Meine Chinesischlehrerin in Tianjin hat uns, wenn der Smog mal wieder ganz schlimm war, immer erzählt, dass sie sich noch an den blauen Himmel in China erinnern könne. Sicherlich gibt es in China nicht jeden Tag Smog und auch nicht überall ist er verteilt. Aber: Smog und Umweltschutz sind ein immer größeres Problem für China. Einher geht dies mit der Frage, ob die Lebensmittel in China auch ökologisch sein können und wie die Stadt von Morgen aussieht. Der Markt ist da, denn immer mehr Chinesen wollen gesunde Lebensmittel, die nicht durch Smog und Abwässer verseucht werden. Und sie sehnen sich nach einem blauen Himmel.
Bürgerliches Engagement
In China kümmern sich immer mehr Bürger um eine bessere Umwelt und ökologische Projekte gewinnen an Zuspruch. Auch wenn noch viel zu tun ist, ist erkennbar geworden, dass viele bereit sind, mit Umweltschutz anzufangen. Es ist auch einer der wenigen Bereiche, in denen NGOs ohne große Probleme agieren können und der Staat dies auch ausdrücklich begrüßt.
Zu den vielen Aktionen, die inzwischen von Bürgern organisiert werden, gehören Foren bei WeChat, in denen Bürger öffentlich Umweltverschmutzungen anprangern können. Denn: China hat Umweltschutzgesetze, doch werden sie nach wie vor häufig umgangen. Stellt jemand also fest, dass die Fabrik nebenan Abwasser in die Flüsse pumpt, so kann sie dies in der Gruppe posten und dadurch den öffentlichen Druck auf das Unternehmen erhöhen. Sollte es zu gerichtlichen Auseinandersetzungen kommen, dienen sie auch als Beweis. Und die Erfahrung zeigt, dass dieses System funktioniert! Chinesen werden oft als eher unpolitisch beschrieben, aber wenn es um ihre eigene Gesundheit geht, dann können sie genauso gut demonstrieren und anklagen, wie wir.
Ökologisch boomt
Die Umweltbelastung in Gewässern und den Böden wirkt sich natürlich auch auf die Lebensmittel aus. In Peking, aber auch in anderen Städten Chinas, gibt es inzwischen Bauernmärkte, die nur ökologisch produzierte Waren verkaufen und dies auch nachweisen müssen.
Sowieso interessieren sich immer mehr Chinesen dafür, wie ihre Lebensmittel hergestellt werden. Heute gibt es viele Bäckereien, die hinter gläsernen Wänden backen, damit alle sehen können, was in den Teig kommt und was nicht. Regelmäßig bieten sie auch Back-Kurse an, damit die Kunden ein besseres Verständnis zu ihrem Produkt bekommen.
Diverse Skandale führten dazu, dass Chinesen ihren eigenen Lebensmitteln nicht mehr trauten. Einer der bekanntesten Zwischenfälle war sicherlich der Milchpulverskandal. Mehrere Säuglinge starben durch verunreinigtes Milchpulver. Die Folge: Ein Run auf deutsches Milchpulver und eine Kaufbeschränkung bei führenden deutschen Drogerien, die mit der Nachlieferung nicht mehr nachkamen, da sich ein regelrechtes Business im Export deutschen Milchpulvers nach China entwickelte.
BIO-Siegel
China verabschiedet derweil scharfe BIO-Gesetze, die sicherstellen sollen, dass sich die Lebensmittelsicherheit in China verbessert und China ökologisch wird. Aber das ganze hat einen gewaltigen Haken. Vorschriften hat es in China schon in vielen Bereichen gegeben und immer wurden sie umgangen. Da stellt sich die Frage, was so ein Zertifikat "ökologisch" eigentlich noch wert ist. Viele Bauern verzichten deshalb auf die teuren Zertifizierungsverfahren ihrer ökologisch angebauten Lebensmittel. Um das Vertrauen der Bevölkerung zu gewinnen, setzten sie auf offene Höfe. Die Menschen sollen vorbeikommen und sich anschauen, wie sie produzieren. Auch lassen sie Wasser und Böden regelmäßig untersuchen und veröffentlichen die Ergebnisse.
Gerade in Deutschland boomen ökologisch angebaute Produkte und jeder Supermarkt bietet inzwischen eine ganze Bandbreite BIO-zertifizierter Lebensmittel an. Doch wo kommen sie überall her? Nicht nur aus Deutschland. Seit einigen Jahren ist China ein großer Exporteur von BIO-Lebensmitteln. Auch nach Deutschland.
Zurück aufs Land
Während die Landbevölkerung vermehrt in die Städte zieht, um dort Arbeit zu finden und von einer besseren Zukunft für ihre Kinder träumt, verschlägt es immer mehr junge Städtler zurück aufs Land. Sie haben genug von den dreckigen und versmogten Städten und gehen gemeinsam mit ihren Freunden in die ländlichen Regionen, um doch Lebensmittel ökologisch zu produzieren - gesunde Lebensmittel.
Grüne Städte
Aber auch die Städte sollen sich verändern. Das deutsche Architekturbüro des kürzlich verstorbenen Architekten Albert Speer jr. hat einen Wettbewerb gewonnen und soll nun in der Nordost-chinesischen Stadt Changchun zukunftsorientierte und ökologische Stadtteile entwerfen und errichten.
Auch auf der Insel Chongming, bei Shanghai, sollte eine CO2-freie Ökostadt entstehen. Die Eröffnung sollte eigentlich zur Expo 2010 in Shanghai erfolgen, doch wurde das Projekt inzwischen eingestellt.
Viele Projekte in China zeigen, dass ökologisch und grün inzwischen auch mit China verknüpft werden soll und kann. Aber bei der Umsetzung sind noch einige Hürden zu nehmen. Die Gesetze sind da. Jetzt müssen sie nur noch umgesetzt werden. Eins wird aber deutlich: Die Chinesen entwickeln ein Verständnis von Nachhaltigkeit und Ökologie. Sie verstehen, dass der Wachstum der vergangenen Zeit, der die Umwelt zerstörte, nicht die Zukunft sein kann. Und wenn China an den Zielen zum Pariser Klimaabkommen wirklich festhält und Maßnahmen umsetzen wird, dann wird der Smog und die Umweltverschmutzung in China vielleicht eines Tages der Vergangenheit angehören.