Durch spektakuläre Landschaften auf den Gipfel des Yuntaishan führt der 6. und 7. Reisetag unsere drei Blogger bis nach Kaifeng.
Was sie auf dem Weg dorthin erlebt haben, berichtet uns Bloggerin Eva. Hier geht’s zu allen Reiseberichten
Verfasst von Eva Grossert
Bilder: Ariane Kovac
Film: Stefan Berndt
Erfüllt stehe ich am höchsten Gipfel der Yuntai Berge, dem Zhuyu, mit Blick auf eine theatralische Berglandschaft. Schiebt doch mal einer die Kulissen weg, nicht auszuhalten dieser Anmut.
Wenn ihr mich fragt, ich bin in China richtig angekommen. Ich weiß, wie man Feuertopf richtig isst, trinke heißes Wasser mittlerweile gerne, erkenne die einfachsten Regeln und bin Virtuose im Benutzen der Stehtoiletten. Die Türe werde ich wie die Chinesen dabei aber gewiss nicht offen lassen!
Ariane, unser Jungspund ist sowieso obenauf, nur Stefans Ernährung macht mir zeitweilig Sorgen. Aber der Junge ist erwachsen und immerhin hat er Bier im Gepäck. Drei Bier sind schließlich auch ein Schnitzel, wie wir Bayern sagen …
Berg der Wolken
Der gestrige Tag war unter Garantie nichts für fußlahme. Wo Chinesen ihr gesamtes Wochenende verbringen, sprinten wir an einem Tag durch - bergauf, bergab durch Schluchten des Yuntai Gebirges. Am Zhuyu, dem letzten Berg auf dem Tagesprogramm geht uns dann die Puste aus. Fast wollen wir kneifen, als wir den Tausenden, annähernd senkrecht nach oben führenden Stufen gegenüberstehen. Wieder meldet sich der Bayer in mir: "Ist der Berg auch noch so steil, a bisserl was geht allerweil." Keuchend quälen wir uns Stufe um Stufe bergauf und werden für alle Mühen entschädigt. Wir sind überwältigt. Es gibt keinen Gipfelschnaps, dafür einen Ausblick, der einem den Atem raubt. Untermalt wird das Ganze von stimmungsvollen sanften Klängen der Gongs, die die alten Mönche regelmäßig schlagen und dem klappern der unzähligen roten Holztäfelchen im Wind. Am Gipfel befindet sich ein daoistisches Kloster. Der Yuntai Berg ist ein weithin bekannter religiöser Berg mit Elementen des Konfuzianismus, Buddhismus sowie Daoismus.
Die Yuntai-Berge, die in der ansonsten relativ flachen Provinz Henan liegen, sind Teil eines erstklassigen Geoparks. Das mit dichtem Primärwald (im Winter leider kahl) bedeckte Gebiet bietet steile Täler, zahlreiche Teiche und Unmengen an Wasserfällen und Quellen, die erkundet werden möchten. Dazu gibt es eindrucksvolle Klippen und Gipfel, welche zur einzigartigen Szenerie der Yuntai-Berge beitragen. Als einer der ersten geologischen Parks der Welt zählt der Yuntai-Berg zu den ersten Landschaftsgebieten der staatlichen AAAAA-Klasse. Immer wieder begegnen wir diesen Klassifizierungen für Städte, Sehenswürdigkeiten und Naturparks in China. Diese hier scheint die höchste Auszeichnung erhalten zu haben und wurde in die Liste der UNESCO an wichtigsten nationalen Landschaftsgebieten aufgenommen.
Da sich Nebel das ganze Jahr hindurch durch die Täler zieht, bekam er den Namen Yuntai, Berg der Wolken. Er macht seinem Namen alle Ehre. Die Sonne bekommen wir an diesem Tag nicht einmal zu Gesicht.
Die rote Schlucht
Zu gerne hätten wir das geheimnisvolle Türkise Wasser in den Teichen und Quellen der Hongshi Schlucht, die wir am Morgen zuerst ansteuern, im Sonnenlicht schimmern sehen. Ein fabelhafter Kontrast zu den roten Steinwänden, die dem Felseinschnitt seinen Namen geben.
Wir gelangen zur Schlucht über eine Brücke, die sich so in die Landschaft einfügt, dass man glaubt, sie wäre naturgegeben. Über Stufen geht es in Serpentinen hinunter und später natürlich auch wieder hinauf bis zu einem gut befestigten Weg entlang der Felswände dem Fluss folgend. Gezähmte Natur aber nicht wenig eindrucksvoll. Das Wasser hat sich hier steil und tief hinunter seinen Weg gegraben. Die Landschaft ist etwas Besonderes. Licht und Farbkontraste sorgen für faszinierende Fotomomente. Das finden auch die chinesischen Touristen, doch mit Ariane auf dem Bild scheint es ihnen noch besser zu gefallen. Mit ihrem „güldenen Haar“ und den blauen Augen wird sie zum beliebtesten Fotomotiv.
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Unter Affen
Begegnungen der tierischen Art hatten wir im Folgenden. Unser Führer sprach vom Hügel der Affen. Wieder so ein Name halt. Drachen, Schlangen, Pferd, Libelle, … alles schon vorgekommen. Um was es hier wirklich geht, war dann schlagartig klar, als wir eine Chinesin quietschen hörten und eine Horde Affen sich über ihren Proviant hermacht. Plötzlich kommen aus allen Ecken ganz schön forsche kleine Rhesus Makaken angesprungen und wollen ihren Anteil abhaben. Sie belagern uns regelrecht und springen auch schon mal am Rucksack hoch, wenn man nicht aufpasst.
In dieser Ecke des Bergs leben an die 2000 Affen. Sie lassen uns auch nicht aus den Augen, während wir uns auf den Hügel hocharbeiten. Vielleicht fällt doch noch etwas für sie ab. Oben angekommen dann die Ernüchterung der Naturidylle. Nicht alle Affen sind frei. Drei verzweifelte Affen in Ketten müssen Kunststücke zur Belustigung der Menschen aufführen. Ein trauriges Spektakel.
Für uns ist an dieser Stelle das Spektakel der Yuntai Berge dann auch zu Ende. Es ist bereits spät, als wir den Zhuyu hinabsteigen. Wir haben noch einen langen Weg nach Kaifeng vor uns, den wir mit kreischend grellen indischen Bollywood-Filmen und vollkommen idiotischer Handlung zu verkürzen versuchen. Alle fiebern mit, denn es gibt Untertitel sowohl auf Chinesisch als auch Englisch.
Kaifeng: Hauptstadt von sieben Dynastien
Wir haben Kaifeng spät und ausgehungert erreicht, weswegen wir gar nicht erst einchecken sondern direkt zur Essensaufnahme schreiten. Nach acht Stunden Auspowern im Yuntaishan Park stürzen wir uns wie die Löwen auf die, für Kaifeng typischen, gefüllten Teigtaschen.
So satt macht der Besuch auf Kaifengs Nachtmarkt wenig Sinn. Es ist kein Fitzelchen Platz mehr für das lecker, oftmals aber auch merkwürdig anmutende Speisenangebot. Skorpionen oder ähnlich Skurriles bleibt uns hier aber erspart. Dafür saugen wir die Atmosphäre auf. Alles schiebt sich durchs Gedränge, vorbei an Ständen, an denen Moslems sogar Kebab und Fladenbrot zubereiten, vorbei an Popcornverkäufern und allerlei kreischend bunten Süßkram.
Schnell wird klar, Kaifeng hat viel Charakter, den wir heute nach einer kurzen Nacht genauer erkunden wollen. Kaifeng ist von einer alten Stadtmauer umgeben und hat eine Geschichte von mehr als 2700 Jahren. Einen Teil ihrer ursprünglichen Pracht hat sich die Stadt erhalten. Zuweilen muss man mal ein Auge zudrücken und lernen, historisches Original und Fälschung zu unterscheiden.
Besonders offensichtlich wird diese im Qingming Garten, ein Themenpark, der vor historischen Kitsch strotzt, uns aber prächtig unterhält. Es macht Freude zu beobachten, mit wie viel Vergnügen die Chinesen sich dort beschäftigen. Der Park ist eine Nachbildung von Zeduans Meisterwerk aus dem 12. Jahrhundert. Das bedeutende Qingming-Gemälde, eine Flussuferszene des Qingming-Festes befindet sich heute in Peking in der verbotenen Stadt. Das detailreiche Bild zeigt das Leben in einer Stadt, die Experten für Kaifeng halten, und bietet wertvolle Einblicke in das Alltagsleben zu Zeiten der Song Dynastie. Würden wir nicht so erbärmlich frieren, denn heute bläst ein eisiger Wind und kein Sonnenstrahl schafft es durch die dicke Nebeldecke, würden wir dem Schauspiel länger beiwohnen.
Pagode unter Denkmalschutz
Auch im Eisenpagodenpark verweilen wir nicht allzu lange. Die 55 m hohe, achteckige Pagode aus dem 11. Jahrhundert ist ein hinreißendes, schlankes Ziegelbauwerk, das mit glasierten rostfarbenen Kacheln verkleidet ist (daher der Name). Sie ist geschlossen. Unsere Waden danken es. Wir können die 13 Stockwerke nicht erklimmen.
Die Pagode steht unter höchstem Denkmalschutz und gilt als die chinaweit höchste, älteste und am besten erhaltene Pagode. Wenn der Wind allerdings weiter so bläst, wird sie bald zum schiefen Turm von China. Etwas geneigt ist sie schon.
Bevor uns unser geduldiger Fahrer nach Dengfeng, ins Zentrum der traditionell chinesischen Kampfkunst bringt, wo wir morgen das Shaolin Kloster besuchen werden, geht es noch in Kaifengs jüdisches Viertel. Kaifeng war die erste Stadt in China, in der sich während der Song-Dynastie jüdische Händler ansiedelten, die über die Seidenstraße gekommen waren. Viel gibt es dort allerdings nicht zu sehen. Die Synagoge viel einer Überschwemmung zum Opfer.
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