinesisch-Lerner nur sehr schwer zu verstehen. "Ich liebe Dich", im Mandarin "wo ai ni", heißt im Chaozhou Dialekt "wa ai le". Als ich meine Frau zum ersten Mal mit ihrer Mutter skypen hörte, fiel ich fast vom Glauben ab, dass ich Chinesisch sprechen könne. Selbst Chinesen können den Dialekt kaum bis gar nicht verstehen. Wenn Sie auf den einheimischen Märkten unterwegs sind und die vielen Leckereien betrachten, kann es durch aus passieren, dass Sie mit Ihrem Mandarin nicht sehr weit kommen.
2009 war ich zum ersten Mal in Shantou, damals im Hochsommer in der Zeit zwischen August und September. Die Sommer in Shantou sind extrem warm. Wandertouren und Ausflüge waren daher nur sehr früh möglich. Tagsüber war es einfach zu heiß, um vor die Tür zu gehen.
Ende 2013 war ich erneut in Shantou zu Besuch. Der "Winter" hier ist sehr mild. Es herrschte noch angenehmes T-Shirt Wetter und bei Wandertouren kam man doch noch gut ins Schwitzen.
Die Altstadt von Shantou zeigt noch typische chinesische alte Häuser. Zum Teil doch recht baufällig und in die Jahre gekommen, ist die Altstadt ein großer Anziehungspunkt für die vereinzelten Touristen. Außerdem ist es der Stolz der Einheimischen, Touristen in das alte Shantou zu führen und ihnen die historischen Bauwerke zu zeigen.
Ebenfalls in der Altstadt gelegen liegt das berühmteste Restaurant Shantous. Das 飘香 (Piao Xiang) blickt auf eine über 40-jährige Geschichte zurück. Speisen aus diesem Lokal werden sogar in der zweiten Staffel der chinesischen Erfolgsserie China auf der Zungenspitze"舌尖上的中国" erwähnt. Hauptsächlich werden Snacks angeboten, die frittiert werden. Das Essen ist generell sehr fettig. Backfisch ist dagegen ein Low-Fat-Snack. Hier die Adresse für alle Feinschmecker: Haibing Lu, Longhu District (Altstadt) Fragen Sie einfach den Busfahrer nach der Richtung.
Wenn Sie glauben, dass Chinesen nur Kungfu als Kampfsportart betreiben, wird in Shantou etwas Besserem belehrt. Kongfu Tee ist eine Shantouer Spezialität und reicht bis in die Song-Dynastie zurück (960-1279). Das Besondere am Kongfu-Tee ist seine Zubereitungsart. Die Teeblätter werden in einer kleinen Kanne mit Wasser übergossen und der erste Aufguss wird dazu benutzt, die "Fingerhut" großen Tassen bzw. Becherchen zu säubern. Mit dem zweiten Aufguss wird dann Fingerhut für Fingerhut mit kleinen Tropfen gefüllt, so dass jeder Fingerhut die gleiche Stärke des Tees hat. Üblicherweise trinkt man Shantou weniger grünen Tee, sondern eine Zwischenform von schwarzem Tee und grünen Tee, den Tieguanyin Tee (铁观音茶).
Ich warne Sie hier vor: Egal wohin Sie gehen, Kongfu Tee ist ein Muss. Es gibt diese Teesets in allen Variationen. Sogar als kleine Outdoor-Variante für Wandertouren ist sie erhältlich bzw. kann am Eingang von Sehenswürdigkeiten manchmal sogar verliehen werden.
Ein für Shantou typisches Gericht ist das Haoluo (蚝烙. Dabei handelt es sich um eine Art Muschelpfannenkuchen, der frittiert wird. Die Muscheln werden mit einer Eier- und Mehlspeise vermischt.
Von der Hafenpromenade in der Nähe des Rathauses fahren Fähren zur gegenüberliegenden Insel Queshi 礐石. Dort liegt die beste Oberschule der Stadt, die Jinshan Zhongxue(金山中学) und eine alte Kirche. Die Fährüberfahrt dauert nur knapp 10 Minuten. Außerdem lädt die Gegend ein zum Wandern. Zahlreiche Wanderwege führen, wie es für China so typisch ist, treppauf treppab durch Wälder und Hügel. Von den Hügeln der Insel lässt sich der städtische Allstadtverkehr vergessen. In der Drachenhöhle gibt es quellfrisches Wasser, was von den Einheimischen gerne zur Zubereitung von Kongfu-Tee benutzt wird. Sie sehen, Kongfu-Tee ist in Shantou allgegenwärtig.
China ist nicht nur Metropolenflair und Großstadtlärm. Während einer Shantouer Wandertour lernt man ein Stück chinesischer Natur kennen. Für Wandervögel möchte ich an dieser Stelle einen heißen Tipp geben: Nehmen Sie bitte genug Getränke mit auf Ihre Wandertour. Auf den Gipfeln dürfen Sie keinesfalls ein kühles Bierchen erwarten. Verpflegungsstände am Wegesrand sind ebenso Mangelware.
Shantou ist sicherlich keine Alternative zu Peking oder Shanghai. Es hebt sich aber durch viele Dinge von den beiden Metropolen ab und ist sicherlich ein guter Zwischenstopp auf einer Reise durch Südchina.
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