Seit jeher gelten Gebirge in China als heilige Orte, da dort den Chinesen zufolge die Kommunikation mit dem Himmel möglich ist. Bereits der erste Kaiser Qin Shihuangdi, der sich als gottgleiches Staatsoberhaupt verehren ließ, hat seine sogenannten Ruhmesstelen auf den heiligen Bergen des von ihm geeinten Reiches aufstellen lassen. Die Tugendkraft und die ruhmvollen Taten des Kaisers, die auf seinen zehn Ruhmesstelen gelobt werden, richteten sich sowohl an den Himmel und an die göttlichen Mächte, als auch an das Volk.
Es gibt gleich eine ganze Reihe riesiger Gebirge in China. Viele davon bilden gleichzeitig die Grenze zu den umliegenden Staaten und befinden sich zum Teil auch auf deren Staatsgebiet. Nepal, Indien, Pakistan, Kasachstan, Russland, Nordkorea und die Mongolei sind nur einige davon. An den westlichen Grenzen Chinas, in den autonomen Gebieten Tibet und Xinjiang treffen die größten Gebirgsketten der Welt zusammen – der Himalaya, das Karakoram-Gebirge, der Hindukusch, das Tian Shan, der Pamir und das Kunlun-Gebirge.
1. Himalaya Gebirge
Das Himalaya Gebirge zählt aufgrund seiner gigantischen Ausmaße nicht nur zum beeindruckendsten Gebirge in China, sondern der ganzen Welt. Es erstreckt sich über 2400 km zwischen dem indischen Subkontinent und dem tibetischen Hochland und zieht sich unter anderem durch Tibet, Indien, Pakistan und Nepal. Das Gebirge entstand durch Plattentektonik, als die indoaustralische Platte sich unter die eurasische Platte schob.
Mount Everest - Der höchste Berg der Welt
Zehn Gipfel der gewaltigen Gebirgskette sind über 8000 Meter hoch. Weitere 30 Gipfel sind höher als 7000 Meter. Zu den sogenannten 8000ern gehört auch der Mount Everest, der höchste Berg der Welt. Mit einer Höhe von 8848 Metern ist er das ganze Jahr über von Schnee bedeckt. Der Nordabhang dieses Giganten befindet sich in Tibet und der Südabhang in Nepal. Der Mount Everest gehört wohl mit zu den beeindruckendsten und größten Sehenswürdigkeiten, die China zu bieten hat.
Die meisten Touristen sind allerdings an dem abenteuerlichen Aufstieg auf den Gipfel des Mount Everest nicht interessiert, sondern begnügen sich mit einer Reise zum Basis Camp am Nordzugang zum Everest. Vom Fuß des Berges aus lässt sich die einzigartige Schönheit des Mount Everest und der umliegenden Himalaya-Gipfel genießen. Etwa 8 km vor dem Basis Camp befindet sich auf ca. 5000 Metern Höhe das höchst gelegene Kloster der Welt – das buddhistische Rongpu Kloster 绒布寺 in Tibet. Von hier aus bietet sich Besuchern ein Ausblick von einmaliger Schönheit auf den höchsten Berg der Welt. Das Kloster liegt im Westen des Kreises Dingri 定日 und ist vom Verwaltungsbezirk Shelkar aus mit dem Geländewagen über den Friendship Highway innerhalb von zwei bis drei Stunden erreichbar. Es gilt unter den tibetisch-stämmigen Sherpas aus Nepal als wichtiges Pilgerziel.
Der höchste befestigte Grenzübergang der Welt ist der Khunjerab-Pass in 4800 Metern Höhe, der ebenfalls im Himalaya liegt. Er befindet sich an der Grenze zwischen der chinesischen Provinz Xinjiang und Pakistan und ist leider nur schwer passierbar.
Das Tal des Nujiang („Wütender Fluss“) in den östlichen Ausläufern des Himalaya ist eines der abgelegensten und wildesten Tälern Chinas und äußerst sehenswert. Es zieht sich vom Norden Yunnans etwa 400 km hinauf bis zum tibetischen Hochplateau. Dort entspringt der Nu-Fluss mit einer Gesamtlänge von 2815 km. Aufgrund des durch die Monsunregen geprägten Klimas lässt sich hier eine einzigartige Pflanzenvielfalt bewundern.
2. Kunlun Shanmai: Paradies des Daoismus
Das Kunlun Shanmai 昆仑山脉 („Kunlun-Gebirgskette“), kurz Kunlun ist ein knapp 3000 Kilometer langer Gebirgszug, der nördlich des tibetischen Hochplateaus verläuft. Der westliche Teil dieser Gebirge in China nennt sich Prschewalski-Gebirge und der östliche Teil Marco-Polo-Gebirge. Den höchsten Gipfel der Gebirgskette bildet der 7167 Meter hohe, vergletscherte Liushi-Berg, der auch unter dem Namen „Kunlun Goddess“ bekannt ist. Er liegt im westlichen Teil des Kunlun-Gebirges an der Grenze der autonomen Gebiete Xinjiang und Tibet. Weitere 200 Gipfel weisen eine Höhe von über 6000 Metern auf.
Das Kunlun-Gebirge ist eher pflanzenarm und es herrschen wüsten-, teilweise steppenartige klimatische Bedingungen vor. Es besteht überwiegend aus Granitfelsen und verfügt über zahlreiche Salzseen, die aus dem Schmelzwasser von Schnee und Gletschern entstanden sind. Dennoch sind einige Paarhufer wie die Tibetgazelle, die Tibetantilope, der Tibet-Wildesel oder der Wildyak hier heimisch. Im etwas feuchteren Westen des Gebirges gibt es verschiedene Schafarten und in der Nähe von Wasserläufen sind vereinzelt Braunbären anzutreffen.
Der Gelbe Kaiser: Huang Di
Die erste Reise in das sagenumwobene Gebirge soll der Zhou-König Mu Wang 周穆王 um ca. 950 v. Chr. unternommen haben, um dort Unsterblichkeit zu erlangen. Das Kunlun ist in der chinesischen Mythologie als Paradies des Daoismus („Lehre des Weges“) bekannt und Wohn- und Wirkstätte der daoistischen Gottheiten Huang Di 黄帝 („Gelber Kaiser“) und Xi Wangmu 西王母 („Königinmutter des Westens“). Auch heute wird das Gebirge in China im religiösen Daoismus noch als heilig verehrt. Die Suche nach der (metaphysischen) Unsterblichkeit ist zentrales Thema im religiösen Daoismus, der neben dem Konfuzianismus und dem Buddhismus eine wichtige Rolle in China und anderen asiatischen Staaten spielt.
3. Tian Shan: Himmlische Berge
Die Gebirgskette Tian Shan 天山 („Himmlische Berge“) liegt im uigurischen autonomen Gebiet Xinjiang, im äußersten Nordwesten der Volksrepublik China. Seine Ausläufer erstrecken sich über Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan und Usbekistan. Die langgestreckte Gebirgskette hat eine Länge von über 2400 Kilometern, eine Breite von 400 Kilometer und besteht aus insgesamt 10 Teilgebirgen mit über 16.000 Gletschern. Der höchste Berg ist der 7439 Meter hohe Dschengisch Tschokusu, der auf der Grenze zwischen China und Kirgisistan liegt und auch als Sieges-Gipfel bezeichnet wird.
Im Jahr 2013 wurden Teile des Gebirges – das Naturgebiet Xinjiang Tian Shan – zum UNESCO-Weltnaturerbe erklärt. Dazu gehören unter anderem der 5445 Meter hohe Bogda-Gipfel 博格达峰, der höchsten Erhebung des Gebirgszuges Bogda, welches sich im Osten des Tian Shan befindet sowie der See Tianchi 天池 („Himmelssee“) in den nördlichen Ausläufern des Bogda-Gebirges. Das Weltnaturerbe ist das größte Naturschutzgebiet Chinas und ist geprägt durch seine einzigartigen Feuchtgebiete und Steppen, den roten Schluchten sowie den tausenden Gletschern und Gipfeln.
Die Provinzhauptstadt Ürümqi
Nördlich des Tian Shan liegt die Provinzhauptstadt Ürümqi 乌鲁木齐 (Wulumuqi), eine der größten Städte Chinas. Vom 910 Meter hohen Hong Shan 红山 („Roter Berg“), der im Zentrum von Ürümqi liegt, eröffnet sich Besuchern ein imposanter Blick auf das Tian Shan-Gebirge in China. Auch der Yuhuang-Pavillon 玉皇阁 und die knapp zehn Meter hohe, neunstöckige Zhenlong-Pagode 镇龙塔 auf dem Gipfel des Hong-Berges entschädigen für den Aufstieg. 110 Kilometer östlich der Stadt befindet sich der Himmelssee, der ebenfalls zum Weltnaturerbe zählt. Umgeben von schneebedeckten Bergen und Nadelwäldern bietet der fünf Quadratmeter große See ein einzigartiges Panorama. Weitere Kulturdenkmäler befinden sich auch an der Südseite des Gebirges, an der einst die alte Seidenstraße entlangführte.
4. Qinling: Natürliche Grenze zwischen Nord- und Südchina
Unweit von Xi´an und seiner berühmten Terrakotta-Armee bietet die Qin-Gebirgskette 秦岭 atemberaubende Landschaften sowie beste Bergluft. Besonders während der heißen Sommermonate eine kühle und erfrischende Alternative zur eher trockenen Stadtluft.
Der massive Qin-Gebirgszug erstreckt sich in Ost-West-Richtung von Gansu über den Süden der Provinz Shaanxi bis nach Henan über eine Länge von etwa 1500 Kilometern. Er bildet eine natürliche Grenze zwischen Nord- und Südchina. Das Qin-Gebirge in China wird im Norden durch den Wei-Fluss 渭河 und im Süden durch den Han-Fluss 汉江 begrenzt. Der Wei-Fluss ist der größte Nebenstrom des Gelben Flusses (黃河 Huáng Hé) und war entscheidend für die frühe Entwicklung der chinesischen Zivilisation. Das Wei-Tal war einst Sitz der früheren Hauptstadt Xi´an, die unter der Qin-Dynastie gegründet wurde und im Laufe der Jahrhunderte, meist unter dem Namen Chang´an 长安, immer wieder Hauptstadtsitz war. Der Han-Fluss ist Nebenfluss des längsten Stromes in China – des Yangtze-Flusses oder Changjiang 长江 („Langer Fluss“). Er ist zudem Namensgeber der Han-Dynastie, der Han-Chinesen und auch der chinesischen Sprache (汉语 Hànyǔ).
Das Qin-Gebirge wirkt somit nicht nur als Wasserscheide zwischen den beiden Hauptströmen Chinas, sondern auch als Vegetationsgrenze. Der Norden ist eher trocken und für Weizenanbau geeignet, während im feucht-tropischen Süden Reis angebaut wird. Mit einer Höhe von 3767 m ist der Taibai-Berg 太白山 die höchste Erhebung des Bergezuges.
Heimat des Qinling-Pandas
Die Gebirgsregion bietet eine äußerst vielfältige Fauna und Flora. So bildet sie auch die Heimat des Qinling Pandabären, einer Unterart des Großen Pandabären oder Riesenpandas. Er ist etwas kleiner als der Große Panda und anstatt einer schwarz-weißen, hat das Fell des Qinling Pandas eine dunkelbraun-hellbraune Färbung. Das Foping und das Changqing Naturschutzgebiet in dieser Region wurden geschaffen, um die Pandas und andere seltene Tierarten, wie die Goldstumpfnasen-Affen oder die Takine (Rindergemse) zu schützen. Auch eine große Anzahl von Pflanzenarten, wie der Ginkgo, die Armands-Kiefer, der Miyabes Ahorn oder die Spießtanne sind hier beheimatet.
Etwa 40 Kilometer südlich von Xi´an gelangt man zu den Vorläufern des Qin-Gebirges – den Zhongnan-Bergen 终南山, die als „Wiege des Daoismus“ gelten und ein fantastisches Panorama bieten. Viele bekannte Meister der daoistischen Schule haben in diesen Bergen gelebt und auch heute kann man dort noch zahlreiche Klöster, Tempel, Höhlen und Terrassen besuchen. Besonders hervorzuheben ist hier der Anle-Tempel 安乐宫 („Tempel des Friedens und der Glückseligkeit“), der auf eine lange Tradition zurückblicken kann.
5. Changbai Shan: Höchstes Gebirge der Mandschurei
Das Changbai-Gebirge 長白山 („Ewig weißes Gebirge“) mit seiner höchsten Erhebung, dem gleichnamigen Changbai- oder Baitou-Berg 白头山 („Weißköpfiger Berg“), liegt an der geheimnisvollen Grenze zu Nordkorea in der chinesischen Provinz Jilin. Der Name des Gebirges rührt daher, da die Gipfel des Gebirges fast das ganze Jahr über von Schnee bedeckt sind.
Der Himmelssee - Einer der tiefsten Kraterseen der Welt
Das Gebirge umfasst bei einer Länge von fast 100 Kilometern insgesamt 16 Berggipfel, die die höchste Gebirgskette der Mandschurei bilden. Der Changbai-Berg, der fast 3000 Meter hoch ist, bildet angeblich den Geburtsort des ehemaligen nordkoreanischen Diktators Kim Jong-il. Der Berg ist ein momentan inaktiver Vulkan und für alle Koreaner ein heiliger Berg, da er als Gründungsstätte des koreanischen Volkes vor mehr als 2500 Jahren gilt. In der Mitte des Berges liegt der See Tianchi 天池 („Himmelssee“) – mit einer Tiefe von 384 Metern einer der tiefsten Kraterseen der Welt (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Himmelssee im Tian Shan-Gebirge). Obwohl der See von heißen Quellen gespeist wird, zählt er aufgrund seiner Lage in gut 2200 Höhenmetern zu den kältesten Seen der Welt. In diesem sammeln sich die Wassermassen der Wasserfälle vom Changbai-Berg. Der See ist umgeben von hohen Felsen, Nadel-, Fichten und Mischwäldern. Seit 1962 hat man sich darauf geeinigt, dass die Hälfte des Vulkankraters und des Himmelssees zu nordkoreanischem Territorium gehört.
In den Sommermonaten gilt das Changbai-Gebirge in China als ein beliebtes Ausflugsziel für Touristen, die diesen überwiegend von der nördlichen, chinesischen Seite her besteigen. Rund um den Berg sind seltene Pflanzen- und Tierarten anzutreffen. So auch einige wenige der vom aussterben bedrohten Sibirischen Tiger sowie über 300 verschiedene Vogelarten und Großsäuger, wie Braunbären, Luchse, Rothirsche oder Wildschweine. Aus diesem Grund steht die Region rund um diesen Berg im südlichen Jilin auf einer Fläche von 1900 Quadratkilometern unter Naturschutz.