Der Titel der Neuauflage des 1984 erschienenden Kampfkunstfilms ‚Karate Kid’ ist irreführend. Eigentlich müsste er ‚Kung-Fu Kid’ heißen, denn den Protagonisten verschlägt es, anders als im Original, nicht nach Kalifornien sondern nach Peking.
Hier muss sich Dre (Jaden Smith) gegen fiese Schulhofschläger zur Wehr setzen und hat ohne Freunde auch sonst nicht viel zu lachen. Bis er den Hausmeister Mr. Han (Jackie Chan) besser kennenlernt. Dieser kümmert sich nur scheinbar hauptberuflich um kaputtes Schulmobiliar und verstopfte Toiletten – eigentlich ist er ein berühmter Meister des chinesischen Kung-Fu. Es kommt, wie es kommen muss: Mr. Han hat ein Herz für die Schwachen und bildet Dre zu einem exzellenten Kung-Fu-Kämpfer aus. Der Rest ist Hollywood.
Sollten Sie keinen Mr. Han kennen, der sich als Hausmeister tarnt und nur darauf wartet, dass Sie in Schwierigkeiten geraten, um Sie dann mit den Geheimnissen der uralten chinesischen Kampfkunst vertraut zu machen, können Sie sich selbst ins Reich der Mitte begeben. Dort kann man von alten und jungen Meistern in vielen Kampfsportschulen landauf landab lernen, wie es ist, etwas durch ‚harte Arbeit zu erreichen’ (Gongfu). Oder Sie setzen auf die entspannte Variante und belassen es dabei, anderen zuzuschauen, wie sie etwas durch diese Technik erreichen. Das können Sie tun in der Provinz Henan.
Hier errichtete ein buddhistischer Mönch bereits im Jahre 495, am Fuße des heiligen Song Shan, das Shaolin Kloster. Bald waren die Mönche berühmt für ihre sagenhafte Kampfkraft – Kaiser fürchteten und verehrten die Männer in den orangefarbenen Roben gleichermaßen. Einige wollten sie instrumentalisieren für ihre Kriege, andere gingen gegen das Kloster vor, weil sie die Mönche als Bedrohung wahrnahmen.
Heute ist das Kloster Ausbildungsstätte und Touristenattraktion zugleich. Man kann sich anschauen, wie die jungen Kung-Fu-Kids auf riesigen Exzerzierplätzen zu wahnwitzigen Übungen gedrillt werden und sogar teilhaben an ihren täglichen Ritualen. In Shows geben ausgebildete Mönche ihre zum Teil ausgesprochen spektakulären Künste zum Besten – so zum Beispiel der Mönch, der es schafft, eine Stecknadel durch (!) eine ausgewachsene Glasscheibe zu werfen. Wahnsinn.
An manchen Tagen sind allerdings eigene Kampfsportfähigkeiten von Vorteil: Das Kloster ist eine der beliebtesten Sehenswürdigkeiten in China – und oft kommt man um rustikalen Ellbogeneinsatz nicht herum. Wem das alles zu stressig und nicht filigran genug ist, der macht sich am besten auf den Weg auf den Gipfel des heiligen Song Shan. Ein langer Marsch, der sich lohnt – schon allein weil Kung-Fu auch meint, mit harter meditativer Arbeit etwas zu erreichen und dazu hat man während des Aufstiegs genug Zeit. Und wer weiß – vielleicht treffen Sie auf dem Weg nach oben sogar auf Ihren persönlichen Mr. Han.