Im Nordwesten der Provinz Yunnan grenzt die malerische Landschaft um die Region Shangri-La (was soviel bedeutet wie „das Paradies“) an die autonome Region Tibet. Dieser kleine Ort (früher: Zhongdian) lädt zum Träumen ein und bietet eine tolle Alternative zur Tibetreise. Die Anfahrt aus den größeren umliegenden Städten gestaltet sich mit Linienbussen unkompliziert und bietet atemberaubende Ausblicke hinab in tiefe Schluchten und empor zu gigantischen Felsformationen mit schneebedeckten Bergspitzen.
Gemütlichkeit der Altstadt im tibetischen Flair
Der tiefblaue wolkenlose Himmel sorgt für frostige Nachttemperaturen bereits im Spätherbst, die ohne Heizung eine Herausforderung sein können. Nachdem man aus der Kälte kommt, lädt in vielen Restaurants und Beherbergungen jedoch ein knisternder Kamin zum Verweilen und Aufwärmen ein. Besonders in den kleineren Unterkünften zieht die kalte Luft durch die Fenster hinein während nur eine Heizdecke den Körper beim Schlafen wärmt. Die mit bunten Gebetsfahnen geschmückten Häuser entschädigen jedoch für alle Strapazen, ebenso wie die durchdringenden Sonnenstrahlen am Morgen.
Bei einem Streifzug durch die Altstadt wird man schnell die einzigartigen Malereien an einigen der Häuserwände entdecken und bestaunen können. Sie zeigen Bilder aus dem alltäglichen Leben. Den typischen Charme der Stadt machen zudem einheitlich gepflasterte Gassen sowie zum Großteil aus Holz bestehende Häuschen aus, die mit Holzschindeln bedeckt sind.
Zwischen den Wegen finden sich immer wieder mit bunten Fahnen behangene Stupas, die von den Buddhisten rituell im Uhrzeigersinn umkreist werden. Dabei sollen die Gebetsfahnen die Gebete der Gläubigen mit dem Wind in den Himmel tragen.
Im Stadtkern thront neben sehenswerten Tempelbauten eine riesige goldene Gebetsmühle über den Dächern der Stadt. Hier benötigt man etwa 10-20 Menschen, die mit Anstrengung, die klobige Gebetsmühle in Bewegung versetzen. Am Abend sind diese Sehenswürdigkeiten hell beleuchtet, sodass sie vom niedriger gelegenen Marktplatz aus gut zu sehen sind.
Wandern in und um Shangri-La in spiritueller Atmosphäre
Besonders lohnenswert sind in der Region um Shangri-La kleine Wanderungen zu nahegelegenen Tempelanlagen in den angrenzenden tibetischen Dörfern, die sich abseits der ausgetretenen Touristenpfade befinden. Hier kann man die Natur ganz für sich entdecken, auf Hügel und kleine Berge hinaufsteigen und die Stadt von oben sehen.
Unweit des Zentrums begegnet man nur noch vereinzelt Mönchen, die für ihr Gebet zum Tempel aufsteigen oder wenigen Schafen, die die kargen Flächen nach saftigem Gras durchforsten. Diese Ruhe wirkt nahezu mystisch nach einem Aufenthalt in den lebhaften Metropolen Chinas.
Nur wenige Kilometer nördlich von Shangri-La entfernt befindet sich eine der größten Sehenswürdigkeiten, deren Besuch ebenso empfehlenswert ist: Der circa 300 Jahre alte "Little-Potala-Palast". Diesen Spitznamen erhielt das Songzanlin-Kloster aufgrund seiner Ähnlichkeit zum Potala Palast in Lhasa. Von weitem schon sieht man am Hang die goldenen Verzierungen des Tempelkomplexes imposant im Sonnenlicht glitzern.
Etwa 800 Mönche leben in dem schön restaurierten Kloster, das zugleich die Hauptattraktion für Besucher in dieser Gegend ausmacht. Die farbenprächtig verzierten Hallen sind im Inneren aufgrund des Menschenandrangs und der ausreichend vorhandenen Souvenirgeschäfte etwas touristischer als es der Anblick von unten vermuten lässt. Nichts desto trotz lohnt sich ein Abstecher hinauf.
Von der Terrasse der tibetisch-buddhistischen Klosteranlage kann man den Blick über die weite Landschaft sowie die angrenzenden Ausläufer des Himalaya schweifen lassen. Für einen Moment lassen sich Raum und Zeit vergessen während man einige tiefe Atemzüge nimmt und im Hintergrund dem sanften Getrommel und dem Gebetsgesang der in weinrote Gewänder gehüllten Mönche lauscht.
Die tibetische Kultur Chinas mit allen Sinnen hautnah erleben
Die dünne Höhenluft auf rund 3.300 Metern Seehöhe bekämpft man am Besten mit einem warmen belebenden Yakbuttertee in einem der zahlreichen kleinen tibetischen Restaurants, die typische Speisen wie Tsampa (gerösteter Gerstenbrei) und gefüllte Teigtaschen mit Yak-Käse anpreisen. Traditionelle Apotheken bieten alternativ dazu konzentrierte Medizintees auf pflanzlicher Basis an. Ihr bitterer Geschmack ist jedoch reichlich gewöhnungsbedürftig und nichts für schwache Mägen.
Wer die tibetische Kultur und Lebensfreude nun über mindestens drei Generationen hinweg hautnah miterleben möchte, gesellt sich am Abend zum zweistündigen Tanztreff auf dem Marktplatz, wo tagsüber Schmuck und Tücher verkauft werden. Täglich ab sieben Uhr tanzen Jung und Alt völlig ungezwungen zu tibetischer Volksmusik im Kreis. Gemeinsam lachen und freuen sie sich des Lebens. Die positive Stimmung überträgt sich ganz leicht auf einen selbst indem man sich der Tanzgemeinde anschließt und Hand in Hand versucht die einfachen Schrittkombinationen im drehenden Kreis nachzuahmen.
Hierbei zeigt sich wieder einmal die Ausgelassenheit der entspannten und gastfreundlichen Tibeter, die in dieser Gegend die große Überzahl der chinesischen Bewohner ausmachen. Shangri-La bietet ein unvergessliches Erlebnis, bei dem man ganz nah bei den Menschen und mittendrin im Alltagsgeschehen sein kann.
Wer noch etwas mehr Natur in der Umgebung erkunden möchte, nimmt sich ein Taxi zum Potatso Nationalpark. Dieses China-Highlight stellt mit bis zu 4.200 Höhenmetern eine echte Herausforderung für die Fitness dar, entlohnt wird man dann jedoch mit wunderschönen Aussichten über das Plateau und die kristallklaren Seen.
Ein Spaziergang entlang der dafür vorgesehenen Holzpfade bringt die fragile Natur nah, die sich aus zwei riesigen Hochlandseen, dem Bitahai-See und dem Shuoduo-See sowie mystischen Wäldern und seltenen Blumen- und Pflanzenarten speist.