Die Longmen Grotten, im Volksmund auch Drachentor genannt, befinden sich bei Luoyang (Provinz Henan) im Nordosten Chinas, und sind stille Zeitzeugen der Blütezeit der Buddhaverehrung.
Einst wurden sie in den Felsen gehauen, mit verschiedensten Statuen und Ornamenten ausgestattet und verziert, um ihren Stiftern ein erleuchtetes Leben, Gesundheit oder Wohlstand zu garantieren. Sie beindrucken nicht nur mit der Größe des Areals (rund 1 km Länge), sondern auch mit der Spiritualität, die sie umgibt. Die über 2.300 Grotten und Nischen, die sich im sogenannten Drachentor des Yishui- Flusses finden lassen, enthalten von 2 Zentimeter bis zu 17 Meter große Buddhafiguren, die sich alle in Form, Bedeutung und Aussehen unterscheiden, letztendlich aber doch dasselbe Ziel verfolgen - nämlich das Karma einer Person zu verbessern.
Führung durch die Grotten
Die Entstehung dieser eindrucksvollen Gedenkstätte begann im Jahre 493 v.C. unter Kaiser Xiaowendi der nördlichen Wei-Dynastie (385–535). Ein schönes Beispiel für die Bildhauerkunst dieser Epoche ist die Guyang-Grotte, oder auch Grotte der alten Sonne. Die mit Reliefs und Malereien versehen Wände, Decken und die wunderschönen Lotusblüten auf dem Boden lassen den Betrachter in stille Begeisterung verfallen. Das sanfte Lächeln der Hauptstatue und die fein geschnittenen Gesichtszüge lassen verstehen, warum diese als das Meisterwerk der nördlichen Wei-Dynastie gilt.
Die Erbauung der Longmen Grotten dauerte ca. 400 Jahre und erstreckte sich über die spätere Nördliche Wei-Dynastie bis hin zur Tang-Dynastie (618-907). Unter diesen beiden Dynastien entstanden einige der bedeutendsten Grotten. Neben der Guyang-Grotte sind vor allem noch die Binyang-Grotte und die Lianhua-Grotte zu erwähnen, die in der Zeit der Nördlichen Wei-Dynasie entstanden. Die Binyang-Grotte ist mit ihren fünf wunderschön herausgearbeiteten Statuen, die zentrale Buddhastatue flankiert von vier Bodhisattvas und einer Erbauungszeit von 24 Jahren, eine der aufwendigsten Grotten. Die Lianhua-Grotte, oder übersetzt Lotusblüten-Grotte, verdankt ihren Namen einem Deckenrelief, dass, wie nicht anders zu erwarten, eine Lotusblüte zeigt, die von Apsaras-Feen, nymphenartige Halbgöttinnen aus der hinduistischen und Teilen der buddhistischen Mythologie, umringt wird.
Die größte und wohl beeindruckendste aller Grotten ist die Fengxian-Grotte, oder auch Tempel der Ahnenverehrung. Dieser Tempel wurde in der Tang-Dynastie erbaut und 675 fertiggestellt. Der Bau wurde von Kaiserin Wu Zetian persönlich mit 20.000 Guan (1 Guan ist eine Reihe von 1.000 aufgesteckten Messingmünzen) finanziert. Die Schönheit und Kolossalität der Bodhisattva Vairocana kann man sogar noch von der anderen Uferseite bewundern, denn die 17 Meter hohe Statue ist nur schwer zu übersehen. Und doch zeigt das 4 Meter lange Gesicht jedem Besucher ein sanftes, gütiges Lächeln, das die Größe nichtig werden lässt und einem ein Gefühl von ruhigem Verständnis vermittelt und die Welt im völligen Einklang erscheinen lässt.
Alte Götter in einer modernen Welt
Doch diese Zeitzeugen haben nicht nur betende Gläubige gesehen.Während der japanischen Besetzung wurden viele der Statuen entfernt und nach Japan umgesiedelt. Nun stehen sie zumeist in japanischen Museen. Aber auch die Kulturrevolution in den 1940er Jahren ist nicht spurlos an diesen Heiligtümern vorübergegangen. Vielen Statuen wurde während dieser Zeit der Kopf oder zumindest das Gesicht entfernt, da wie in so vielen Kulturen auch in China das Gesicht das Tor zur Seele ist und den Individualismus einer Gestalt ausmacht.
Seit dem 30. November 2000 gelten die Longmen Grotten zum UNESCO-Weltkulturerbe. Diese faszinierenden Bauwerke bedürfen auch dringend Schutz, denn durch Verfall und Witterung werden die Statuen zunehmend beschädigt. Es wäre ein unendlicher Verlust, wenn diese einzigartigen Denkmäler einmal nicht mehr existieren würden, denn kein Ort ist besser geeignet um die Höhepunkte chinesischer Steinschnitzkunst in einer einzigartigen Umgebung zu studieren.
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