Im Vorgarten Shanghais

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Garten Pavillion in Suzhou

Oben im Himmel ist das Paradies, auf der Erde Suzhou (...)“, so lautet ein chinesisches Sprichwort. Diese Lobpreisung hat die Stadt im Südosten der Provinz Jiangsu vor allem ihren uralten Gärten zu verdanken. /von Cornelia Wolter

Wobei der Begriff Gärten nicht genau trifft, was alte Landschaftsarchitekten in Suzhou geschaffen haben – es sind eher kunstvoll gestaltete, dreidimensionale Landschaftsgemälde. Einige von ihnen gehören zum Unesco- Weltkulturerbe. Von den einst mehr als 200 meist privaten Gärten, die zwischen dem 10. und 16. Jahrhundert entstanden, sind heute etwa noch ein Drittel gut
erhalten. Darunter der „Garten des bescheidenen Beamten“ – er gehört zu den vier berühmtesten Grünanlagen Chinas. Er wurde, wie auch „Der Garten des Meisters der Netze“ oder der „Garten des Verweilens“, von wohlhabenden Beamten oder einflussreichen Politikern erbaut, nachdem diese als Pensionäre in ihre Heimatstadt zurückgekehrt waren. Für sie waren es Orte der Einkehr und Besinnung.

Einige der Besitzer zogen sich sogar als Eremiten in ihre Privatgärten zurück, um die alten chinesischen Schriften zu studieren. Modern ist der Garten des Suzhou-Museums. Diesen und den Museumsneubau hat leoh Ming Pei entworfen. Pei ist ein US-amerikanischer Architekt chinesischer Herkunft, der unter anderem durch den Bau des Musée du Louvre in Paris, mit der berühmten Pyramide aus 86 Tonnen Glas, international bekannt wurde. Zu seinen Lehrern gehörten die Bauhausmeister Walter Gropius und Marcel Breuer. Das Suzhou- Museum hat er in einem hellen, sachlich-kühlen Stil entworfen, mit viel Glas und Stahl.

Pei lebte bis 1935 in Schanghai. Danach ging er zum Studium in die USA und blieb dort. Mit dem Bau des „Fragrant Hill Hotel“ in Peking 1979 kehrte er nach 40 Jahren zurück in seine Heimat. Peis Großvater wohnte in Suzhou, ihm gehörte damals der kunstvolle Garten „Löwenwald“, dessen Felsen wie Löwen geformt sind. Die Besuche beim Großvater, sagt Pei, haben ihn in seiner Arbeit als Architekt stark beeinflusst. Und so wirkt der neue Museumsgarten zwar modern, doch Pei hat darin auch die typischen Elemente eines traditionellen chinesischen Wassergartens untergebracht, in dem die Natur im Kleinen nachgebildet wird: Felsgestein, das einen Berg symbolisiert, einen Teich mit Koi-Karpfen und Goldfischen, grüne Pflanzen und einen Pavillon für die Geselligkeit.

Suzhou war einst das wirtschaftliche Zentrum des Yangtse-Deltas und die reichste Stadt Chinas, bekannt für Reisanbau, Seidenproduktion und Kunsthandwerk. Ein Fünftel der Steuereinnahmen des gesamtenLandes kamen von dort. Seine Vormachtstellung verlor die Stadt nach den  piumkriegen im 19. Jahrhundert an das rund 100 Kilometer entfernte Schanghai.

Seit den 1990er Jahren profitiert Suzhou nun wirtschaftlich von der Nähe zu Schanghai. In dem 80 Quadratkilometer großen Industriepark der Stadt sind Firmen aus aller Welt angesiedelt, darunter Infineon und Bosch. Es klingt daher widersprüchlich, dass Suzhou gleichzeitig „Vorgarten Schanghais“ genannt wird. Doch großstadtmüde fahren die Schanghaier in die – mit zwei Millionen Einwohnern für ihre Maßstäbe kleine – Stadt, um sich dort zu erholen. Sie kommen auch wegen der großen Altstadt mit ihren vielen pittoresken Kanälen, die als Transportwege genutzt werden. Allerdings sind die meisten der Wasserstraßen biologisch tot, denn das Abwasser wurde jahrelang darin abgeleitet. Noch heute gibt es etwa 8 000 arme Familien, die in unsanierten Häusern ohne Toilette leben. Vom Paradies auf Erden ist hier nichts zu spüren.

Suzhou
Einen guten Blick über ganz Suzhou bietet das Shangri-La Suzhou. Das Hotel ist eines der höchsten Gebäude der Stadt. Zimmer ab 90 Euro pro Nacht. www.shangri-la.com

von Cornelia Wolter (Frankfurter Rundschau, Nr. 235, 10./11.10.2009 | Raufeld Medien)

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