Als der Film 1896 aus dem Westen nach China kam, dauerte es immer noch gut 10 Jahre, bis der erste chinesische Film produziert wurde. Seit dem hat sich viel getan. Erfahren Sie hier, wie sich das beliebte Unterhaltungsmedium von einem Mittel der Propaganda zu einer Kunstform in China entwickelt hat.
1905 entstand die erste chinesische Produktion: "Der Berg Dingjun". Der schwarz-weiße Stummfilm war der Beginn des chinesischen Films. Seit der Verfilmung dieser Peking-Oper hat sich einiges gewandelt. Ihre erste große Blütezeit hatten chinesische Filme in den 1920iger Jahren. Wurden davor nur Theateraufführungen ausgestrahlt, entstanden am Ende des Jahrzehnts Produktionen, die auch erste filmische Techniken kannten und nutzten. In den 1930iger und 40iger Jahren entstanden dann Aufnahmen, die auch mit internationalen Produktionen mithalten konnten.
Der chinesische Film spiegelte in der Folge immer auch die politischen Hintergründe wieder. Während der japanischen Besetzung wurde vereinzelt noch gedreht, aber oft waren es japanische Produktionen in China. In der französischen Konzession in Shanghai gelang es dennoch auch selber zu drehen. Darüber hinaus entstanden auch die ersten Propagandafilme. Sie sollten das chinesische Kino noch lange Zeit begleiten.
Mein Lieblingspropagandafilm "Dilei Zhan" entstand aber erst 1962 und zeigte den erfolgreichen Kampf gegen die japanischen Besetzer mithilfe von Landminen (Dilei). Aber es folgten natürlich noch eine schiere Masse anderer Propagandaproduktionen, die meistens ein Feindbild hatten: die Japaner.
Die Zeit der großen Propagandaepen wie „Der Osten ist rot“ aus dem Jahr 1965 scheint vorbei zu sein. Damals war es noch unvorstellbar, dass chinesische Filme auch bei uns ein wachsendes Publikum gewinnen können. Doch das änderte sich: 2014 gewann der Film „Feuerwerk am helllichten Tage“ von Diao Yinan sogar den Goldenen Bären in Berlin. Der chinesische Film macht sich. Er gibt heute mehr denn je einen tollen Einblick in die vielen Facetten Chinas. Und auch kritische Themen werden heute immer wieder behandelt. So setzen sich die Filme von Jia Zhangke mit der Umsiedlungspolitik wegen des Drei-Schluchten-Staudamms auseinander. Eine Kritik, die auch in seinem neusten Film "Asche ist reines Weiß" am Rande deutlich wird.
Wer sich länger mit China beschäftigt merkt schnell, dass sich vieles immer noch aus der Vergangenheit speist. Die Vergangenheit meint damit nicht die Zeit nach der Gründung der Volksrepublik, sondern die Traditionen und Gebräuche des „alten Chinas“. Familiengeschichten sind nicht nur entscheidend für die populären Serien in China, sondern auch nach wie vor für den chinesischen Film. Meist sind es die Konflikte eines Protagonisten, der sich zwischen den traditionellen Werten und einem modernen Lebensstil bewegt.
Der Film „Leben!“ von Zhang Yimou, nach dem gleichnamigen Roman von Yu Hua, behandelt das Leben eines Mannes, der sowohl sein Vermögen als auch seine Familie verliert und dennoch nicht die Hoffnung auf eine bessere Zukunft aufgibt. Auch andere Werke von Zhang Yimou drehen sich um die Familie. Der Film „Rote Laterne“ beschreibt beispielsweise das Leben einer jungen Frau im China der 1920iger Jahre, die in eine wohlhabende und traditionell konfuzianische Familie einheiratet und die daraus entstehenden Konflikte.
Gängige Konfliktfelder sind das Rollenverständnis von Mann und Frau zwischen der konfuzianischen Tradition und einer sich zunehmend emanzipierten Gesellschaft, aber auch das Familienleben zwischen Land und Stadt.
Ein Meisterwerk, das die Familie mit einem anderen wichtigen Element der chinesischen Kultur verbindet, dem Essen, ist Ang Lees Film „Eat Drink Man Woman“. Er handelt vom verwitweten Spitzenkoch Zhu, der feststellt, dass er nach und nach seinen Geschmackssinn verliert und dennoch daran festhält, mit seinem sonntagabendlichen Familienessen die Familie an einen Tisch zu bringen. Zentrale Motive dieses Films sind der Loslösungsprozess der Kinder vom Elternhaus und die Bedeutung des gemeinsamen Essens für die chinesische Gesellschaft.
Spricht man über den chinesischen Film, so muss sich ein Blick auch auf Hongkong richten. Der wohl bekannteste hongkonger Regisseur Wong Kar-Wai hat mit seinen Filmen „Chungking Express“, „Happy together“ und „In the Mood for Love“ weltweite Anhänger gefunden. Aber auch andere Produktionen haben es bis nach Hollywood geschafft.
Organisierte Kriminalität und die chinesische Mafia haben es mit der Hollywood-Produktion „Departed – Unter Feinden“ sogar über den großen Teich geschafft. Die Macher griffen jedoch mit ihrer Neuverfilmung auf einen anderen Film zurück. „Infernal Affairs“ heißt der hoch gelobte hongkonger Film von Andrew Lau und Alan Mak. Erschienen ist er 2002. Ihm folgten noch zwei weitere Filme, die heute gerne als Trilogie bezeichnet werden.
Auch ich bin in den letzten Jahren auf den Geschmack chinesischer Filme gekommen. Lange haben mich die chinesischen Wuxia- und Martial-Arts-Produktionen mit ihren Spezialeffekten und Kampfszenen abgeschreckt. Aber inzwischen kommen immer wieder gute chinesische Filme auf den Markt, die durchaus mit europäischen Produktionen mithalten können. Zumindest die hier erwähnten Filme sind alle sehenswert und die Liste kann zu meiner Freude inzwischen erweitert werden.
Begeben auch Sie sich auf die Spuren der Stars in der Filmmetropole Hongkong!