Harbin - Rote Wurst, Babuschka und das Eislaternenfest

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Von den drei Begriffen, die den Titel dieses Beitrags bilden - Rote Wurst, Babuschka und Eislaternenfest - werden zumindest die ersten beiden nicht direkt mit China in Verbindung gebracht. Hier denke ich zu allererst an Russland. Ganz falsch ist dies nicht, aber in Harbin gehören eben auch russische Eindrücke zu China.

Es begann mit der Eisenbahn

Alles begann als Russland 1896 einen Vertrag mit der Qing-Dynastie schloss, um eine Eisenbahnstrecke bis nach Dalian zu bauen. Hier wartete ein weiterer Zugang zum Meer. Jener Vertrag sah zunächst eine Strecke von Wladiwostok zunächst bis ins Fischerdorf Harbin vor. Sie sollte dann bis nach Dalian (Provinz Liaoning) fortgeführt werden.

Harbin, was auf Mandschurisch soviel heißt, wie „der Ort, an dem man Fischernetze trocknet", wurde somit von einer ganzen Reihe russischer Arbeiter überflutet. Ihnen folgten später Juden aus Russland sowie nach der Russischen Revolution (1917) auch Flüchtlinge der Weißen Armee. Die Geschichte russischer Arbeiter, Einwanderer und Flüchtlinge prägt Harbin bis heute und wurde nicht nur zum prägenden Architekturstil, sondern auch zum Wahrzeichen der Stadt.

Sophienkathedrale

Zeuge dieser russischen Prägung ist auch das wohl bekannteste „Gesicht" Harbins: die Sophienkathedrale. Die russisch-orthodoxe Sophienkathedrale hat heute zwar keine kirchliche Funktion mehr, aber dennoch erinnert sie wie kein anderes Gebäude an die Zeit als sich gefühlt mehr Russen als Chinesen hier aufgehalten haben müssen.

Sophienkathedrale, Harbin, Heilongjiang, China

Nachdem sie 1997 restauriert wurde, beherbergt sie nun ein kleines Museum, aber die meisten Besucher genießen eher den Anblick von außen. Ein Besuch bei Tag lohnt sich genauso wie ein Besuch bei Nacht bzw. einsetzender Dämmerung. Zu dieser Zeit erscheint die Sophienkathedrale von außen sprichwörtlich in einem ganz anderen Licht.

Harbins Zhongyang-Straße

Aber es ist nicht nur diese Kirche, sondern die ganze Stadt, die einen vergessen lässt, dass man sich in China befindet. Die zentrale Fußgängerzone der Stadt ist die Zhongyang Straße. Besonders abends versprüht diese Straße einen gewissen Charme, wenn die Bäume und Häuser bunt beleuchtet werden. Mindestens an jeder Straßenecke finden sich die zwei Schriftzeichen für die Rote Wurst 红肠. Kulinarisch gehören Würste aus deutscher Sicht zu dem dunkelsten Kapitel der chinesischen Küche, denn sie sind oft süß.

Zhongyangjie, Harbin, Heilongjiang, China Zhongyang Straße bei Nacht

Ausnahme bietet da die Rote Wurst aus Harbin. Sie entspricht schon eher unseren Vorstellungen einer Wurst. Sie hat etwas von einer polnischen Krakauer und es gibt sie in drei Variationen: mit und ohne Fettstückchen oder als Kinderwurst. Aber der Geschmack hat sich verändert, hat mir meine Lehrerin erzählt, die gebürtig aus Harbin stammt. Heute wird sie auch „liebevoll" Knoblauchwurst genannt. Und es stimmt, sie hat einen sehr ausgeprägten Knoblauchgeschmack. Ist nicht jedermanns Sache.

Rote Wurst, Harbin, Heilongjiang, China Rote Wurst

Auf der Straße finden sich aber nicht nur Würste, sondern auch andere Lebensmittel und Getränke aus Russland können gekauft werden. Gleich daneben stehen dann die bekannten Babuschkas. Viele Häuser auf dieser Straße erinnern durch ihren russischen Baustil an die Zarenzeit und stehen für einen gewissen Luxus.

Das Modern Hotel Harbin

Mitten auf dieser Straße liegt auch das Modern Hotel. Im Chinesischen ist es allerdings unter dem Namen Madieer bekannt. Das 1906 eröffnete Hotel war einst in russischer Hand. Nach seiner Eröffnung sind hier einige Größen aus der damaligen Politik, Kunst- und Ballett-Szene abgestiegen. Spannender Höhepunkt der Geschichte des Jugendstil-Hotels ist ein Entführungsfall im Jahr 1933, der sich hier abspielte. Dieser bietet auch die Grundlage eines, zumindest im Nordosten Chinas, bekannten Romans.

Modern Hotel, Harbin, Heilongjiang, China Modern Hotel

Neben dem Hotel wird zudem noch ein Milcheis verkauft, welches es nur in einer Geschmacktsrichtung gibt. Es erinnerte mich sehr an eine Eissorte aus meiner Kindheit und hat mich glatt ein paar Jahre jünger werden lassen. Dieses Eis ist noch bekannter und älter als das Pendant in Shenyang.

Eiscreme, Harbin, Heilongjiang, China

Eislaternenfest

Bei so viel russischer Geschichte in Harbin, darf aber zu guter Letzt nicht das wohl bekannteste Event des Jahres fehlen: das Eislaternenfest. Jedes Jahr ab Ende Dezember verwandelt sich Harbin in ein Eismuseum. Von den Temperaturen bietet es sich ja auch mehr als an. Die Minus 30 Grad werden in den bitter kalten Monaten Dezember und Januar gerne geknackt.

Eigentlich beginnt das Fest immer am 05. Januar, aber bereits etwas früher können die liebevoll geschnitzten und beleuchteten Skulpturen bestaunt werden. Und alles ist aus Eis. So entstehen nicht nur Tiere und Menschen, sondern gar ganze Städte aus Eis, die auch Restaurants und Bars beherbergen. Die Bilder dieses Festes sind dabei nicht nur in China bekannt, sondern auch unsere Medien berichten ab und zu darüber. Es ist in dieser Zeit etwas schwieriger an Zugtickets und Hotels zu kommen denn auch unter den Chinesen erfreut sich dieses Fest einer stetig wachsenden Begeisterung. Diese Begeisterung hält sich bereits seit über 30 Jahren. 1985 fand das größte chinesische Eisfestival zum ersten Mal statt.

Wieso sollte die Reise also nach Harbin führen? Ohne Zweifel ist Harbin eine schöne Stadt und auch geschichtlich kann sie einiges bieten. Sie ist nicht Teil der so oft von Chinesen verbreiteten mehr als 5000 jährigen Geschichte, sondern gewann erst in der Neuzeit an Bedeutung. Wer sich also auch für Russland interessiert, der ist in Harbin genau richtig. Wer zudem noch Interesse an Eisskulpturen hat, der kommt wohl nicht drum herum, auch einmal in Harbin vorbeizuschauen. Für mich einer der sehenswertesten Orte im Nordosten China.

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