Im dritten Teil seines Reiseberichts erzählt unser Mitarbeiter Malte Gaack von den letzten Tagen der Reise "Legendären Seidenstraße". Wir fahren bis in das Pamirgebirge in die Nähe der Pakistanischen Grenze um dann über Urumqi und Peking wieder nach Hause zu reisen. Der letzte Teil dieses Reiseberichtes endete in der Oase Turfans, hier nehmen wir die Route wieder auf und fahren mit dem Nachtzug weiter.
Nachts erreichen wir den Bahnhof von Turfan und drängen uns durch eine Menge Wanderarbeiter, die uns Langnasen ein bisschen wie Außerirdische beäugen. Im Wartesaal nehmen wir dann nebeneinander Platz und probieren ins Gespräch zu kommen. Mit Händen und Füßen klappt zumindest eine Basisverständigung. Dann kommen wir in den Wartesaal der Ersten Klasse, ein Stockwerk höher, den wir für uns haben. Vom Balkon hat man einen Blick auf das Bahnhofsvorfeld. Dort stehen mehrere Kohlenzüge, Bahnarbeiter laufen die Gleise ab und suchen mit ihren Taschenlampen nach Schwarzfahrern. Dann fährt ein Personenzug ein und die Schranken der Bahnhofsvorhalle werden geöffnet und so beginnt der Ansturm auf den Zug. Wir begucken die Szene von oben, unser Zug kommt erst später.
Die Aufteilung der bequemen 4-Bett-Abteile ist schnell ausgemacht und so geht es hinein in die Nacht in Richtung Kucha. Nach dem Frühstück bleibt dann noch genügend Zeit die Landschaft zu bewundern. Es ist karg und sandig mit zerrissenen Bergketten am Horizont. Dann erreichen wir Kucha und können uns im Hotel frisch machen, bevor es zur Besichtigung wieder hinaus geht. Wir fahren in die Berge, die in verschiedenen Braunschattierungen malerisch leuchten, außer einigen vereinsamten Grasbüscheln ist die Landschaft äußerst karg. Vor uns ragen einige rote Mauerreste empor, die Reste der einstigen Klosterstadt Subashi. An ihnen hat der Zahn der Zeit deutlich genagt und so passen sich die Mauerreste einstiger Häuser und Tempel mehr und mehr der Landschaft an, verwittern zu kleinen Hügeln. Es ist eine malerische Szene aus Licht und Schatten, pastellenen Rot- und Brauntönen – ein Bild das die Kraft der Natur und die Endlichkeit des Seins unterstreicht.
Am Abend kommen wir dann in die Stadt Kucha. Sie wirkt orientalischer als alle vorherigen, wir sehen eine Moschee mit Kuppeldächern und Halbmond, schlendern über einen geschäftigen Basar, können probieren und kaufen.
Auf einer Landzunge, eingerahmt von zwei Flüssen, die zu dieser Jahreszeit eher einem Rinnsal gleichen, sehen wir dann am nächsten Tag die Reste eines Feuersignalturmes, welche einst die Große Mauer wie eine Perlenkette verlängerte. Dann geht es weiter durch verwitterte Gebirgslandschaft, die einen manches Mal das Gefühl geben auf dem Mond zu spazieren, und Steppe. In Kizil machen wir einen Zwischenstopp bei den dortigen buddhistischen Grotten. Leider sind auch diese zu großen Teilen ausländischen Expeditionen zum Opfer gefallen, so dass sich die einstige Pracht nur erahnen lässt. Genächtigt wird in Aksu.
Spannend wird es dann am nächsten Tag, denn heute fahren wir in die riesige Taklamakan-Wüste. Dies ist dank eines neu gebauten Highways heutzutage Gefahr- und Problemlos möglich. Die Erwartung einer riesigen Sandwüste erfüllt sich dann aber doch nicht, denn zumindest rings um die Straße ist die Wüste in regelmäßigen Abständen Buschbewachsen. Stroh am Straßenrand dient der Befestigung des Sandes, wie sehr dieser jedoch die Umgebung bestimmt stellen wir dann am Nachmittag fest, als sich der Himmel verdunkelt und wir in einen Sandsturm geraten. Eigentlich wollten wir in Zelten in der Wüste übernachten, doch dieser Plan zerschlägt sich aufgrund des Wetters. Aber vielleicht ist es gerade das Wetter, das uns hier der antiken Seidenstraße am nächsten kommen lässt, denn wer es sich trotz Sturms zutraut, bekommt nun die Gelegenheit auf einem Kamel in die Wüste hineinzureiten. Mit der Straße schwindet bald die Orientierung. Schaukelnd geht es dann Dünen hinauf und hinab. Wir reiten in einem großen Kreis und sind froh unsere erfahrenen Kamelführer zu haben.
In Hotan schnuppern wir dann in mehrere handwerkliche Betriebe hinein, sehen eine Seidenspinnerei und Weberei (Hotan ist bekannt für die Atlas-Seide), Jadeschleiferei und sehen bei einer Familie wie Papier schon vor hunderten Jahren aus Pflanzenfasern hergestellt wurde. Im breiten, weitgehend trockenen Flussbett des Tarim-Flusses gehen wir mit einer Menge Uiguren auf Schatzsuche nach der begehrten Jade und werden sogar fündig. Dann gibt es noch einmal Gelegenheit auf einem Basar zu shoppen.
In einer langen Fahrt geht es dann weiter Richtung Kashgar. Einen Stopp machen wir dabei in Yarkant, wo das sehr schöne Königinnen Mausoleum steht. Da ein Teil der Straßen neugebaut wird, geht es über Nebenstraßen weiter und der Bus wird zur Schiffsschaukel. Am Abend erreichen wir dann unser Ziel und freuen uns auf unser Bett.
Abenteuerlich wird es dann am nächsten Tag. Zwar ist der Himmel bedeckt, aber wir machen uns dennoch mit dem Bus zu dem westlichsten Punkt unserer Reise, ins Pamir Gebirge, auf. Immer spektakulärer wird die Berglandschaft, immer höher und steiler die Berghänge, deren Kuppen die Wolken verschlucken. Die Straße schlängelt sich an einem Flussbett entlang immer höher hinauf ins Gebirge. Unterwegs sehen wir Adler majestätisch ihre Kreise ziehen. Als wir dann unser erstes Ziel, den Bulungkol-See, erreichen, reißt der Himmel erstmals auf und wir sehen ein kräftiges Blau, als hätte jemand für uns einen riesigen Vorhang beiseite gezogen um uns den See in seiner ganzen Pracht zu zeigen. Bitter kalt ist es hier oben, dennoch harren einige Menschen hier aus auf der Suche nach seltenen Edelsteinen, jede Chance beim Schopfe packend diese an Touristen zu verkaufen, die hier nur selten vorbei kommen. Es geht noch weiter und höher bis wir auf etwa 3.500 m den Karakul-See erreichen. Wieder haben wir Glück mit dem Wetter und es klart auf. Der klare Gebirgssee wird von mehreren riesigen schneebedeckten Gletschern umgeben aber ein Berg sticht wie kein anderer hervor, der Muztag Ata mit seiner weich geschwungenen Schneekuppe. Einige Nomaden leben hier und wir werden in eine Jurte eingeladen.
Auf der Rückfahrt haben wir weniger Glück, wir geraten in strömenden Regen, der sich im Gebirge zum Steinschlag ausweitet, einen Stau verursacht und eine Fensterscheibe unseres Buses zerspringen lässt. Nach einer nervenaufreibenden Nacht des Wartens kommen wir dann schließlich um 7 Uhr morgens in unserem Hotel an. Nach kurzem Schlaf geht es dann ziemlich zerknirscht zur Stadtbesichtigung. Wir sehen die Id Kah Moschee, schlendern über die Handwerkergasse und besuchen schließlich das Grab der duftenden Konkubine. Dann geht es weiter und wir reisen zum ersten Mal nicht weiter nach Westen, sondern wieder gen Osten.
Für die Provinzhauptstadt Urumqi, die wir ja schon unfreiwillig kurz kennenlernen durften, haben wir nun genügend Zeit. Urumqi ist eine moderne Großstadt, ähnlich den Ostchinesischen Städten, die wenig mit den uigurischen Dörfern gemein hat. Vom Roten Berg, der von einer Pagode gegipfelt wird, haben wir einen schönen Überblick über die Hochhäuser der Stadt. Besonders eindrucksvoll ist der Besuch im Seidenstraßen-Museum. Er bietet eine tolle Gelegenheit gedanklich noch einmal die einzelnen Orte der Reise Revue passieren zu lassen und einige kulturelle Zusammenhänge zu verstehen oder zu vertiefen, die sich im Tempo der bisherigen Reise vielleicht noch nicht erschlossen haben.
Dann geht es mit dem Flugzeug wieder zurück nach Peking. Nach 18 Tagen intensiven Reisens sind wir froh einen Tag zur freien Verfügung zu haben und noch Souvenirs einkaufen zu können und im Beihai-Park entspannt die Reise ausklingen zu lassen.
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