Das Dinghu Shan 鼎湖山 Naturreservat befindet sich 18 Kilometer nordöstlich der Stadt Zhaoqing 肇庆 in der Provinz Guangdong, der südlichsten Provinz Chinas. Es dient dem Schutz eines der wenigen noch intakten subtropischen und immergrünen Regenwaldgebiete. Das Reservat wurde bereits im Jahr 1956 errichtet und bildet somit das älteste Naturschutzgebiet Chinas. Seit 1979 ist es ebenfalls als UNESCO-Biosphärenreservat anerkannt und Standort internationaler wissenschaftlicher Kooperationen.
Die Gesamtfläche des Areals umfasst 11,3 Quadratkilometer. Es bildet in seiner Gesamtheit eine wunderschöne Naturkulisse aus Wäldern, Bergen, Seen und historischen Bauten. Hier sind zudem zahlreiche seltene Pflanzen-, Tier- und Vogelarten zu finden. Mit einer Höhe von genau 1000 Metern ist der Jilong-Gipfel 鸡笼顶 die höchste Erhebung des Dinghu-Gebirges. Das Dinghu Shan Naturreservat wurde nach dem Dinghu 鼎湖 („Dreifuß-See“) benannt, der sich im nördlichen Teil des Gebietes befindet.
Ein Ort mit Geschichte
Bereits seit der Tang-Dynastie gilt das Dinghu Shan Naturreservat als heilige Stätte des Buddhismus und lockt zahlreiche Pilger an. Die Geschichte des Ortes und die einzigartige Natur machen das Naturschutzgebiet zu einem interessanten Ausflugsziel. Abseits der Stadtluft und des großen Trubels finden Touristen hier vor allem viel Ruhe und Erholung.
Der im Naturschutzgebiet angelegte Wanderweg führt die Besucher durch eine einmalige und wunderschöne Naturlandschaft. Die Strecke führt entlang eines Flusses und ist gesäumt von zahlreichen Pavillons, Brücken, Wasserfällen, Seen, Quellen und Aussichtsplattformen. Von den Gipfeln des Gebirges bietet sich den Besuchern eine atemberaubende Aussicht auf smaragdgrüne Seen und uralte geheimnisvolle Regenwälder.
Auf den Spuren Buddhas zum Dinghu Shan
Auf dem Areal des Reservats befinden sich ebenfalls drei buddhistische Tempelkomplexe. Den größten dieser Komplexe bildet der während der Ming-Dynastie im Jahr 1636 errichtete buddhistische Qingyun-Tempel 庆云寺. Es handelt sich dabei um einen enorm großen Tempelkomplex im architektonischen Stil der Qing-Dyanstie, der über 100 Gebäude umfasst. Sehenswert sind hier unter anderem die 500 vergoldeten Arhat-Statuen (chines. Luohan 羅漢 „Würdige“), die großen Bronzeglocken, der Thron des Generals Shang Kexi 尚可喜 sowie die weiße Kamelie aus dem 17. Jahrhundert im zentralen Hof des Tempels. Das vegetarische Essen im Qingyun-Tempel ist zudem von besonderer Qualität, da es mit Quellwasser aus dem Reservat zubereitet wird.
Im Südwesten des Naturschutzgebietes befindet sich der kleinere, aber für den Buddhismus ebenfalls bedeutsame Baiyun-Tempel 白云寺 („Tempel der weißen Wolke“). Dieser wurde im Jahr 678 unter Kaiser Gaozong 高宗 der Tang-Dynastie am Yun-Gipfel 云顶峰 („Wolken-Gipfel“) des Dinghu-Gebirges errichtet. Da der Tempel das ganze Jahr über von weißen Wolken umgeben ist, trägt er den Namen Baiyun-Tempel.
Einen weiteren buddhistischen Komplex bildet das vom Baiyun-Tempel aus südlich gelegene Yuelong-Nonnenkloster 跃龙庵 („Nonnenkloster des springenden Drachen“). Es wurde ebenfalls während der Tang-Dynastie errichtet, ist aber während der Kulturrevolution starken Zerstörungen zum Opfer gefallen. Da die Haupthalle nach den Unruhen einer Steinstatue von Guanyin 观音 geweiht wurde, dem Bodhisattwa des Mitgefühls, der in China auch häufig als Göttin verehrt wird, ist das Kloster auch unter der Bezeichnung Guanyin-Kloster 观音庙 bekannt.
Der Baoding-Park
Zu den beliebtesten Attraktionen des Dinghu-Gebirges zählt der Baoding-Park 宝鼎园 („Park des kostbaren Dreifußes“) im nördlichen Teil des Reservats. Hier befindet sich auch der bronzene Neun-Drachen-Dreifuß 九龙宝鼎. Mit einer Höhe von fast sieben Metern, einem Durchmesser von 5,6 Metern und einem Gewicht von 16 Tonnen handelt es sich um den größten Dreifuß weltweit. Die Ritualgefäße aus Bronze, die es in drei- oder vierfüßiger Ausführung gibt, sind typische Geräte der Shang- und Zhou-Dynastie und dienten zum Opfern oder Kochen von Speisen. Der Dreifuß trägt symbolhafte Funktion und steht für den bis heute in ganz China weit verbreiteten Ahnenkult und somit für die jahrtausendealte chinesische Kultur. Heutzutage sind die Ritualgefäße häufig in buddhistischen Kontexten anzutreffen und finden bei der Verbrennung von Räucherwerk Verwendung.
Ebenfalls bemerkenswert ist der knapp drei Meter hohe und gut zwei Meter breite Duanyan-Reibstein 端砚. Er befindet sich ebenfalls im Baoding-Park und bringt es immerhin auf zwei Tonnen Gewicht. Die Stadt Zhaoqing, ehemals Duanzhou 端州, produziert bereits seit Anfang des 7. Jahrhunderts die qualitativ sehr hochwertigen Duanyan-Reibsteine. Diese dienen zum Reiben von Tuscheblöcken und sind seitdem landesweit bekannt und unter Kalligrafen sehr geschätzt.
Tier- und Pflanzenwelt
Südwestlich des Baoding-Parks befindet sich auch der Namensgeber des Reservats – der Dreifuß-See (Dinghu). Auf einer kleinen bewaldeten Insel im Zentrum des Sees wurde ein Schutzgebiet für Schmetterlinge eingerichtet. Die Insel lässt sich sowohl über einen Steg als auch per Boot erreichen und zählt zu den Hauptattraktionen des Dinghu Shan.
Das Dinghu Shan Naturschutzgebiet wird häufig als „Lebendiges Naturmuseum“ bezeichnet. Diese Bezeichnung hält, was sie verspricht. Das Reservat beherbergt über 1800 unterschiedliche Pflanzenarten, wovon einige vom Aussterben bedroht sind. Viele der Pflanzen stellen einen großen Wert für die traditionelle chinesische Medizin dar. Neben 178 Vogelarten leben dort ebenfalls 38 Säugetierarten und 30 Reptilienarten. Einige der Tiere stehen unter staatlichem Naturschutz. Neben dem sehr seltenen Südchinesischen Tiger, dem Schuppentier und der Zibetkatze sind hier Leoparden, Wildschweine, Stachelschweine, Pythons und viele weitere Tiere heimisch. Der Silberfasan – Staatsvogel der Provinz Guangdong, ist ebenfalls in den grünen Wäldern des Dinghu Shan anzutreffen.
Die beste Reisezeit
Da es von April bis September oft zu starken Regenfällen und Stürmen kommen kann, empfiehlt es sich, das Reservat in der Zeit zwischen Oktober und März zu besuchen. Der November zählt jedoch zu der besten Reisezeit für die Region rund um Guangdong. Die Temperaturen sind zu dieser Zeit sehr angenehm und der Touristenandrang hält sich in Grenzen. Für die Tour durch das Gebiet sollte man etwa vier Stunden Zeit einplanen.
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