„Fahre Shanghai" - Nachtrag: Erfahrungsbericht des Etappenteilnehmers Mathias (Team 12).

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Eine Woche in Richtung Shanghai: Zehn Oldtimer mit unterschiedlichen Charakteren am Steuer, 15.000km Fahrtstrecke, eine Mission. Das klingt durchaus nach einer Herausforderung. Als mir mein Schulfreund Christoph die Möglichkeit anbot, die Teilnehmer der New Silk Road 2012 eine Woche auf Ihrem Abenteuer zu begleiten, war ich sofort hellauf begeistert. Nachdem wir vor 11 Jahren nach dem Abi schon mal gemeinsam einen Roadtrip durch Ostdeutschland unternommen haben, bei dem uns eine fast neue Mercedes A-Klasse um die Ohren geflogen ist (weder die Garage 11 noch das Autohaus Hollenstedt waren damals involviert), war mir von Anfang an bewusst, dass dies wieder sehr spannend wird und der ein oder andere Höhepunkt fast vorhersehbar sein muss.

Womit ich allerdings nicht gerechnet hatte, ist die Tatsache, dass wir in unserem Mercedes Benz E 190 (Baujahr 1987) tatsächlich das erste Highlight der Rallye setzen und nicht mal die Anfangsetappe bis Dresden schaffen würden! Zugegebenermassen war es ein gewisses Risiko nach dem Ausfall unseres VW Kaefers (Baujahr 1968) drei Tage vor Rallystart ein uns beiden unbekanntes Auto zu erstehen, in der Hoffnung dieses würde uns schnurrend wie ein Kaetzchen die 4000km nach L’viv in der Ukraine bringen ... Allerdings wollten wir unbedingt in einem „konkurrenzfähigen Gefährt“, also zumindest einem Youngtimer, an den Start gehen und haben somit weder Kosten noch Risiko gescheut. Die Tatsache, dass die überwiegenden Teilnehmer ebenfalls der schwäbischen Automobilkunst entstammen, hat unser Vertrauen in den Benz nur bekräftigt. Leider zu Unrecht.

Nummer 12 lebt! – aber nicht lange.

Das Roadbook hat auf der ersten Etappe eine „bequeme Autobahnfahrt nach Dresden“ versprochen. Auch wenn sich 50 Grad Innenraumtemperatur für mich mehr unter „leiden“ als „bequem“ definieren lassen, waren für meinen Piloten Christoph und mich die Rallywelt zunächst in Ordnung und das Abenteuer konnte beginnen. Das tat es dann auch. Und zwar bereits 250km  nach dem Start in Hamburg. Nachdem unser Motor einfach so mal ausgegangen ist, hatte unser Mechaniker Frank mit seinem abenteuerlustigen Assistenten Fritjof also bereits 60 km vor Berlin die Gelegenheit in seinen knallroten Overall zu schlüpfen, die Vollständigkeit seines Werkzeuges zu überpruefen sowie den ersten Rallyteilnehmer von unten zu sehen. Die Generalprobe für unser Service Car kann dabei durchaus als erfolgreich bezeichnet werden. Unserem Benz konnte das allerdings nur kurzzeitig neue Kräfte verleihen. Nach kurzem, aber kraftvollem Aufbäumen ging diesem nach weiteren 50km endgültig die Kraft aus. Der Benz blieb somit in Neuruppin, das Team 12 übernachtete in einer Pension in der Provinz anstatt im 4 Sterne Hotel in Dresden (statt Swimming Pool gab es nun ein morgentliches Erfrischungsbad im Ruppiner See) und war gezwungen mit einem Ersatzwagen, leider keinem Oldtimer, weiterzufahren – auch zum Unmut meines Arbeitgebers und unseres Hauptsponsors Venquis, der uns kurzfristig die nötige Fahrzeugdeco zur Verfügung stellte. Die Geschichte wiederholte sich also und hat gezeigt, dass Christoph und ich entweder vor oder kurz nach Dresden immer auf den ADAC angewiesen sind, sowohl 2001 als auch 2012.

Nach einer etwas holprigen Autobahnfahrt haben wir die entstandene Lücke souverän zugefahren und sind am Endes des Tages 2 in Wroclaw wieder zu dem Rest der Gruppe gestoßen. Die unweigerliche Tatsache, dass unser Benz tatsächlich vor dem Renault R4 und dem Fiat (Baujahr 1976) liegen geblieben ist, wird mich jedoch wahrscheinlich den Rest meines Lebens verfolgen.

Breslau - Krakau

Nachdem wir also bereits zu Beginn unseres einwöchigen Abenteuers schon mehr als gewollt erlebt haben, wollten wir es danach etwas ruhiger angehen lassen. Waehrend sich die übrigen Rallyteilnehmer nach der ersten Sonderprüfung auf den Weg nach Krakau machten entschieden wir uns für einen kulturellen Abstecher in die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau. Schliesslich waren wir nun von unserem Begleitfahrzeug B2 und Mechaniker Frank unabhängig und konnten somit einen Ausflug fernab von der Gruppe riskieren. Ca. 70km vor Krakau gelegen, ist der eindrückliche Besuch in Auschwitz für alle die kurzzeitig Oldtimer und Motorenöl vergessen wollen, nur zu empfehlen. Auf der anschließenden Fahrt über die Landstrasse machten wir mit Pressack und würzigen Würstchen unsere ersten kulinarischen Erfahrungen mit der polnischen Schlachtplatte.

Nachdem unser Problem-Benz friedlich beim Seat Händler in Neuruppin verweilte, traten am Abend des Tages 3 die ersten Probleme an dem Fiat des Teams 5 (Elwes/Morgentahl) auf. Auch die Startnummer 1, die BMW R75 (Baujahr 1941), lief nicht ganz rund und bescherte dem unermüdlichen Mechaniker Frank weitere nächtliche Überstunden. Trotz Franks‘ vollem Einsatz in der Tiefgarage des Hotels war Kay „Mügge“ Müggenburg noch zu später Stunde mit einem Beruhigungsbierchen an der Hotelbar zu finden. Als Lektüre hatte er sein BMW Handbuch dabei um später schon mal von Einbau seines Ersatzmotors zu träumen. Wem das wohl mehr Albträume bescherte, Kay oder Frank ...

Beim Auftreten der ersten Probleme an dem Fiat und der BMW fiel mir auch mein Vorurteil gegenüber dem Renault wieder ein, so dass ich ehrlicherweise auch dazu noch eine kurze Anmerkung loswerden möchte: nachdem ich Christian Brätsch in Wroclaw  beim Hantieren mit Flüssigkeiten hinter der Motorhaube seines R4 beobachten konnte,  bin ich persönlich überzeugt, dass der „Franzmann“ gedopt ist! Die Tour de France hat Ihren Reiz ja bereits wegen zahlreichen Blutdopings deutlich verloren. Nun steht zu befürchten, dass auch die New Silk Road 2012 mit dem Renault  Ihren ersten Fall illegaler Öl–Substanzen hat. Anders kann ich es mir einfach nicht erklären, dass ein französisches Auto so solide läuft, sorry :) Vielleicht liegt das Erfolgsrezept der Startnummer 3 aber auch in der herzlichen und gelassenen Art von Christian’s Frau Beate. Wer weiss...

„You have to go back to Germany“

Fur den nächsten Aufreger am Tag 4 sorgte nun (zunächst) wieder ein Insasse unseres Wagens 12. Als mir Christoph an der ukrainischen Grenze mitteilte, dass der Grenzbeamte uns mit einem bestimmten „You have to go back to Germany!“ zur Heimreise überreden wollte, erntete er von mir nur ungläubiges Schulterzucken. Unser lokaler Reiseleiter Kirill, der vor Ort an der Grenze war, um uns gerade in diesen Fällen beim Grenzübrtritt in die die Ulraine zu unterstützen, konnte die Situation aber nach kurzer Zeit lösen und die erforderlichen Papiere vorlegen, dass wir auch berechtigt sind den Firmenwagen von China Tours zu fahren. Schliesslich muss alles seine Ordnung haben, auch in der Ukraine. Natürlich konnte Kirill zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen, dass sein eigentlicher Auftritt als „Vermittler“ erst noch kommt. Wer konnte schliesslich damit rechnen, dass der sog. Dr. Deal ein paar Opiate mit sich führte. Mir ist ja noch nicht ganz klar, ob sich der neue Spitzname „Deal“ eher vom Verhandeln mit den Grenzern oder vom Handeln mit illegalen Substanzen ableitet. Naja, an der russichen Grenze werden wir es ja sehen.

Nach einem entspannten Abend in L’viv war für das Team 12 leider schon Abschied angesagt. Wir hatten unser Ziel die Gruppe bis nach Lemberg zu begleiten erreicht und mussten nun wieder über Krakau die Heimreise nach Hamburg bzw. London antreten.

New Silk Road 2014

Geblieben sind von diesen 4000km in 5 Tagen viele interessante Eindrücke und Geschichten, über die man noch lange und gerne lacht. Ich hatte dabei teilweise das Gefuehl in diesen 5 Tagen mehr erlebt zu haben als in einem Jahr in London, wobei das natürlich aufgrund der Olympischen Spiele und des 60jährigen Thronjubilaeums der Queen so auch nicht stimmt. Für mich persönlich war es sehr beeindruckend zu sehen, wie sich eine bunte Mischung von Charakteren, sowohl Rallye-Erfahrene als auch gänzliche Abenteuer-Neulinge aufmachen und diszipliniert zusammenstehen, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen: Die Zieleinfahrt am 10.10.2012 in Shanghai zu feiern! Ich wünsche allen Teilnehmern sowie den Begleitern in B1 und B2 (Sobo, Oli, Frank), die durch Ihren unermüdlichen Willen die Gruppe ans Ziel zu bringen das Erreichen des jeweiligen Tagesziels erst ermöglichen, weiterhin alles Gute. Ich hoffe insbesondere, dass die beeindruckenden Damen im Fiat sowie „Mügge“ auf seinem Feuerstuhl vor weiteren Problemen verschont bleiben und das Abenteuer weiterhin genießen können. Bis 2014 habe ich nun zwei Jahre Zeit, mich als dann aktiven Teilnehmer vorzubereiten. Vielleicht klappt es dann auch besser als mit nur zwei Tagen Vorbereitung ...
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