Dass die Chinesen das deutsche Oktoberfest lieben und sich nun auch nach China geholt haben, davon haben wir bereits in unserem Artikel "Oktoberfest in China" berichtet. Doch was spielt sich da genau vor Ort ab?! Tom-Veit Weber war beim "Beijing International Beer Festival" live dabei und erzählt, wie viel Oktoberfest in Peking möglich ist.
Chinesen kopieren ja bekanntlich gern erfolgversprechende Dinge, seien es Designer-Handtaschen, Autos oder neuerdings auch ein Alpendorf im beschaulichen Österreich - also warum nicht auch das größte Volksfest der Welt. In Deutschland zieht das Oktoberfest alljährlich Millionen von Besuchern zum feuchtfröhlichen Maßkonsum in die Festzelte. Da dachte sich ein chinesischer Investor „Das kann ich auch.“ und entwarf in 5 Jahren ein Plagiat des Münchener Originals.
Für 100 Millionen Euro erbaute man ein Areal mit 8 festinstallierten Hallen und über 84.000 Sitzplätzen, die in deutschem Ambiente hergerichtet wurden. Man schaffte über 4.000 Mitarbeiter heran, die einem mit Trachten bekleidet ein Gefühl wie bei der Wiesn vermitteln sollten. Vier Millionen Schaulustige wurden auf dem „Beijing International Beer Festival“ erwartet.
Im Watzmann, Münchener oder Neuschwansteiner Schlosszelt bekam man nun Brezn, Weißwurst und a Maß. Man sah hunderte von Chinesen im Dirndl oder in Lederhose über das monströs wirkende Gelände haschen und häufig überbesetzt den verschiedensten Arbeiten nachgehen. Man sah Kulturen aufeinander treffen und kann dies als positiven Schock verbuchen. Nur leider reicht es häufig nicht, nur die Grundzüge einer Idee aufzugreifen und auf ihr Funktionieren zu hoffen. Wurde mit der Eröffnungsveranstaltung, unter kräftiger Zuhilfenahme der vielen Angestellten, noch der mediale Schein eines wunderbar laufenden Festes gewahrt, so stellte sich die Welt am darauffolgenden Tag doch schon wesentlich trister dar. Ein gespenstig anmutendes Areal, leere Hallen und gelangweilte Mitarbeiter prägten das Erscheinungsbild. Die Fahrgeschäfte liefen meist nur aus Präsentationszwecken, die Hälfte der Verkaufsstände waren geschlossen, spielende oder schlafende Arbeiter davor. Gründe gibt es viele.
Die geringe Alkoholverträglichkeit der Ostasiaten sowie die durchschnittliche Finanzkraft eines Bewohners der Hauptstadt schrecken bei Maßpreisen von umgerechnet 10 Euro sicherlich viele potentielle Kunden ab. Ebenso ist die Lage nicht ideal gewählt. 20 Kilometer nordöstlich vom Stadtzentrum lokalisiert, gleicht der Weg dorthin einer kleinen Reise quer durch den Pekinger Großstadtdschungel. Für Personen mit fahrbarem Untersatz ein strapaziöses Unterfangen, wenn man bedenkt, dass das Auto für den Rückweg häufig nicht in Frage kommt. Um der alkoholisierten Abreise vorwegzukommen, installierten die Betreiber somit auch eine Zeltstadt, in der man in kleinen Stoffiglus auf Betonboden übernachten konnte. Jedoch stellen sich viele der Besucher ihre Unterkunft wohl ein wenig komfortabler vor, was bei Temperaturen um die 30 Grad und eine mehr als achtzigprozentige Luftfeuchtigkeit nur allzu verständlich ist.
Weiterhin könnte man auch noch die musikalische Untermalung erwähnen. Musik kann erheitern und stimulieren, wenn sie jedoch traditionell Chinesisch und daher eher ruhig ist, verfehlt sie diesen Effekt. Wird sie darüber hinaus noch in viel zu hoher Lautstärke vorgetragen, so dass eine Unterhaltung fast unmöglich ist, will sich auf spärlich besetzten Bänken kein richtiges Wiesngefühl einstellen.
Nach wenigen Wochen probierte man also gegenzusteuern. Man schloss sechs der acht Zelte, entließ die Hälfte der Belegschaft, korrigierte den Bierpreis auf etwa sieben Euro pro Maß und erweiterte die Angebotspalette in den verbliebenen Hallen. Nun waren diese zwar etwas besser gefüllt, das Ambiente jedoch weiterhin beschaulich. Mit immer noch dröger, lauter Musik und Bedienungszeiten von teilweise 30 Minuten, konnten die wenigen Gäste nicht recht zufriedengestellt werden.
Nun ist dieses Projekt jedoch kein einmaliges, man plant auch in den nächsten sieben Jahren wieder die Pforten zu öffnen und es auf ein Neues zu versuchen. Und wer die chinesische Mentalität ein wenig kennt, weiß, dass aller Anfang schwer ist. Fehler oder Komplikationen werden häufig erst dann abgestellt, wenn sie auftreten und nicht schon vorher einkalkuliert. Also unterliegt ein Projekt dem stetigen Prozess einer Anpassung und Verbesserung. Also alles im Plan?
Den Veranstaltern war zu entlocken, dass sie nicht allzu pessimistisch sind, zwar wurde das Soll nicht erreicht, aber bereits im nächsten Jahr soll ein neuer Angriff, dann auch mit Blasmusik, erfolgen. Wenn man nun die fast ausgebliebene PR verbessert und ausweitet, die Musikauswahl stimmungsvoller und angepasster gestaltet, das Personal besser schult sowie die Bewirtungszeit senkt, sich die Zugangs- und Übernachtungsmöglichkeiten verbessern und die Preise mehr dem Lohnniveau angepasst werden, spricht nichts dagegen, dass auch das Internationale Bierfestival sich zu einem Kassenschlager mausert.
In einer Metropole wie Peking, mit seinen fast achtzehn Millionen Einwohnern, ist das Potential für einen Erfolg vorhanden. Wer sehen will wie unterschiedliche Mentalitäten aufeinandertreffen ist hier eh bestens aufgehoben.
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