Oft werde ich von Leuten, die China besuchen, gefragt, welches die wichtigsten Sehenswürdigkeiten Pekings sind. Natürlich dürfen imposante Bauten wie die Chinesische Mauer oder historisch interessante Gärten wie der Sommerpalast auf der Liste nicht fehlen. Wollen Sie allerdings das ursprüngliche Peking kennenlernen, gibt es ein Highlight, das ich besonders empfehlen kann: eine Tour durch Hutongs in Peking.
Hutongs ist die Bezeichnung für die engen Gassen, die sich durch die Pekinger Altstadt ziehen. Dieses Gebiet erstreckt sich um die Verbotene Stadt, die in der Vergangenheit von Angehörigen der kaiserlichen Familie und höheren Beamten bewohnt wurde. Durch die symmetrische Anordnung sieht das Wohngebiet aus der Vogelperspektive wie ein großes Schachbrett aus. Die direkt aneinandergereihten Wohnhäuser heißen auf Chinesisch SiHeYuan (四合院), wortwörtlich: "viel umschlossener Innenhof". Wie der Name schon sagt, befindet sich der Innenhof inmitten der Wohnhäuser. Es ist der Ort, wo sich Jahrhunderte lang das Leben der Menschen abgespielt hat. Hier wurde zusammen gekocht, gegessen, Wäsche gewaschen und Zeit mit der Familie verbracht.
Schlichte Wohnhäuser
Die Wohnhäuser sind nur wenige Stockwerke hoch und aus grauen Steinen ohne weitere Verzierungen erbaut. Das Haupthaus befindet sich nach Tradition im Norden und der Eingang im Süden. So soll sichergestellt sein, dass bei Gefahr der Hausherr geschützt ist. Die Wohnhäuser sind einfach ausgestattet und besitzen meist keine sanitären Einrichtungen. Mehrere Anwohner teilen sich öffentliche Toiletten und Duschen, die außerhalb der Hofhäuser zu finden sind. So kommt es öfters vor, dass Chinesen die nachts die Toilette aufsuchen in ihrem Pyjama zu sehen sind. Durch die Enge der Gassen ist das Passieren mit dem Auto oft nicht möglich. Typische Verkehrsmittel sind deshalb Fahrrad, Motorbikes oder unter Touristen besonders beliebt die Rikschas. Es empfiehlt sich die Hutongs in Peking zu Fuß zu erkunden, so können Sie das ursprüngliche Leben der Pekinger in aller Ruhe beobachten.
Pekings Alltagsleben hautnah
Sie treffen auf Gruppen von Männern, die sich zum Mah-Jong oder Schachspielen treffen. Sie sitzen auf kleinen Hockern, haben ein Bier neben sich, eine Zigarette im Mund und sind fest auf ihr Spiel fokussiert. Passanten bleiben stehen, schauen beim Spiel zu und geben Tipps für den nächsten Zug. Mit schweren Kisten oder Wassertanks beladene Dreiräder fahren vorbei und beliefern die Anwohner. Ordnungshelfer in orangefarbenen Anzügen laufen mit Besen und Schaufel durch die Gassen und machen die Straßen sauber. Frauen sitzen vor den Türen ihrer Häuser und beobachten das rege Treiben auf den Straßen. Es gibt eine Vielzahl kleiner Geschäfte, die Produkte für den alltäglichen Bedarf wie Toilettenpapier und Zahnpasta verkaufen. Andere Anwohner haben ihren Gemüse- oder Obststand vor ihren Häusern aufgebaut und feilschen lautstark um den Preis. Auch Dienstleistungen wie Fahrradreparaturen oder Haarschnitte werden angeboten. Es ist eine lebendige, quirlige und gleichzeitig friedliche Atmosphäre in den Altstadt-Gassen.
Die ursprünglichen Hutongs: Gulou Dajie & NanLuoGuXiang
Die ursprünglichen Hutongs in Peking sind vor allem in den zentralen Stadtteilen XiCheng (西城) und DongCheng (东城) zu finden. Steht Ihnen ein ganzer Nachmittag zur Verfügung, sollten Sie unbedingt die Gegend um Gulou Dajie erkunden. Hier befindet ich der historische Trommel- und Glockenturm. Diese beiden Türme dienten früher als Uhr – ähnlich wie bei uns die Kirchenglocken – und haben beispielsweise die Schließung der Stadttore angekündigt. Es lohnt sich auf den Glockenturm hochzusteigen, da von oben der Ausblick auf die Altstadt herrlich ist. Richtung Süden befinden sich die Verbotene Stadt und der Platz des Himmlischen Friedens. Zum Norden hin können Sie das Olympiastadion (bekannt als Vogelnest) aus der Ferne erkennen. Alle genannten historisch wichtigen Bauten liegen auf der Nord-Südachse, die quer durch die Stadt verläuft.
Besondern beliebt unter jungen Chinesen und Touristen ist die Fußgängergasse NanLuoGuXiang. Die ungefähr ein Kilometer lange Straße ist ausgestattet mit individuellen Cafés, Bars und kleinen Geschäften. Junge Chinesen verkaufen in ihren Boutiquen eigen entworfene Kleidungsstücke. Souvenirläden bieten typisch chinesische Produkte wie Fächer und Kalligraphie-Bilder an. Teehäuser werben mit besonderen Teesorten aus dem Süden Chinas und laden zur Verkostung ein. Abends schmücken viele Lichter und Essensstände die Straßen. Es duftet nach Gegrilltem und Einheimische brutzeln chinesische Köstlichkeiten. Beliebt sind Lammspieße oder gefüllte Pfannkuchen. Bars locken mit günstigem Tsingdao Bier, Live-Musik und Karaoke. Eine Gasse, die sowohl am Tag als auch bei Nacht ein Highlight ist.
BaoChao Hutong & FangJia Hutong
Möchten Sie noch weiter in das Nachtleben Pekings eintauchen, lohnt es sich die Hutongs BaoChao oder FangJia zu besuchen. Hier trifft sich das Szeneviertel der Stadt. Stand-Up Comedians geben ihr Bestes in der Bar „Hot Cat“ und erzählen von komischen Situationen mit denen sie tagtäglich in Peking konfrontiert sind. Musiker aus Tibet oder der Monglei zeigen ihr Talent bei Live-Konzerten im „Temple“. Weitere beliebte Kneipen sind El Nido, Modernista und das Slow Boat.