Die chinesische Stadt Suzhou 苏州 liegt in der Provinz Jiangsu 江苏 und ist besonders für seine klassischen Gärten bekannt. Der UNESCO zufolge repräsentieren die Gärten von Suzhou die Entwicklung des chinesischen Landschafts- und Gartendesigns von über zweitausend Jahren und sie seien die edelsten ihrer Art. Kein Wunder, dass die UNESCO viele der klassischen Gärten ihrer Weltkulturerben-Liste hinzugefügt hat. Die Gärten wurden meist von chinesischen Gelehrten erbaut und machten Elemente wie Steine, Hügel, Flüsse und strategisch angelegte Pavillons und Pagoden zu Standardkomponenten des klassischen chinesischen Gartens.
Tausende von Besuchern kommen jährlich nach Suzhou, um sich an den wunderschönen Gartenarchitekturen zu erfreuen, die die Stadt zu einem vielbesuchten Touristenziel machen. Zu den Highlights gehören unter anderem der Humble Administrator’s Garden 拙政园, der Lingering Garden 留园, der Lion Forest Garden 狮子林 und der Garden of Cultivation 艺圃.
Der Humble Administrator’s Garden: Garten des bescheidenden Beamten
Unter den zahlreichen Gartenanlagen der Stadt Suzhous ist der Humble Administrator’s Garden 拙政园 der größte von allen. Der im Jahre 1513 während der Ming-Dynastie 明朝 errichtete Garten umfasst eine Fläche von insgesamt 5,2 Hektar und ist zugleich einer der berühmtesten Gärten in China. Folglich ist der Garten mit dem „AAAAA Scenic Area“ Siegel ausgezeichnet worden. In erster Linie zeichnet sich der Garten durch die große Anzahl miteinander verbundener Seen und Inseln aus, die viele wunderschöne Brücken und Pavillons für die Besucher bereithalten. Die Anlage ist insgesamt in drei Bereiche aufgeteilt: Das zentrale, östliche und westliche Areal, wovon das zentrale Areal mit seinen Hügeln und Teichanlagen das wohl wichtigste Element darstellt.
Neben gewundenen Wegen, alten Bäumen, seiner Vielzahl an Blumen und dem grünen Bambus lädt der Garten zu einem erholsamen Tagesausflug ein. 48 Pavillons, 40 Stelen, 21 edle alte Bäume und über 700 Penjings 盆景, die im Suzhou-Stil gezüchtet wurden, begeistern zahlreiche Besucher. Ein Penjing ist ein kleiner eingetopfter Baum, der die chinesische Kunst der Aufzucht von künstlich geformten Ziehbäumen darstellt. Im westlichen Raum sind diese Bäume als die japanischen Bonsai bekannt. Diese fanden allerdings ihren Ursprung in China und wurden von japanischen buddhistischen Mönchen vom chinesischen Festland nach Japan gebracht.
Im westlichen Teil befindet sich die Halle der achtzehn Chinarosen (oder japanischen Kamelien), die mit altertümlichen Möbeln, interessanten Malereien und Kalligraphien geschmückt ist. Weitere von Pinien und Bambus gesäumte Pavillons können im östlichen Areal besucht werden. Der Humble Administrator’s Garden stellt eine herausragenden Möglichkeit dar, die chinesische Kunst, Kultur, Architektur, Kalligraphie und Malerei besser zu verstehen.
Lingering Garden: Garten des Verweilens
Der Suzhouer Lingering Garden gehört ebenfalls zu den klassischen Gärten, die hier erwähnt werden müssen. Der Bau des knapp 2,3 Hektar großen Gartens wurde 1593 von dem chinesischen Beamten Xu Taishi 徐泰时 in Auftrag gegeben und 1997 ebenfalls als UNESCO Weltkulturerbe ausgezeichnet. Im Jahr 1798 übernahm ein weiterer Beamter die Obhut des Gartens und gestaltete diesen nach eigenen Vorstellungen um. So fügte er Pinien und Bambuspflanzen hinzu, worauf er die Anlage in Cold Green Village umbenannte. Im weiteren Verlauf fügte er Steinelemente hinzu und errichtete dafür ein eigenes Areal, das er Cold Stone Forest nannte. Leider wurden weite Teile des Gartens während des Taiping-Krieges 太平天国 zwischen der Taiping-Armee und dem Qing-Kaiserreich zerstört. Die Beschädigungen wurden allerdings 1873 behoben und repariert. Drei Jahre später erhielt der Garten seinen heutigen Namen Liu Yuan 留园. Liu heißt im Chinesischen so viel wie Verweilen und lädt seine Besucher damit zum Ausflug und Entspannen ein.
Die Gartenanlage ist in die vier Bereiche Zentralgarten, Ostgarten, Westgarten und Nordgarten aufgeteilt. Auch hier bildet der Zentralgarten den ältesten Teil des Lingering Garden. Neben seiner sowohl erholsamen wie auch wunderschönen Gartenarchitektur hält der Garten zwei ganz besondere Schätze bereit, die von der UNESCO als immaterielle Welterben ernannt wurden. Es geht um die chinesische Pingtan- und Guqin-Musik, die im Garten regelmäßig vorgeführt werden und den Ort mitunter zum Publikumsmagneten machen.
Pingtan 评弹 ist auch als Suzhou-Pingtan bekannt und ist eine Form des Sprachgesangs, der besonders im südlichen Jiangsu, nördlichen Zhejiang 浙江 und in Shanghai 上海 berühmt war. Sein Ursprung der musikalischen Kombination aus Pinghua 评话 und Tanci 弹词, beides Formen der erzählerischen Musiktradition, liegt in Suzhou selbst und wird auf die Zeit der Song-Dynastie 宋朝 datiert. Bei der Guqin 古琴 handelt es sich um die Kunst eines siebenseitigen Musikinstruments, das besonders von Literaten und Gelehrten bevorzugt wurde. Sagen zufolge habe die Guqin eine über 5000-jährige Geschichte und mythische Figuren wie Fuxi 伏羲, Shennong 神农 und der gelbe Kaiser 黄帝 sollen an ihrer Kreation teilgehabt haben.
Lion Forest Garden: Garten der steinernen Löwen
Der knapp zehn Hektar große Garten wurde im Jahr 1342 vom Mönchen Tianru 天如 errichtet und erhielt seinen Namen aufgrund der vielen steinernen Skulpturen, die in ihren Formen an Löwen erinnern. Die Steine stammen zum größten Teil aus dem Taihu 太湖 in Hangzhou 杭州. In seinen frühen Jahren war der Garten vor allem als Rückzugsort für Maler und Kalligraphen bekannt. Nach dem Tot des Mönchen Tianru, wechselte der Garten zu zahlreichen verschiedenen Besitzern und verfiel in den späteren Jahrzenten. Erst 1918 übernahm ein wohlhabender Industrieller den Garten und baute diesen neu auf. Mit der Gründung der Volksrepublik China, ging der Garten in die Hände des Staates über.
Der Garten zeichnet sich in besonderer Weise durch die bereits angesprochenen Steine bzw. Felsen aus, die sich in einer faszinierenden Anordnung vorfinden lassen. Zum Teil können auch darin enthaltene Höhlen begangen werden, was diesem Teil des Gartens auch den Namen Kingdom of Artificial Hills beschert hat. Die Felsen und Steine bedecken insgesamt 1153m² des gesamten Gartens. Im Jahr 2000 ernannte die UNESCO auch den Lion Forest Garden 狮子林园 zu einem UNESCO Weltkulturerbe.
Garden of Cultivation: Der Garten der Gelehrten
Der Garden of Cultivation 艺圃 wurde im Jahr 1541 von Yuan Zugeng 袁祖庚 errichtet und wurde zu Beginn Hallen der Erleuchtung genannt. 1620 wurde die Anlage dann vom Gelehrten Wen Zhenheng 文震亨 übernommen, der der Enkel des Wen Zhengming 文征明war. Der aus Suzhou stammende Wen Zhengming hatte zu seiner Zeit am Design des Humble Administrator’s Garden mitgewirkt. Er selbst war ein Maler, der Motive mit einem sehr simplen Erscheinungsbild gewählt hatte. Sein Enkel Wen Zhenheng war selbst Gartendesigner und gestaltete seine neue Errungenschaft nach eigenen Vorstellungen um. Folglich beherbergte der Garten zahlreiche Kräuter, was zum einfachen Namen Kräutergarten führte. Erst im Besitz von Jiang Shijie erhielt der Garten seinen heutigen Namen, was unter anderem an den Umständen liegt, dass alle Besitzer Gelehrte waren.
Der im Jahr 2000 als UNESCO Weltkulturerbe deklarierte Garten umfasst eine Fläche von 3,967m² und ist in einen östlichen und westlichen Bereich aufgeteilt. Aufgrund seines ästhetischen Designs, den klaren Kompositionen und der Einfachheit seiner Elemente, ist der Garten ein typischer Repräsentant der Ming-Dynastie.