Wenn heute Abend im Century Theater in Peking der Vorhang fällt, ist es das Ende eines Experiments. Von August bis Oktober gastierte das Musical Mama Mia mit 80 Shows in der chinesischen Hauptstadt. Nun ist das allein nicht weiter erwähnenswert - gibt es in Peking schließlich alle Nase lang neue Aufführungen - aber dennoch ist dieses Musical eine kleine Besonderheit: wir reden nämlich von der chinesischen Version des Musicals.
Nachdem das weltweit erfolgreiche ABBA-Spektakel bereits in 14 Sprachen aufgeführt wurde, gibt es nun auch die chinesische Variante. Produziert wurde diese von der United Asia Entertainment (UAE), einem chinesisch-koreanischen Joint Venture, das den asiatischen Musical-Markt - und insbesondere den chinesischen Sektor - in den kommenden Jahren kräftig ausbauen will. Nach Angaben der UAE sollen dabei zunächst international bekannte Produktionen wie etwa Das Phantom der Oper oder Les Misérables "importiert" und für den chinesischen Markt zugeschnitten werden. Wenn diese Phase erfolgreich angelaufen ist, soll es schließlich an die Produktion von eigenen Musicals gehen.
Bevor Mama Mia jedoch bühnenfertig war, gab es einige Probleme zu Lösen. Da sind zum Beispiel die freizügigen Outfits der Darsteller, welche - schenkt man den hiesigen Zeitungsberichten Glauben - das Publikum schon mal ernsthaft irritieren können. Auch die Familienkonstellation im Musical entspricht nicht unbedingt der traditionellen chinesischen Auffassung. Wir erinnern uns: Bevor Hauptdarstellerin Sophie heiraten kann, muss erst noch ihr leiblicher Vater gefunden werden und da bekanntlich gleich drei Kandidaten in Frage kommen, wird die Familienzusammenführung recht turbulent.
Sogar an den Liedtexten scheiden sich die Geister, denn es ist nicht alles komplett übersetzt worden. Dancing Queen bleibt Dancing Queen, Money, Money, Money wird als international verständlich vorausgesetzt und Waterloo wird komplett in Englischer Sprache gesungen. Er habe das "ABBA-Feeling" erhalten wollen, sagte Übersetzer Chen Lerong in einem Interview mit der chinesischen Presse.
Insgesamt aber fiel die Kritik für das Musical durchaus positiv aus. Insbesondere Zhang Fangyu als Sophie erhielt für ihre Gesangsleistung viel Lob. Und auch die Veranstalter scheinen zufrieden. Die Produktionskosten von 40 Millionen RMB seien bereits auf der ersten Station des Musicals in Shanghai beinahe zur Hälfte eingespielt worden und auch die Ticketverkäufe in Peking ließen auf einen großen Markt für "chinesische" Musicals schließen. Ob sich das bewahrheiten wird, bleibt abzuwarten. Das nächste Musical-Experiment jedenfalls kommt bestimmt: Die UAE kündigte an, sie habe sich bereits die Rechte an Cats gesichert und werde das Musical Mitte 2012 in China aufführen.