Weihnachten in Nanjing

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Was passieren kann, wenn eine Chinesin in Deutschland ins Weihnachtsfieber gerät, darüber haben wir bereits berichtet. Jetzt sind wir neugierig auf einige Weihnachtserfahrungen im Reich der Mitte. Unsere Praktikantin Laura Dostal hat für Sie ihre Weihnachtserlebnisse in Nanjing aufgeschrieben:

Letztes Jahr, im Dezember 2010, verbrachte ich zum ersten Mal Weihnachten in China, genauer gesagt in  Nanjing. In der ehemaligen Hauptstadt nahe Shanghai studierte ich zum Ende meines Studiums ein Semester lang Chinesisch. Noch im frühen Herbst freute ich mich dort über die für einen Europäer recht hohen Temperaturen, und hoffte insgeheim, dass der Winter mir in diesem Jahr vielleicht ganz erspart bleiben würde. Nicht, dass ich die Jahreszeit nicht mag, und kein Fan von weißen Weihnachten wäre, doch als alte Frostbeule fürchtete ich mich ein bisschen vor der Kälte in unserer unbeheizten Wohnung. Weihnachten wird in China ja sowieso nicht gefeiert, so fällt Winter und Weihnachten halt ein Jahr lang aus, dachte ich mir. Das nächste Jahr würde bestimmt kommen. Falsch gedacht. Irgendwann im November schlug das Wetter schlagartig um und nach ein paar Tagen Protest musste ich mich doch mit dem Gedanken anfreunden, dass jetzt richtig Winter würde. Ich zog also los und ging mit einer chinesischen Freundin in den unterirdischen Kleidermärkten shoppen , die sich unter den teuren Shopping Malls der Innenstadt Nanjings verbergen, und ergatterte schließlich einen Daunenmantel und anständig gefakte Ugg-Boots, die hoffentlich eine Weile halten würden. Die Ausrüstung war eine gute Idee, denn es wurde kälter und kälter, was bedeutete, dass die Wochenendsausflüge zum Purple Mountain am Rande Nanjings und das ständige draußen Unterwegssein ein Ende fanden und man immer mehr Zeit drinnen, beim Shoppen von Mitbringselgeschenken, oder beim gemütlichen Beisammensein im Cafe verbrachte. Es dauerte nicht lange, da begann ich außerdem zu ahnen, dass ich doch nicht ganz auf  Weihnachtsstimmung verzichten musste, bzw. konnte, denn in fast allen Geschäften, Shopping Malls und Cafes wurden plötzlich Weihnachtslieder rauf und runter gespielt. Meist die kitschigen amerikanischen, oder gern auch ins Chinesisch transferierte poppige Versionen der allseits bekannten Songs. Und da ich letztendlich ja doch großer Weihnachtsfan bin, fing ich an, mich ein bisschen auf Weihnachten zu freuen. Zu meinem Glück, denn die Vorweihnachtszeit bot mir neben der Tatsache, ständig von Weihnachtsmusik berieselt zu werden, auch sonst wenig Gelegenheit, mich gegen das Fest der Liebe zu wehren.

Geschäft am Konfuziustempel Geschäft am Konfuziustempel

Ich machte ein Praktikum im Goethe Sprachzentrum, wo den Deutschlernenden chinesischen Studenten ein Eindruck verschafft werden sollte, wie wir Deutschen die schönste Zeit des Jahres verbringen. Es wurde ein Weihnachtschor mit Deutschen und Chinesischen Teilnehmern gegründet, so dass ich das erste Mal in meinem Leben, den ganzen Dezember über gründlich Weihnachtslieder singen übte! Natürlich hatten wir auch eine Nikolausfeier mit allem drum und dran und währendessen vermehrten sich in den Straßen Nanjings die weihnachtlichen Beleuchtungen und Dekorationen, besonders in den westlich angehauchten Cafes um die Universität und in allen Shoppingmalls der Stadt. Als ich entdeckte, dass die Deutsche Bäckerei neben der Uni, in der die in Nanjing zahlreich lebenden Deutschen wie verrückt ihre täglichen Brötchen kaufen, nun Stollen und Lebkuchen anboten, war ich fast etwas enttäsucht, denn es machte viel mehr Spaß auf das ersehnte Päckchen von Mama zu warten, das Mitte Dezember ankam und mit Lebkuchen, Marzipan und allen anderen weihnachtlichen Leckereien vollgepackt war! Ich genoß es selbst am meisten, meinen chinesischen Freundinnen, die für jede kulinarische Exotik zu haben waren, ihren ersten Lebkuchen probieren zu lassen. Bei all der Vorfreude durfte natürlich auch die tatsächliche Planung des Festtages nicht zu kurz kommen, denn trotz all dem Trara ist Weihnachten für die meisten jungen Chinesen, es sei denn sie sind gläubige Christen, zwar mittlerweile ein angestrichener Tag im Kalender, jedoch von der Bedeutung her nichts weiter als „eine Gelegenheit, mit Freunden auszugehen und sich zu betrinken“, wie ich mehrmals von Chinesen meinen Alters erfuhr. Na, gut.

Mit Freunden an Nanjings Stadtmauer Mit Freunden an Nanjings Stadtmauer

Ein bisschen mehr als das wollte ich nun schon, wo ich so in Stimmung war, und so sagte ich gern zu, als eine Kommilitonin einen großen Tisch für viele Freunde  im „Swede and Kraut“ buchte, einem von einem Deutschen Paar geführten Restaurant in Nanjing , in dem man heimische Spezialitäten wie Schnitzel, Rouladen und Sauerkraut bekommt. Für den 24. Dezember stand ein großes Weihanchtsbüffet auf dem Programm. Wir planten dazu noch gemeinsames Julklapp, und so stand zumindest fest, dass der Heilige Abend ein großes Zusammenkommen vieler meiner Kommilitonen bei gutem Essen sein würde. Von meinen chinesischen Freunden hatte letztendlich niemand zugesagt. Zwar interessierten sich besonders die, die Deutsch lernten, sehr für die westliche Art, Festtage zu feiern, doch würden sie noch früh genug mal ein echtes Weihnachten in Europa erleben und so wollten sie, solange sie noch in China waren, lieber feierliche Pläne fürs chinesische Neujahr mit mir schmieden. Am Heiligen Abend selber bastelte ich mir ein schönes „chinesisches“ Programm, dass das gemeinsame Zusammensein mit der Familie und das Christbaumschmücken, ein wenig ersetzte: Ich gönnte mir eine chinesische Massage, und bummelte noch ein wenig in der Gegend herum, um letzte kleine Geschenke zu besorgen. Der Abend war dann zwar nicht ganz so feierlich wie ein Heiliger Abend zu Hause, doch war es ein schönes Beisammensein vieler Leute an einem für alle fremden Ort, die gemeinsam in Köstlichkeiten aus der Heimat schwelgten und auf ihre einzigartige Zeit in China zurückblickten. Im Nachhinein habe ich selten so eine intensive Vorweihnachtszeit erlebt wie in Nanjing, einer großen modernen Stadt, voller traditioneller Schätze aber auch voller Modernität und junger Leute, die sich genauso für die westliche Kultur interessieren wie für ihre eigene. Am ersten Weihnachtstag hatte eine chinesische Freundin Geburtstag, wir besuchten einen Tempel und saßen dann den ganzen Nachmittag bei Tee, Schokolade und Apfelkuchen in unserem Lieblingscafe. So hatte Weihnachten in China, auch wenn es so weit weg von der Heimat und der Familie war, tatsächlich etwas von Weihnachten:  viel gutes Essen und Gemütlichkeit und das Zusammensein mit guten Freunden, die dafür sorgen, dass man sich niemals einsam fühlt. Text: Laura Dostal[gallery]

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