Vor Hongkongs Küste findet jedes Jahr ein besonderes Fest statt: das Cheung Chau Bun Fest (包山節). Das Bun-Festival auf Cheung Chau Island zieht jedes Jahr zehntausende Schaulustige und Besucher aus Hongkong und Übersee an. In diesem Jahr findet Cheung Chau Bun vom 19. bis zum 23. Mai statt. Obwohl die Feierlichkeiten als Ritual für die Götter begannen, steht heute die religiöse Bedeutung stark im Hintergrund und dient vielmehr der Zurschaustellung der örtlichen Folklore und sportlicher Wettkämpfe.
Brötchen für die Götter – der Ursprung des Festivals
Der Beginn des Festivals liegt wahrscheinlich im 18. Jahrhundert. Damals wurde die Insel Cheung Chau von einer Epidemie und Priratenüberfällen heimgesucht. Um die bösen Geister, die mutmaßlich an diesen Übeln die Schuld trugen, zu vertreiben, trugen die Einwohner eine große Statue des Gottes Pak Tai (北帝) durch die Straßen. Die Geister verschwanden, die Epidemie verschwand und auch die Piraten kamen nicht mehr auf die Insel. Eine Tradition war geboren und seitdem findet, mit einer Unterbrechung, dass Festival jedes Jahr statt.
Schwebende Helden und Türme aus Bötchen
Natürlich hat das Fest viele Sitten, Gebräuche und Veranstaltungen, mit denen das "Fest der hungrigen Geister" begangen wird. Der Beginn wird mit dem kollektiven Verzicht auf Fleisch eingeläutet. In Garküchen, Restaurants und sogar bei McDonalds werden für drei Tage nur fleischlose und vegane Speisen verkauft. Freunde der typisch chinesischen Prachtparaden mit Löwen und Tänzen kommen voll auf ihre Kosten und können anschließend die "Parade der Helden" bestaunen. Bei dieser Parade, werden als legendäre und moderne Helden verkleidete "schwebende" Kinder präsentiert. Die Kinder werden auf unsichtbaren Stahlgerüsten auf Schwertspitzen und Fächern balanciert. Die Teilnahme gilt als große Ehre.
Eine weitere sehr typische Veranstaltung ist das Brötchen Haschen (搶包山). Es werden hierfür drei 18 Meter hohe Türme aus Bambus aufgestellt und mit Bötchen verkleidet. Die Tradition sieht vor, dass die Teilnehmer den Turm hinaufrennen um ein Brötchen von möglichst weit oben zu erhaschen. Je weiter oben das Brötchen, desto mehr Glück verheißt es für denjenigen, der es geschnappt hat. Leider ist die Alte Art dieses Wettbewerbes nicht ganz ungefährlich und so kam es 1978 zu einem Unfall, bei dem einer der Türme zusammenbrach. Der Wettbewerb wurde danach verboten und erst 2005 wiederbelebt. Das Brötchen Haschen, verdankt seine Wiedereinführung übrigens einem kleinen Schweinchen.
My life as McDull – Ein Schwein rettet das Festival
Durch den Unfall von 1978, bei dem 100 Menschen verletzt wurden, wurde der Wettbewerb des Brötchen Haschens für lange Zeit verboten. Doch 2001 kam ein Kinderfilm in die Kinos, der wieder frischen Wind in die Diskussion brachte. My life as McDull handelt von einem kleinen Schweinchen, dass unbedingt an den Olympischen Spielen teilnehmen möchte und sehr hart dafür trainiert. Überhaupt entspricht McDull der mit seinen Eigenschaften den Vorstellungen von einem perfekten Helden. Ein hartarbeitendes, pflegeleichtes Schweinchen, dass vor allem nie aufgibt. Dieser "Hongkong Dream" riss alle mit sich und inspirierte die Menschen. Es ist nämlich so, dass McDull zwar hart für Olympia trainierte, Brötchen Haschen jedoch nicht zu den Disziplinen gehörte, an denen Sportler teilnehmen konnten. Doch McDulls Mutter schrieb einen Brief an den Vorsitzenden des IOC (International Olympic Committee) und bat um Aufnahme der Disziplin. Die Begeisterung der Bevölkerung sorgte schließlich dafür, dass Cheung Chau Bun snatching wieder eingeführt wurde.
Brötchen Haschen – Eine Elite-Disziplin
Heute sind die Türme nicht mehr aus Bambus, sondern aus Stahl und die Brötchen sind, um Lebensmittel Verschwendung vorzubeugen, aus Plastik. Außerdem kann sich nicht mehr jeder der möchte an dem Spaß beteiligen. Im Vorfeld nehmen 12 trainierte Athleten an vorhergehenden Wettbewerben teil, um sich für das Spektakel zu qualifizieren. Um die Sicherheit dieser zu gewährleisten, werden Sicherungsseile und Kletterausrüstungen benutzt. Zusätzlich dürfen nur noch drei Personen auf einmal den Turm besteigen.
Übrigens: Die Firma Kwok Kam Kee (郭錦記餅店) liefert pro Jahr ungefähr 60.000 Teigtaschen für das Festival.
Verbrennung des Königs der Geister
Eine Viertelstunde vor Mitternacht werden Papiermodelle des "Königs der Geister" zusammen mit viel Räucherwerk entzündet und läuten so den Höhepunkt der Festlichkeiten ein. Anschließend werden die restlichen Teigtaschen von den Türmen "geerntet" und unter den Feiernden verteilt. Danach ziehen die Besucher und Teilnehmer bis spät in die Nacht durch die Straßen.
Andere Provinzen andere Sitten
Obwohl das Festival auf Cheung Chau Island in dieser Form mit Sicherheit einzigartig ist, gibt es in anderen chinesischen Provinzen ähnliche Veranstaltungen. In Taiwan, Sichuan, Fujian und Guangdong werden ebenfalls Feierlichkeiten ganz im Zeichen der leckeren Teigtaschen gefeiert. Die Zeitpunkte richten sich nach dem chinesischen Mondkalender und variieren von jährlich bis zu einmal alle 60 Jahre.