Die Megametropole Shanghai wird oft als „China Light“ bezeichnet, ist die Stadt doch für den westlichen Touristen verhältnismäßig geordnet. Hier ist Englisch viel verstanden und ein übersichtliches Straßennetz erleichtert die Orientierung. Doch sobald man die Stadt im Hochgeschwindigkeitszug mit 350 Kilometern pro Stunde gen Westen verlässt, bekommt man ein Gefühl für die ungeheuren Ausmaße Chinas. Nach zwölf Stunden im Zug, mehreren Gesprächen mit Mitreisenden und dem ein oder anderen eingelegten Hühnerfuß, erreiche ich Chongqing und damit eine ganz andere Welt.
Ankunft in Chongqing
Meine Unterkunft beindet sich in der Villa eines Chinesischen Studenten, der sich als wohlhabender Sohn eines Beamten im staatlichen Ölkonzern entpuppt. Das prächtige Haus verfügt über einen eigenen Golfplatz und eine beeindruckende Parkanlage. So sieht Couchsurfing also in China aus!
Zum Frühstück bestelle ich mir in einem Restaurant eine Portion Niu Rou Mian – also Nudelsuppe mit Rindfleisch und Frühlingszwiebeln. Als Beilage probiere ich ein chinesisches Sauerkraut, dass ausgezeichnet schmeckt.
Eine Stadt, die Ihresgleichen sucht
Im Internet lässt sich viel über Chongqing herausfinden. Hier erfährt man unter anderem, dass die Stadt angeblich so groß ist wie Österreich und dass hier etwa 30 Millionen Einwohner leben. Die Stadt an sich ist natürlich nicht so groß wie Österreich, aber mit allen umliegenden Gebieten, erreicht Chongqing tatsächlich diese Größe. Die Fläche der Stadt mag auf manche Reisende abschreckend wirken, aber die Metropole am Yangtze hat unglaublich viel zu bieten und sollte auf einer China Reise nicht fehlen. Chongqing wird von hohen Bergen und den Schluchten des Jialing Stroms umgeben, der sich vor der beeindruckenden Kulisse dramatisch in den Yangtze drängt.
Ins Stadtzentrum geht es wie in vielen Großstädten am schnellsten mit der U-Bahn, die sich hier durch Hochhausschluchten schlängelt. Selbst 20-stöckige Gebäude wirken gegen die größten Wolkenkratzer wie winzige Häuser, die kaum auffallen. Entlang der beiden Flüsse schießen immer wieder steile Berge empor und Straßen kreuzen die U-Bahn- und Eisenbahnbrücken. Man muss aufpassen dass einem in Chongqing nicht schwindelig wird!
Scharf heißt scharf
Angekommen in Downtown fallen die Ausmaße der Metropole erst richig auf. Ich fühle mich winzig auf den engen Straßen und zwischen den Wolkenkratzern. In Chongqing wird kaum Englisch gesprochen und selbst Mandarin wird aufgrund der lokalen Dialekte nur schwer verstanden. Zum Glück haben viele Restaurants Fotos der angeboteten Gerichte auf ihrer Speisekarte. Ich bestelle „Mapo Doufu“, etwa zu übersetzen als „Omas scharfes Tofu“ – ein typisches Gericht der Region. Unerfahrene China-Entdecker sollten sich unbedingt merken: wenn scharf drauf steht, ist auch scharf drin. Hier ist also Vorsicht geboten. Übrigens – der Sichuan Pfeffer, der den Chongqinger Speisen ihre Schärfe gibt, stammt ursprünglich von hier.
Geschichte der Zukunft
Am Ende der Einkaufsstraße entdeckte ich Unerwartetes: zwischen den modernen Gebäuden trotzt ein großer Buddhistischer Tempel den Baustellen und dem Drang nach Veränderung. Alte Statuen und Gemälde werden von jungen Chinesen bestaunt und fotografiert. Davon völlig unbeeindruckt gehen die Mönche ihrem täglichen Rhythmus nach. Auf meine Frage, was sich in den letzten Jahren alles verändert habe, lacht eine ältere Frau und scherzt: es würde jetzt weniger Sonnenlicht auf den Tempel fallen.
Ein bezaubernder Ausblick auf Chongqing
Die Straße herunter führt der Weg den Hügel des Stadttzentrums herab und endet auf einer Terrasse. Von hier ist der Blick über das weite Flusstal und auf die sinkende Sonne, die goldenes Licht auf die umstehenden Hochhäuser und Wolkenkratzer wirft besonders schön. Auf dem Fluss ziehen Schlepper ganz gemächlich Kohle und andere Waren den Fluss herunter. Ich dachte, ich hätte jetzt den Grund der Stadt erreicht, doch es geht noch weiter hinab. Elf ganze Stockwerke, ich stehe nämlich auf einem Hochhausdach. Von hier kann ich per Aufzug durch Einkaufszentren, Hotels und Restaurants hinunter bis zum Fluss fahren. Am Boden zieht sich eine Autobahn um die Innenstadt herum. Darunter: noch einmal drei Etagen Parkhäuser.
Auf einmal ein lautes Brummen: Rechts neben mir schießt ein Tunnel die neue Metrolinie auf eine Brücke, hinüber zum anderen Ufer. Das möchte ich mir näher ansehen. Auf der anderen Flussseite verläuft sich der Trubel und es folgt ein entspannter Spaziergang durch alte Fischerviertel. Ehrwürdige Herren spielen Mahjong, Kinder tollen zwischen den Häusern herum, außerdem ist die Ruhe wunderbar erholsam nach all dem Verkehrslärm. Zwischendurch fällt mein Blick durch die Häuser auf die Schluchten und Berge. Diese Eindrücke müssen erstmal verdaut werden.