Eine Stadt, die im Nichts schwebt — bei vielen entweder unbekannt oder unbeliebt. Dabei gewinnt Zhengzhou (chinesisch: 郑州市) immer weiter an Bedeutung und verändert sich rasant, selbst für chinesische Verhältnisse. Beim Gang durch die Straßen der Stadt erlebt man kein zurecht gemachtes China, welches sich vor der Welt präsentieren möchte, da es kein typischer Touristenort ist. Stattdessen ist man mit der facettenreichen Art des chinesischen Lebens konfrontiert, das „echt“ wirkt. Es gibt viele Schattenseiten, die den Blick auf diese Stadt trüben, so ist zum Beispiel von der wachsenden Armut und starken Verschmutzung die Rede. Nichtsdestotrotz kann Zhengzhou auf eine lange Geschichte zurückgreifen, die ganze 3.600 Jahre reicht. Allein deshalb gibt es unzählige Möglichkeiten die chinesische Vergangenheit, insbesondere der Shang-Dynastie, zu erleben und zu erkunden. Doch was zeichnet Zhengzhou generell aus?
Zhengzhou — eine Hauptstadt mit Geschichte
Zhengzhou ist die Hauptstadt der Provinz Henan und liegt in etwa 760 km von Peking und 480 km von Xi’an entfernt. Daher befindet sich die Stadt im Zentrum Chinas und wird von Reisenden verstärkt als Umsteigepunkt genutzt, um an ihr Ziel zu kommen. Dabei hat diese Stadt sehr viel zu bieten! Einst die Hauptstadt von China kann Zhengzhou viele spannende Relikte aus der Shang-Dynastie vorweisen. Die ersten Kaiser Chinas lebten dort und regierten das Land. Für all diejenigen, die an dem geschichtlichen Hintergrund dieser Zeit interessiert sind, ist Zhengzhou eine unglaubliche Bereicherung. Ich würde gerne meine Top 5 der Sehenswürdigkeiten vorstellen, die meiner Meinung nach unbedingt Teil eines Besuchs sein sollten.
Ruinen einer vergangenen Dynastie
Kaum bemerkbar, wenn man nicht aufmerksam danach sucht — die Shang-Dynastie Ruine. Zu finden ist diese in einem Park im südöstlichen Teil der Stadt. Die Überbleibsel einer Mauer, vor 3.000 Jahren erbaut, zieht sich durch diesen Bereich, wenngleich sie kaum restauriert ist. Sie scheint ein ganz normaler Teil der Szenerie zu sein, da die Menschen auf ihr sitzen und herumlaufen, ohne jedwede Restriktionen. Es kann also gut sein, dass man die Mauer auf den ersten Blick nicht erkennt, da sie so unscheinbar ist.
Die zwei Gesichter über Zhengzhou
In der Nähe des Gelben Flusses gibt es eine Szenerie, die zwei große, in Stein gemeißelte Köpfe am Höhepunkt eines Bergs zeigt. Von weitem erinnern sie an den Mount Rushmore in den USA, in dem ebenfalls wichtige Persönlichkeiten des Landes eingearbeitet worden waren. Im Falle Zhengzhous sind es die zwei Kaiser Yan und Huang, die als frühe Vorfahren des Chinesen gelten. Letzterer lebte vor etwa 2.600 Jahren und galt als unsterblich. Die Statuen sind die 5. größten auf der Welt und von vielen anderen Pavillions und Gebäuden umgeben, wie zum Beispiel dem Yueshan Tempel sowie der antiken Stadt von Liu Bang und Xiang Yu. Allgemein kann man die gesamte Umgebung in einer Naturlandschaft genießen und hat einen guten Blick auf den Gelben Fluss.
Ehrwürdige Traditionen und moderne Filmkunst
Für Fans von Kung-Fu ein Muss! Bekannt ist diese Sehenswürdigkeit durch Serien und Filme aus den siebziger Jahren, in denen der buddhistische Tempel häufig eine Rolle spielt. Einige Aspekte aus den Verfilmungen entsprachen sogar der Wahrheit, wie zum Beispiel die Tatsache, dass die Gebäude mehrmals während des 20. Jahrhunderts zerstört wurden. Genauso stimmt es auch, dass viele Shaolin in die USA ausgewandert sind, um dort Schulen zu eröffnen. Generell muss man leider sagen, dass die Shaolin Tempel mehrere Male durch politische Gegebenheiten zerstört worden sind. So haben zum Beispiel der Boxer Aufstand und die Kulturrevolution neben der Vernichtung der Schriften und Gebäude dazu geführt, dass viele Shaolin vertrieben worden sind. Nach einiger Zeit genehmigte die Regierung den Wiederaufbau aufgrund der hohen Popularität des Kung-Fu in der westlichen Welt. Unbedingt zu empfehlen sind die Vorführungen, die die Mönche für Besucher inszenieren. Für eine anschließende Stärkung sorgen die hervorragenden vegetarischen Restaurants.
Berg Yuntai — Unberührtes Naturpanorama
Weniger geschichtlich als naturverbunden wäre der Berg Yuntai, der sich inmitten eines der größten Nationalparks in China befindet. Hier kann man stundenlange Wanderungen vornehmen und dabei Wasserfälle, Wälder und Flüsse betrachten. Viel wichtiger sind jedoch die 3 Täler, die sich ebenfalls dort befinden: Hongshi, Tanpu und Macaque. Das Wasser, das dort hindurch fließt ist smaragdgrün. Es herrscht der Aberglaube, man würde unsterblich werden, sobald man davon trinke. Außerdem kann man sich dort Tai-Chi Performances ansehen, die von 3 Personen aufgeführt und durch traditionelle chinesische Musik untermalt werden.
Ein mildes Klima
Insgesamt hat Zhengzhou ein mildes Klima — im Winter nicht so kalt wie der Norden (0°C) und im Sommer nicht so heiß wie der Süden (27°C), sodass der Frühling und Herbst die angenehmste Zeit darstellt. Wer jedoch ungestört sein und die Stadt mit möglichst wenig Touristen erleben möchte, der sollte am besten zur Winterzeit kommen.
Auf jeden Fall einen Besuch wert!
Auch wenn die Stadt auf den ersten Blick nicht perfekt erscheint, so ist sie doch typisch chinesisch. Genauso ist es ein Ort voller Historie, den man nicht oft in solch geballter Form vorfinden kann. Meiner Meinung nach ist Zhengzhou eine unterschätzte Stadt, die schon bald an Popularität gewinnen wird. Es gibt dort viel zu entdecken und bei der rasanten Veränderung, die nicht nur die Stadt selbst, sondern auch das ganze Land durchmacht, sollte man Zhengzhou definitiv nicht aus den Augen verlieren.