Wie das Land so die Bahn - die Volksrepublik bietet eine breite Palette von Zügen und Verbindungen an. Dank des gut ausgebauten Bahnnetzes ist das Zugfahren in China eine preiswerte Möglichkeit von A nach B zu kommen. Eigentlich jede größere Stadt im Reich der Mitte ist an das Bahnnetz angeschlossen.
Viele Chinesen nutzen das Bahnangebot ausgiebig und nicht selten sind die Tickets schnell ausverkauft. Besonders um die Feiertage ist scheinbar das ganze Land unterwegs. Doch selbst wenn die Züge nicht voll sind, kommt man schnell mit den Mitreisenden in Kontakt, und wenn diese eher zurückhaltend sind, bleibt immer noch der Ausblick auf die atemberaubende Landschaft.
Wenn man wenig Zeit hat, bieten sich besonders die neueren Schnellzüge an, welche inzwischen die meisten großen Städte verbinden. Doch auch die rar gewordenen langsamen Züge mit Holzklasse und Deckenventilatoren haben ihren Charme.
Schnell oder Langsam: Die Zugtypen
Obwohl die günstigen Preise einladen, einen Inlandsflug zu buchen, spricht das Angebot an hochmodernen, sauberen, verlässlichen D-Zügen dagegen. Zwischen vielen Großstädten gibt es bereits Verbindungen. Bei bis zu 350 km/h legt man die Strecke zwischen Shanghai und Peking mit einem Zug der Kategorie „G“ (GaoTie-高铁) in knapp fünf Stunden zurück. Die 2000 Kilometer aus Chengdu nach Shanghai brauchen mit dem D-Zug (DongChe-动车) nur noch 14 Stunden.
Die D-Züge haben ausschließlich klimatisierte Wagen und selbst in der zweiten Klasse sehr bequeme Sitze. Nur wenige D-Züge fahren auch nachts und haben Softsleeper-Schlafwagen. Wie in den restlichen Zuggruppen Chinas gibt es auch hier einen Bistrobereich, wo man Snacks und manchmal ein Set-Menü bekommt. Außerdem gibt es natürlich kostenloses heißes Wasser, welches man für diverse Teeaufgüsse und Instantnudeln nutzen kann. Das Besondere an den Schnellzügen ist, dass sie stärker auf Barrierefreiheit ausgelegt sind.
Die Züge der Kategorie T (TeKuai - 特快) und K (KuaiSu - 快速) kommen in verschiedenen Ausführungen vor, welche sich auch preislich unterscheiden. Während eigentlich alle Züge mit einer Klimaanlage ausgestattet sind, kommt es in besonders alten Modellen vor, dass sowohl die Sitz- als auch Liegeabteile mit Deckenventilatoren belüftet werden. Wenn man nicht wie die meisten Mitreisenden mit Tüten voller Snacks gewappnet ist, kann man auch bei den mobilen Bistros leicht überteuerte Getränke, Knabbereien und Set-Menüs kaufen.
In allen Zügen gibt es westliche und chinesische Toiletten und wie immer ist es ratsam eigenes Papier mitzunehmen. Wer sein Gepäck in den Sitzabteilen der langsamen Züge verstauen möchte, ist gut beraten mit den anderen Gästen mitzurennen, da die Ablage schnell voll ist.
Tickets: Ellbogen und Geduld
Seit ein paar Jahren kann man Tickets online kaufen und der Vorverkauf wird in der Regel 60 Tage vorher freigegeben. Seit 2011 gilt eine Ausweispflicht, welche unter anderem helfen soll, den Schwarzmarkt unter Kontrolle zu bringen. Die Pass- oder Ausweisnummern werden auf die Tickets gedruckt und sowohl am Bahnhof als auch bei der Kontrolle im Zug abgeglichen. Die Krux hierbei ist allerdings, dass manche chinesischen Seiten nur chinesische Ausweisnummern akzeptieren und Buchungen nur mit einer chinesischen Bankverbindung durchführen.
Für Reisende, die kein Chinesisch sprechen oder nicht im Besitz eines chinesischen Kontos sind, gibt es englischsprachige Seiten, welche gegen eine Gebühr die Buchung für einen vornehmen. Viele Hostels und Hotels bieten inzwischen auch einen Ticketbuchungsservice an.
Der direktere Weg des Ticketkaufs läuft über die bahneigenen Büros, welche über die ganze Stadt verteilt und mit dem Symbol der chinesischen Bahn gekennzeichnet sind. Wahlweise kann man auch direkt zum Bahnhof gehen und sich in die Verkaufshallen drängen. Am besten sucht man dafür schon vorher mehrere Zugnummern und Verbindungen raus, erkundigt sich nach dem richtigen Verkaufsfenster und lässt sich unter keinen Umständen aus der Schlange drängeln. Viele größere Bahnhöfe haben inzwischen auch ein Fenster für Touristen mit englischsprachigem Service.
Ticketklassen: Von Holz bis Daune
Beim Ticketkauf wird immer ein Platz reserviert. Auf allen Tickets steht außer der Zugnummer und der Strecke auch die Wagennummer (Che - 车), die Sitz- (Zuo - 座) und Bettennummer (Pu - 铺). Letztere ist immer mit einem Hinweis auf die Position (oben (Shang - 上), Mitte (Zhong - 中), unten (Xia -下 )) versehen. Die oberen Betten sind meist die günstigsten, am nächsten an der Klimaanlage und bieten die meiste Privatsphäre, aber auch den wenigsten Platz. Die unteren Plätze sind oft die teuersten und das, obwohl sie tagsüber meist als Sofa für alle Mitreisenden genutzt werden. Wenn man sich ausstrecken möchte, sollte man lieber einen der günstigeren oberen Plätze buchen. Die Bettwäsche ist am Startbahnhof immer frisch.
Die Klassen in den chinesischen Zügen unterscheiden sich nach Zugart. In den modernen Schnellzügen gibt es wie geschrieben selten Schlafwagen, und wenn, dann nur die abgetrennten der ersten Klasse. Ansonsten sind die Züge meistens mit Sitzabteilen der zweiten (ErDeng - 二等), ersten (YiDeng - 一等) und Business-Klasse (ShangWu – 商务) ausgestattet.
Wenn man lieber unter sich bleiben und in einem gemütlichen Sitz versinken möchte, ist die Business-Klasse zu empfehlen. Alle anderen Zügen sind in Hard- oder (Ying - 硬) Soft- (Ruan - 软) Seat (Zuo – 座) und Sleeper (Wo – 卧) aufgeteilt. Die Hard-Kategorie ist dabei oft mit mehr Plätzen bestückt und die Plätze sind, wie der Name vermuten lässt, weniger gepolstert. Wirkliche Holzsitze gibt es allerdings nur noch in den Zügen ohne Buchstaben-Bezeichnung. Bleiben noch die Stehtickets (WuZuo – 无座). Diese werden in allen Zügen angeboten, für die Schnellzüge allerdings nur wenige.
Wenn für die gewünschte Strecke bereits alle anderen Tickets ausverkauft sind, das Geld knapp ist oder die Reise dringend, dann sind Stehtickets eine gute Wahl. Mit viel Glück findet man für kurze Zeit einen freien Sitz in seinem Abteil. Sollte man eine lange Strecke zurücklegen wollen, ist es allerdings ratsam, erst einmal zu schauen, ob es nicht günstige Flüge gibt. Eine 16-Stunden-Nachtfahrt von Shenzhen nach Hangzhou ist zwar abenteuerlich, aber sehr ermüdend. Das gilt besonders, weil Stehtickets meist in der voll besetzten zweiten Sitzklasse verkauft werden. Dort wird die Luft manchmal knapp und gleichzeitig versuchen die mobilen Verkäufer ihre Spielzeuge und Snacks an einem vorbei zu schieben.
Die Fahrt
In vielen Städten gibt es inzwischen mehrere Bahnhöfe. Vor der Fahrt sollte man also ganz sicher sein, von welchem Bahnhof es losgeht. Für die Schnellzüge wurden in den vergangenen Jahren viele neue Bahnhöfe aus Glas und Stahl hochgezogen. Vor der Fahrt sollte man lieber mehr Zeit einplanen, da einem nicht nur der städtische Verkehr, sondern auch die Sicherheitskontrollen am Bahnhof in den Weg kommen könnten. Gepäckaufbewahrung gibt es an jedem Bahnhof, genauso wie unzählige Restaurants und Supermärkte.
Sobald man im Zug sein Gepäck verstaut hat, kommt oft ein Kontrolleur, der im Schlafwagen das Ticket gegen eine Plastikkarte tauscht. Vor dem Aussteigen bekommt man diese zurück. Schon bald werden die ersten Nudeln gebrüht und Snacks ausgepackt. Egal ob man Chinesisch spricht oder nicht, schnell kommt man mit den Mitreisenden ins Gespräch und bald spielt man gemeinsam Karten, teilt seine Weintrauben und Sonnenblumenkerne und verabschiedet sich bei den jeweiligen Bahnhöfen wie alte Freunde.
Trotz Verbot sieht man meistens Männer zwischen den Abteilen rauchen oder an den einzelnen Bahnhöfen hektisch raus springen, um Nikotin zu tanken. Die Schaffner haben meistens schon resigniert. Die langsameren Züge fahren oft durch wildere Landschaften und halten an den kleinsten Bahnhöfen.
Fazit
Meine liebsten Reisen sind mit langsamen Nachtzügen, wenn man sich in kurzer Zeit kennenlernt, große Strecken zurücklegt, die Übernachtung spart und die Zeit keine Rolle spielt. Besonders von Peking Richtung Xi'an oder längere Strecken im Süden bieten viele Facetten von scheinbar endlosen Hochhausretortensiedlungen, Feldern, Wäldern, Bergen bis hin zu weiten Flüssen. Und wenn einem die neuen Freunde aufgeregt den Gelben Fluss zeigen, von Zwischenstationen des Langen Marschs erzählen oder von den vier verschiedenen Städten namens Shangri-La, teilt man außer dem Abteil auch die Faszination für dieses große Land.