Ningbo 宁波 liegt in der Provinz Zhejiang und gehört mit seiner fast siebentausendjährigen Geschichte zu den ältesten Städten Chinas. Aufgrund seiner ausgeprägten zenbuddhistischen Vergangenheit hält Ningbo zahlreiche optisch beeindruckende historische Tempel bereit. Darunter zählen unter anderem der Qita Tempel, der Tiantong Tempel und der Baoguo Tempel.
Der Beginn der historischen Aufzeichnungen Ningbos wird auf das Zeitalter der Entstehung der Hemudu Kultur 5500 bis 3300 v.Chr. datiert. Die Stadt war auch als Handelsstadt auf der Route der Seidenstraße von vor 2000 Jahren bekannt und gehörte neben Yangzhou und Guangzhou zu den Hauptumschlagplätzen während der Tang Dynastie.
Der Tianyi Pavillon
Während Ningbo zu den ältesten Städten Chinas zählt, beherbergt die Stadt zeitgleich die älteste private Bücherei Chinas: Der Tianyi Pavillon 天一阁. Am Moon Lake 月湖 angrenzend nimmt die Bücherei eine Fläche von 26.000 Quadratmetern ein und verfügte in der Vergangenheit über eine Buchsammlung von 300.000 Büchern, von denen 80.000 als seltene Exemplare ausgezeichnet sind. Gründer der Bücherei ist Fan Qin, der die Bibliothek 1561 während der Ming Dynastie gegründet hat. Nach dem Tod von Fan Qin besaß die Bibliothek bereits 70.000 Werke. Der Name Tianyi bezieht sich auf die kosmische Einheit, die das erste Mal während eines Kommentars über das Buch der Wandlungen während der Han Dynastie beschrieben wurde.
Fan Qin besaß eine große Vorliebe für Bücher und sammelte Werke über lokale Analen, Aufzeichnungen über erfolgreiche Kandidaten der kaiserlichen Beamtenprüfung verschiedener Dynastien und andere Sammelwerke. Einen wichtigen Bestandteil der Sammlung machten auch Werke von Freunden wie auch handschriftliche Kopien aus. Während des zweiten Opium-Krieges haben die Briten allerdings zahlreiche Bücher mit historischen und geographischen Aufzeichnungen aus der Bibliothek entwendet.
Danach folgten zahlreiche Diebstähle, die die Sammlung bis zur Gründung der Volksrepublik schlussendlich auf 20.000 Exemplare reduzierte. Nach der Gründung sorgten sowohl die Regierung als auch Spenden privater Sammler dafür, dass der Umfang wieder auf 30.000 Werke anstieg. Bei den meisten handelt es sich um seltene Schriften aus der Zeit der Ming Dynastie und handschriftliche Kopien. 1982 wurde der Tianyi Pavillon von der Regierung als nationales Erbe deklariert.
Der Baoguo Tempel
Ungefähr 15 Kilometer nördlich vom Stadtzentrum Ningbos entfernt befindet sich der Baoguo Tempel 保国寺. Ursprünglich hieß der Tempel Lingshan Tempel, dessen Name allerdings 880 n. Chr. während der Tang Dynastie in Baoguo Tempel umbenannt wurde. Am Lingshan Berg 灵山 liegend zeichnet sich der Tempel durch eine Kombination verschiedener architektonischer Merkmale aus unterschiedlichen Dynastien aus. Ursprünglich während der Han Dynastie errichtet, wurde der Tempel in den folgenden Dynastien stetig erweitert. Des Weiteren ist der Tempel das zweitälteste Holzkonstrukt in Südchina, dessen Haupthalle des gegenwärtigen Tempels im Jahr 1013 während der Song Dynastie errichtet wurde.
Bis heute stellt die Haupthalle ein Mysterium für viele Wissenschaftler dar. Obwohl das Gebäude komplett aus Holz errichtet wurde, gibt es keine Vögel, die ihre Nester in der Halle bauen. Genauso sind die Räumlichkeiten frei von jeglichen Insekten und Staub. So wird weniger wissenschaftlich vermutet, dass das Holz den Hallen eine besondere Atmosphäre verleiht, die die Insekten verschreckt. Andere wiederum vermuten, dass der Grund in dem besonderen Baustil liegt. Beispielsweise ist kein einziger Nagel nötig, der das Konstrukt zusammen hält. Bläst der Wind durch die Hallen entsteht ein Wirbel, der ein Geräusch entstehen lässt, welches Vögel und Insekten gleichermaßen verschreckt. Zugleich trägt der Wind den Staub hinfort.
Die Hallen des Tempels gehören heute selbstverständlich zu den touristischen Attraktionen Ningbos. So werden die Räumlichkeiten für Ausstellungen über konfuzianische Bronzen, Guanyin Statuen und Ningbo-Möbel genutzt.
Der Qita Tempel
Wie bereits erwähnt besitzt Ningbo eine weit zurückreichende Geschichte, die vom Zenbuddhismus geprägt ist. Neben vielen buddhistischen Tempeln um die Stadt Ningbo herum, glänzt der Qita Tempel 七塔寺 mit seiner Optik mitten im Stadtzentrum. Der Tempel wurde im Jahr 858 n. Chr. errichtet und hieß zunächst Dongjin Zen Courtyard. In den vielen Jahren seiner Geschichte erfuhr der Tempel zahlreiche Zerstörungen und Renovierungen. Während der Kulturevolution wurde er sogar komplett zerstört und 1980 wieder neu aufgebaut. Seit 2011 wird das Konstrukt als nationales Relikt gelistet und steht unter dem Schutz der lokalen Regierung.
Besucher des Tempels werden bei ihrer Besichtigung feststellen, dass die Räumlichkeiten heute noch von buddhistischen Mönchen bewohnt werden. Die erste Halle ist die Halle der Götter des Himmels, in der sich große buddhistische Statuen befinden. Wie auch bei den anderen buddhistischen Tempeln beeindrucken vor allem die handwerkliche Kunst und Architektur. Die Besucher werden den Geist und die Mühen förmlich spüren, die die Menschen bei der Errichtung des Tempels in ihre Arbeit gesteckt haben. So fallen die aufwändigen Holzschnitzereien in Türen und Säulen als weiteres beeindruckendes Detail auf.
Der Tiantong Tempel
Ein weiterer Tempel und Zeitzeuge der mehrjährigen zenbuddhistischen Geschichte Ningbos ist der Tiantong Tempel 天童寺. Dieser wurde im Jahr 300 n. Chr. vom Mönch Yi Xing gegründet. Mitunter den wichtigsten buddhistischen Tempeln zugehörig, ist der Tempel auf Platz zwei auf der Liste der heiligen zenbuddhistischen Berge gelistet. Der Tempel selbst ist ein riesiger Komplex, der im Innern über 730 Räume verfügt. Folglich handelt es sich um einen der größten chinesisch buddhistischen Komplexe. Wie auch der Baoguo Tempel, liegt der Tiantong Tempel 15 Kilometer von der Stadt Ningbo entfernt.
In den Bergen des Tiantong Forest Park liegend, ist der Tempel von Bäumen und idyllischen Landschaftsbildern umgeben. So lassen sich in den Bergen hinter dem Gebäude zahlreiche Höhlen, viele verschiedene Pavillons und vor allem eine lebendige Tierwelt finden. Der Tempel selbst ist mit unzähligen Stelen, Inschriften und historischen Steinschnitzereien wie auch Relikten ein Überlieferer und Erzähler einer Jahrtausend alten Geschichte. Aufgrund seiner langen Vergangenheit, stellt der Tempel eine Pilgerstätte dar. So soll beispielsweise die Caotong-Sekte, eine zenbuddhistische Gruppierung, dort ihren Ursprung haben.
Im frühen 13. Jahrhundert traf der 26-jährige japanische Mönch Dogen Zenji den Caotong-Mönch Rujing und studierte gemeinsam mit diesem über zwei Jahre. 1227 schließlich kehrte Dogen Zenji nach Japan zurück, wo er zahlreiche Zen-Tempel gründete. Folglich kommen Anhänger der Caotong-Sekte (Soto im Japanischen) zum Tiantong Tempel zu Besuch.
Der Tianyi Square
An letzter Stelle sollte noch eine etwas modernere Sehenswürdigkeit Ningbos erwähnt werden. Denn im Zentrum der Innenstadt befindet sich Ningbos größter öffentlicher Platz, der eine Fläche von 200.000 m² einnimmt. Vom Architekten Ma Qingyun designt, wurde der Tianyi Square 天一广场 im Jahr 2002 fertig gestellt, der von insgesamt 22 Gebäuden im europäischen Stil umschlossen wird. Der Platz selbst besitzt ein Wasserareal mit einer Fläche von 6000 m², in dem sich Wasserbecken und Springbrunnen befinden. Im Zentrum befindet sich ein Musikspringbrunnen, der mit einer Höhe von 40 Metern der größte Asiens ist. Der Brunnen kann mit seinem Wasserspiel verschiedene Formen annehmen und sorgt so für ein optisches Highlight.
In der Nähe des Brunnens befindet sich zusätzlich ein Wasserbildschirm mit einer Höhe von 20 Metern und einer Breite von 60 Metern, auf dem Besucher Filme gucken können. Mit seinem Umfang trägt der Tianyi Square den Titel des größten multifunktionalen Squares in ganz China. Zusätzlich gewann der Square im Jahr 2003 den Preis als bestes öffentliches Kunstkonstrukt. Besonders praktisch sind die vielen Geschäfte und Einkaufsmöglichkeiten rund um den Square. So ist der Tianyi Platz eine „One-Stop“ Shoppingadresse, da Besucher alles Mögliche von Kleidung, Heimartikel bis hin zu Souvenirs finden können.
Tangyuan: Kulinarisches Kulturerbe Ningbos
Obwohl vielen die schmackhaften Tangyuan 汤圆 bekannt sein dürften und diese in den weiten Teilen Chinas gegessen werden, so sind sie vielen doch als die Spezialität Ningbos in Erinnerung geblieben. In Ningbo gibt es schließlich die größte Vielfalt an Tangyuan. Und so ist es sicherlich nicht verwunderlich, dass die Kulturabteilung der Provinz Zhejiang das Rezept zur Herstellung der leckeren Reisbällchen in der Liste der 202 lokalen Kulturgüter auflistet.
Den Tangyuan wird nachgesagt, dass ihr Ursprung während der Zeit der Song Dynastie datiert werden kann. Bei der gerade in Ningbo beliebten Speise handelt es sich um kleine Kugeln, die aus klebrigem Reis geformt und mit fruchtigem Inhalt gefüllt sind. Die wohl bekannteste Füllung dürfte die Sesampaste sein. Werden diese gekocht, schmecken sie süß und überaus lecker. Sie sind auch unter dem früheren Namen Yuanxiao bekannt. Etwas anders als in den anderen Regionen Chinas ist es in Ningbo Tradition, am Morgen des Frühlingsfestes gemeinsam mit seinen Familienangehörigen Tangyuan zu essen.