Shanghai kann sicherlich zu den modernsten Städten Chinas gezählt werden. Wie fortschrittlich die Stadt tatsächlich ist, lässt sich natürlich an den hochmodernen Bauten aus Glas und Stahl ermessen, die in den letzten Jahren unentwegt aus dem Boden schossen.
Einen ganz anderen Ansatz stellt jedoch die Methode dar, die ich scherzhaft als den Pampers-Index bezeichne. Hierbei handelt es sich um das Verhältnis von der Anzahl der Kleinkinder, die man täglich auf der Straße sieht, zu der Zahl der Windelträger.
Natürlich ist dies, wie Sie sich sicher denken können, keine offizielle Maßeinheit – dahinter verbirgt sich Folgendes: Wer schon einmal im Land der Mitte war, dem ist es vielleicht aufgefallen. Chinesische Kinder wachsen oft ohne Windeln auf. Stattdessen ist, zumindest bei den ganz Kleinen, Freikörperkultur angesagt. Dank praktischem Schlitz in der Hose über dem Allerwertesten können die Racker einfach Laufen lassen, wenn ihnen danach ist. Manche ganz minimalistisch veranlagte Kids tragen gern auch einfach nur ein kleines Schürzchen, quasi als luftiges Outfit für den Hochsommer.
Dieser freie Umgang – bei uns sicherlich kaum vorstellbar – ist in China noch Gang und Gebe. Je mehr sich jedoch die Städte modernisieren, desto mehr scheint das Konzept der Windel Einzug in das Leben der Kleinen zu halten. Daher mein Pampers-Index.
Dass diese Entwicklung durchaus auch etwas Gutes hat, musste ich vor einigen Tagen am eigenen Leib erfahren. Ich wohne am Rande des Stadtzentrums von Shanghai, wo die Pampers-Kind-Rate noch durchaus gering ist. Auf meinem täglichen Weg zur nächsten U-Bahn-Station stand auf einer Treppe am Wegesrand ein kleiner, sehr aufgewühlter Junge. Warum er so geweint hat, habe ich nie herausgefunden, jedoch begann er, als ich gerade an ihm vorbei ging, nach Herzenslust auf den Bürgersteig zu pinkeln. Schnell ausgewichen – puh, nicht getroffen. Aus dem Haus gehen ist in China eben doch an manchen Tagen recht abenteuerlich.
Die schimpfende Mutter und den Kleinen hinter mir lassend konnte ich mich des Gedankens aber nicht erwehren, dass Windeln gar keine schlechte Erfindung waren. Man darf also gespannt sein, wie sich der Shanghaier Index in den nächsten Jahren entwickeln wird.
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