Wandern in Qinghai

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Nach seinem Roadtrip durch die Provinzen im Osten Chinas, hat es Florian Stambula nun tief in den Westen verschlagen. In der Provinz Qinghai begibt er sich am Rande des tibetischen Hochplateaus in der Nähe der Stadt Xining auf Abenteuerreise. Er trotzt den widrigen Witterungsverhältnissen in einem Zelt und bekommt im Gegenzug die grenzenlose Gastfreundschaft der Menschen in der Region zu spüren.

Rund um die Stadt Xining, im Westen Chinas, bieten sich viele Möglichkeiten die Natur der Provinz Qinghai zu erkunden. Der Qinghai-See ist die Topadresse. Die ruhigen Ufer des Datong-Flusses, die grünen Hochebenen von Ri-Yue-Shan oder die Klöster von Tongren präsentieren sich im Spätsommer und Herbst ebenfalls in ihrer vollen Pracht. Mich locken diesmal die grünen Weiden südwestlich von Xining.

Florian Stambula, 24 Jahre, studiert seit 2007 Sinologie und Politikwissenschaften in Wien. Seit August lebt er in Lanzhou in der Provinz Gansu. Weit ab der großen Küstenmetropolen möchte er eine andere Seite Chinas kennenlernen. Florian Stambula, 24 Jahre, studiert seit 2007 Sinologie und Politikwissenschaften in Wien. Seit August lebt er in Lanzhou in der Provinz Gansu. Weit ab der großen Küstenmetropolen möchte er eine andere Seite Chinas kennenlernen.

Ich engagiere einen Fahrer, der mich etwa 120 km süd-westlich von Xining aussetzt. Wir vereinbaren uns hier in drei Tagen wieder zu treffen. Ein bisschen ratlos stehe ich am Straßenrand, umgeben von einer grünen Ebene, an deren Horizont sich die Ausläufer des tibetischen Hochplateaus abzeichnen. Auf der gegenüber liegenden Talseite schlängelt sich ein Bach den Hang hinunter, gesäumt von einigen weißen Nomaden-Zelten. Dahinter erhebt sich ein Bergmassiv, das ich als für mich ideales Wandergebiet identifiziere. In gerader Linie marschiere ich darauf los, denn markierte Wege oder Karten gibt es keine. Der Rucksack drückt schwer auf die Schultern. Da ich nicht wusste, ob es hier Wasser geben würde, habe ich Wasser und Verpflegung für drei Tage dabei, dazu Kochausrüstung, Zelt und Schlafsack.

Ich schultere meinen Rucksack und marschiere los. Auf den sanften Berghängen grasen Yak- und Schafsherden und ich steige langsam bis auf etwa 3000 m hinauf. Als ich einen Kamm erreiche, muss ich mich entscheiden: Hier bleiben und die exponierte Lage in Kauf nehmen, oder einen steilen Hang entlang etwa zwei Kilometer weiter auf einer weitläufigen Wiese einen Lagerplatz finden. Ich entscheide mich gegen das Weitergehen. Es dämmert bereits und meine Beine sind müde. Ich suche mir ein halbwegs ebenes Fleckchen, schlage mein Zelt auf, und bereite mein Abendessen: Reis mit Tomaten. Noch bevor die Sonne untergegangen ist, schlafe ich ein, erschöpft von meinem Tagwerk.

Gegen halb zehn wache ich auf. Inzwischen ist es dunkel geworden. Das Heulen des Windes wird stetig stärker und ruft mir schlagartig in Erinnerung wo ich mich befinde. Die Zeit vergeht mit Nachdenken, Lesen und Musik hören. Schließlich schlafe ich wieder ein. Als ich das nächste Mal aufwache, liegt das Zelt niedergedrückt auf mir drauf, und die feuchte Zeltplane hängt mir ins Gesicht. Der Wind hat sich zum Sturm entwickelt. Das Gestänge wird arg hin und her geworfen und ich muss im Zelt sitzend als Stütze dienen. Sollten die Stangen brechen, wäre mein Ausflug wohl abrupt zu Ende.

So vergehen die Stunden langsam. Mit dem Morgengrauen nimmt auch der Wind ab und müde schlafe ich ein. Als ich aufwache, freue ich mich auf die bevorstehende Wanderung und das Erkunden der Berge. Doch als ich das Zelt öffne, präsentieren sich mir keine verlockenden Gipfel, sondern eine dicke Nebelsuppe. Also warte ich ab, ob Besserung eintrifft. Im Nebel ist die Gefahr groß das ich mich verlaufe, und mein alpinistischer Ergeiz reicht nicht aus, um mit der chinesischen Bergrettung Bekanntschaft zu machen.

Als sich das Wetter zu Mittag nicht gebessert hat, beschließe ich meinen Ausflug vorzeitig abzubrechen. Der Nebel erlaubt kein Weiterkommen und noch eine Nacht an dieser ausgesetzten Stelle möchte ich mir und meinem Zelt nicht zumuten. Beim Abstieg treffe ich auf Nomaden, denen ich meine überflüssigen Vorräte überlasse und werde zu Tsampa eingeladen. Entgegen allen Gerüchten durchaus bekömmlich, etwa wie Schotsuppe. Neugierig werde ich von der Familie begutachtet. Im Zelt ist es warm, ein Ofen steht in der Mitte. Ein Mann kann etwas Chinesisch und erzählt mir, dass sie nun bald mit ihren Herden die Sommerweiden verlassen werden. Das Leben ist einfach, doch möchten sie es nicht gegen ein Leben in der Stadt tauschen. Die Regierung versucht durch Siedlungsbau und Jobangebote die Nomaden an einen Ort zu binden. In der Nähe der Straße, von wo ich aufgebrochen war, wird eine Sanitärstation errichtet. Bagger graben hier die Weide um, ein seltsames Bild mitten im Nirgendwo.

Ich verabschiede mich und verlaufe mich im Nebel. Nach einigen aufgeregten Telefonaten findet mich der Fahrer und am Abend bin ich in Xining zurück. Etwas wehmütig -  es hätte mir gut gefallen hier länger zu bleiben. Ich werde bald zurückkehren, vielleicht noch bevor der Winter über die grüne Hochebene hereingebrochen ist.

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